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Frauenrechte in alten und neuen Demokratien

Frauen kämpften gegen die Apartheid - der nationale Frauentag erinnert daran. south african embassy bern

Über 80 Frauen aus Südafrika und der Schweiz haben sich in Bern getroffen, um Erfahrungen über die Gleichberechtigung der Frau auszutauschen.

Obwohl sie Unterschiede feststellten, waren sie sich einig, dass viele der Probleme in beiden Ländern sehr ähnlich sind.

Die zweitägige Konferenz, die am Freitag zu Ende ging, war von der südafrikanischen Botschaft in der Schweiz organisiert worden. Zusammen mit mehreren Schweizer Partnern wollte sie den nationalen Tag der Frau in Südafrika markieren. Dieser findet jeweils am 8. August statt.

Die Konferenz ist einer der Anlässe in der Schweiz, die ans Ende der Apartheid und den Einzug der Demokratie vor zehn Jahren am Kap Horn erinnern sollen.

Gleiche Probleme, anderer Umgang

Delegierte kamen aus der Politik, Wirtschaft, Sozial- und Gesundheitswesen nach Bern. Die Diskussionen hätten sich um die Geschlechter-Ungleichheit und den Kampf gegen die Frauendiskriminierung gedreht, sagte die südafrikanische Botschafterin Nozipho January-Bardill.

“Die Anliegen sind dieselben, aber der Hintergrund und der Umgang damit sind anders”, sagte January-Bardill gegenüber swissinfo. “Es ist wertvoll zu sehen, wie mit diesen Anliegen in der Schweiz umgegangen wird und wie wir damit auf politischer, sozialer und wirtschaftlicher Ebene umgehen.”

Grosse Schritte in der jungen Demokratie

In Südafrika wurden in den letzten zehn Jahren grosse Anstrengungen unternommen, um die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern. So wurde das Gesetz gegen häusliche Gewalt verschärft und die Gleichberechtigung in der Ehe darin festgeschrieben.

January-Bardill wies aber darauf hin, dass Frauen in Südafrika immer noch weniger emanzipiert seien als in der Schweiz: Schweizer Frauen hätten im allgemeinen besseren Zugang zu Ausbildung und sozialer Sicherheit.

Besonders in den ländlichen Gebieten Südafrikas sei Armut immer noch ein grosses Problem, sagte die Botschafterin. Auch sei insbesondere unter schwarzen Frauen das HI-Virus stark verbreitet, und viele seien arbeitslos.

Soziale und wirtschaftliche Veränderungen zugunsten der Frauen hätten deshalb hohe Priorität für die Regierung in Pretoria. “Bis Frauen in Südafrika nicht emanzipiert sind, wird die ganze Gesellschaft nicht wirklich frei sein”, bekräftigte January-Bardill ihre Ansichten.

Schweiz immer noch ohne Mutterschaftsversicherung

Dass noch ein langer Weg auf Südafrika zukommt, war an der Konferenz unbestritten.

Die Schweiz kennt die Gleichberechtigung seit 1981, als sie in die Verfassung aufgenommen wurde. Bis heute verdienen Frauen aber für dieselbe Arbeit rund einen Fünftel weniger und sind in Politik und Kaderpositionen untervertreten.

Das Recht an eidgenössischen Abstimmungen teilzunehmen, wurde den Frauen vom – damals rein männlichen – Stimmvolk erst 1971 zugestanden. Und immer noch gibt es in der Schweiz keinen obligatorischen Mutterschaftsurlaub – darüber wird im kommenden September zum dritten Mal abgestimmt.

“In Südafrika und in der Schweiz sind Frauen auf vielen Gebieten benachteiligt”, sagte Pia Hollenstein, Nationalrätin der Grünen gegenüber swissinfo. Die Ziele stünden zwar auf dem Papier, aber es sei in der Praxis nicht einfach, sie umzusetzen. “Die patriarchale Welt gibt es im Norden wie im Süden, das haben wir gemeinsam.”

Schweizer Demokratie als Modell

Die Delegierten aus Südafrika interessierten sich besonders für die partizipative Demokratie der Schweiz.

“Die Schweizer leben in einer Jahrhunderte alten Demokratie, unsere ist gerade 10 Jahre alt geworden”, führte January-Bardill aus. “Wir wollen wissen, wie diese Freiheit ausgedrückt wird.”

In den knapp vier Jahren, seit sie in der Schweiz lebt, habe sie hier viele positive Aspekte kennen gelernt. Und verfolgt derweil interessiert die Entwicklung in ihrer eigenen Heimat: “Ich bin begeistert von dem, was wir in Südafrika machen.”

swissinfo, Isobel Leybold-Johnson
(Übertragung aus dem Englischen von Philippe Kropf)

Schweiz – Südafrika

Hauptstadt: Bern / Pretoria
Einwohner: 7 Mio. / 45 Mio.
Pro-Kopf-Einkommen: 36’170$ / 2500$
Lebenserwartung Männer: 76 Jahre / 45 Jahre
Lebenserwargung Frauen: 82 Jahre / 51 Jahre

Der nationale Frauentag in Südafrika findet am 9. August statt. Er erinnert an den Beitrag der Frauen im Kampf gegen die Apartheid.

Am 9. August 1956 protestierten Tausende von Frauen aller Hautfarben gegen die Rassentrennung.

Dieses Jahr feiert Südafrika das zehnte Jahr als Demokratie.

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