Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Luxor ist (fast) vergessen

Seit dem Anschlag bewachen mehr Polizisten die Sehenswürdigkeiten. Keystone

Heute jährt sich der Anschlag auf eine Touristengruppe im ägyptischen Luxor zum fünften Mal. Dabei waren 36 Schweizerinnen und Schweizer ums Leben gekommen.

Die Schweizer buchen zwar wieder Ferien in Luxor, die Betroffenen leiden aber noch heute.

“Tempel des Todes” titelte das Nachrichtenmagazin Facts wenige Tage nach dem Anschlag, ein kriegserfahrener Blick-Reporter berichtete von einem “Land wie im Krieg”, der Tages-Anzeiger sprach vom “Schock für Ägypten-Touristen”.

Am 17. November 1997 waren bei der Tempel-Anlage von Luxor 62 Menschen, darunter 36 Schweizerinnen und Schweizer, bei einem Anschlag religiöser Fundamentalisten ums Leben gekommen.

Anteilnahme der ganzen Schweiz

Der Schock über die Tat traf die ganze Schweiz. Das Attentat dominierte die Medienberichterstattung und zum Trauergottesdienst im Zürcher Grossmünster erschien der damalige Bundespräsident Arnold Koller ebenso wie Delegationen aus allen Kantonen. Aus Kairo reiste Ägyptens Aussenminister Amr Moussa an.

Die Abdankung wurde fürs Publikum ins benachbarte Fraumünster übertragen und vom Schweizer Radio und Fernsehen ausgestrahlt. Der Gottesdienst – schlicht und ohne Pathos – erhielt grosses Lob in der ganzen Schweiz, die sich erschüttert zeigte. Von weither reisten Menschen an, um den Angehörigen ihre Solidarität kund zu tun. Im Bundeshaus wurde ein Kondolenzbuch aufgelegt; die Schweizer Fahne wehte auf Halbmast.

Es bleiben Fragen

Die Bundesanwaltschaft erhob nach dem Anschlag Anklage gegen unbekannt, vier Monate nach der Tat reisten Schweizer Polizisten nach Kairo und versuchten in Erfahrung zu bringen, was genau passiert war.

Die örtlichen Sicherheitsbehörden liessen sich allerdings nicht zu sehr in die Karten schauen, waren doch schwere Vorwürfe gegen sie laut geworden. Auch ging die Regierung immer noch mit harter Hand gegen religiöse Gruppen vor und wollte sich hier keine Vorschriften vom Ausland machen lassen.

In einem Bericht vom März 2000 kam die Bundespolizei schliesslich zum Schluss, dass die Schweizerinnen und Schweizer keine direkten Ziele des Attentats waren, sondern die gesamte ägyptische Tourismus-Industrie Ziel der Bluttat war.

Diplomatische Verstimmungen

Bis dahin mussten die Beziehungen der offiziellen Schweiz zur Regierung Ägyptens arge Belastungen aushalten. Versprochene Entschädigungs-Zahlungen Kairos an die Opfer liessen auf sich warten. Unzählige Demarchen des Schweizer Botschafters verliefen fruchtlos, im Ende floss kein Geld aus Ägypten. Im Frühling 2000 machte Ägypten definitiv klar, dass die Regierung nicht gedenke, Entschädigungen auszurichten.

Der Bund bezahlte stattdessen, gestützt auf das Opferhilfegesetz, zwischen 5000 und 50’000 Franken an Überlebende und die Hinterbliebenen von Opfern. Neben diesen Leistungen wurden 4,7 Mio. Franken aus dem “Luxor-Fonds” an 78 Personen ausbezahlt. Der Fonds war von den betroffenen Reiseveranstaltern und acht Privatversicherungen geäufnet worden.

Trotz einigem Zähneknirschen im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), normalisierte Aussenminister Joseph Deiss die diplomatischen Beziehungen zwei Jahre nach der Tat. Bei einem Treffen in Istanbul 1999 überreichte er seinem Amtskollegen Amr Moussa einen Brief , wo er die Beziehungen “angesichts des neuen Millenniums” auf eine neue Basis stellte.

Opfer leiden immer noch

In der Schweizer Bevölkerung wird Luxor immer noch mit dem Attentat in Verbindung gebracht, sie wendete sich aber wieder anderen Themen zu. Auch blieb das Reiseziel Ägypten, nach einem kurzen Einbruch, weiterhin beliebt.

Überlebende des Attentats leiden teils immer noch unter dem Erlebten, oder berichten von Emotionen, die wieder hochkommen – beispielsweise nach dem Attentat in Zug vom September vergangenen Jahres.

swissinfo, Philippe Kropf

Vor fünf Jahren, am 17. November 1997, sterben 62 Touristen bei Luxor im Kugelhagel religiöser Fundamentalisten . Unter den Toten sind 36 Schweizer.

Die ganze Schweiz ist erschüttert. Die Abdankung wird von Radio und Fernsehen übertragen.

Ein Streit um Entschädigungs-Gelder belastet zwei Jahre lang die Beziehungen zwischen Bern und Kairo.

Im Rahmen der Opferhilfe bezahlte der Bund Entschädigungen, ein “Luxor-Fonds” der Reiserveranstalter und Versicherer schüttete insgesamt 4,7 Mio. Franken aus.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft