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Der Weg vom Ding zum Kult

Modeaufnahme um 1970. Fotomuseum Winterthur/Weider

Die Ausstellung "Im Rausch der Dinge" im Fotozentrum Winterthur zeigt auf, wie sich die Fotografie des 20. Jahrhunderts vom funktionalen Objekt hin zum Fetisch gewandelt hat.

Die Bilderschau ist die erste gemeinsame Ausstellung des Fotomuseums und der Fotostiftung Schweiz.

Drei Jahre hat es gedauert, bis “Im Rausch der Dinge” jetzt zu sehen ist. Zwanzig Rechercheure waren mehr als zwei Jahre in der Schweiz, in Deutschland, Italien, Österreich, Spanien, Holland, Belgien, England, Irland, in den skandinavischen Ländern, den USA und in Kanada unterwegs.

Sie wurden in Firmenarchiven, in Design-, Museums- und Privatsammlungen fündig.

Die Ausstellung ist in 24 Kapitel unterteilt. Diese erhellen die Bedeutung der Sachfotografie seit dem 20. Jahrhundert. Mit der Fotografie war es einfacher geworden, komplizierte Dinge ohne lange Worte zu erklären. Es war aber auch möglich geworden, den abgebildeten Gegenstand mit emotionalen Attributen zu versehen.

Vom Lichtschalter zum Topolino

Die Bilderschau geht einerseits auf die nüchterne und schnörkellose Abbildung eines Gegenstandes ein, andererseits zeigt sie auch Inszenierungen, die um ein Objekt getätigt werden.

So sind etwa Geschirr, Bestecke, Lichtschalter, Armaturen und Möbel vor neutralem Hintergrund ebenso zu sehen, wie italienische Vespas oder ein Fiat Topolino in authentischer Umgebung.

Die Ausstellung zeigt aber auch, wie Sehnsüchte geweckt werden. So wird nicht selten das Gefühl angesprochen und nicht der Gegenstand als solcher beworben.

Das Kapitel “Kinderträume” beinhaltet besonders viele dieser Fotografien, die vor allem Kinder ansprechen sollen.

Von der Funktionalität zum Fetisch

Der zeitliche Bogen, den die Fotografien spannen, reicht von anfangs des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Dabei ist zu beobachten, wie sich das Verhältnis der Menschen zu Gegenständen gewandelt hat.

Waren die Fotos in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts noch von eher spröder und sachlicher Natur, so haben sie sich seither von funktionalen immer mehr hin zu fetischisierten Bildern gewandelt.

Nicht der Gegenstand als solcher ist in den neueren Bildern wichtig, sondern das Erlebnis mit diesen Gegenständen. So wird in den neueren Bildern immer deutlicher sichtbar, wie Dinge des Alltags nicht mehr aus einem existenziellen Bedürfnis heraus, sondern aus reiner Lust am Shoppen gekauft werden.

Cartier-Bresson in der Passage

Einen Gegensatz bildet eine kleine Ausstellung in der Passage in der Fotostiftung Schweiz mit dreizehn Bildern des kürzlich verstorbenen Fotografen Henri Cartier-Bresson.

Die Aufnahmen gehören zum Bestand der Fotostiftung und zeigen keine Gegenstände, sondern vor allem Menschen.

swissinfo und Renato Bagattini, sfd

“Im Rausch der Dinge” ist bis am 14. November im Fotozentrum Winterthur zu sehen.

Zur Ausstellung ist ein 400 Seiten starker, 3 Kilogramm schwerer Katalog erschienen.

Der zeitliche Bogen der ausgestellten Fotografien reicht vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.

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