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Neuer Bischof von Chur macht nicht alle glücklich

Vitus Huonder, Hirte auch von kritischen Schäfchen. Keystone

Die Reaktionen auf die Ernennung von Vitus Huonder zum neuen Bischof von Chur sind durchzogen. Die Landeskirchen erwarten vom konservativen und romtreuen Huonder Gesprächsbereitschaft.

Huonder will als neuer Bischof “den Glauben in die Herzen der Menschen tragen”. Der Papst hatte die Wahl des 65-Jährigen durch das Domkapitel am Sonntag bestätigt.

Zu seinem Image meinte Huonder in Chur bei seinem ersten Auftritt: “Ich vertrete eine konservative Haltung, wenn es darum geht, dem Glauben Sorge zu tragen.” Es wäre aber falsch, ihn im Umgang mit den Menschen als konservativ zu bezeichnen.

“Ich will den Glauben in die Herzen hineintragen. Das ist mein Auftrag als Bischof”, sagte Huonder. Er habe bereits viel Vertrauen in der Diözese und wolle nun das ganze Vertrauen gewinnen. Das Bistum Chur leide wie die anderen Schweizer Bistümer unter Glaubensschwund.

Keine Priesterinnen

Zu aktuellen Fragen der katholischen Kirche nahm Huonder nicht klar Stellung. Zur Frauenordination sagte er, die Frauen hätten in der Kirche schon immer eine bedeutende Rolle gespielt.

Die Priesterweihe für Frauen lehnt er hingegen ab: “Sie ist nicht im Sinne von Jesus. Auch in der Lehre gibt es keine Hinweise darauf, dass den Frauen das Priesteramt zu öffnen ist.”

In der Ökumene, dem Dialog der Landeskirchen, will Huonder kooperativ wirken, Fragen wie die Einheit der Kirche sorgfältig angehen und Abspaltungen vermeiden.

Die Bischofsweihe, die Amtseinsetzung Huonders, findet wahrscheinlich im September statt, der Ort ist noch nicht bekannt.

Übergangen

Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) begrüsste Huonder in ihrem Kreis. Sie sicherte ihm ihr Gebet und ihre Unterstützung im neuem Amt zu.

“Ernüchterung und Hoffnung” titelte die Katholische Kirche im Kanton Zürich ihre Stellungnahme zur Wahl. Sie bedauerte, dass dem Churer Domkapitel keine wirkliche Auswahl präsentiert worden sei.

“Rom hat nicht begriffen, was eine Bischofswahl in einer demokratisch geprägten Kultur bedeutet”, erklärte Rene Zihlmann, Präsident der Zentralkommission.

So sei den Domherren eine Dreierliste vorgelegt worden, deren Verfasser die intensive Konsultation im Bistum nicht ernst genommen hätten. Die Chance, die besten Oberhirten zu finden, sei damit verpasst worden. Das Wahlprozedere verkomme zu einer Farce.

Gefolgsleute eingesetzt

Der Verein “Bündnerinnen und Bündner für eine Offene Kirche”, der während der Wirren um den umstrittenen ehemaligen Churer Bischof Wolfgang Haas entstand, zeigte sich nach der Ernennung von Vitus Huonder besorgt.

Vorstandsmitglied Christine Bucher kritisierte insbesondere Huonders Personalpolitik. Als Generalvikar habe er Pfarrstellen teilweise mit “problematischen Persönlichkeiten” besetzt. Dies weckt laut Bucher grosse Besorgnis.

Entscheidend werde sein, welche Bedeutung Huonder den Bedürfnissen und Wünschen der kirchlichen Basis beimesse.

Mehr Goodwill in Obwalden

In Obwalden wollen die Katholiken dem neuen Bischof Zeit geben, sich zu entfalten. Es dürfe aber keine weiteren Rückschritte geben, sagte Karl Vogler, Präsident des Verbandes der römisch-katholischen Kirchgemeinden des Kantons Obwalden.

Er hoffe, dass der neue Bischof ein offenes Ohr habe für die verschiedenen Strömungen und die Anliegen der modernen Kirche. Dazu gehöre etwa, dass Laientheologen weiterhin predigen dürfen.

Dank an scheidenden Bischof

Der Bündner Regierungsrat Claudio Lardi sagte, er persönlich gehe davon aus, dass sich die guten Beziehungen zum bischöflichen Hof unter Huonder weiterentwickelten.

Die Regierung nehme die Wahl des neuen Oberhirten zum Anlass, dem scheidenden Bischof Amédée Grab für die langjährige gute Zusammenarbeit zu danken, sagte Lardi.

swissinfo und Agenturen

Der 65-Jährige stammt aus Trun im Bünder Oberland.

Nach dem Studium in Einsiedeln, Rom und Freiburg wurde er 1971 zum Priester geweiht.

Von 1976 bis 1988 war er Priester in den Kantonen Obwalden und Zürich.

Huonder zählt zu den Gefolgsleuten des ehemaligen Churer Bischofs Wolfgang Haas, der eine sehr traditionalistische katholische Lehre praktiziert.

Nach breiter interner Kritik war Haas vom Vatikan versetzt und zum neuen Bischof des eigens für ihn geschaffenen Bistums Liechtenstein ernannt worden.

In der Schweiz kann einzig das Bistum Basel selber seinen Oberhirten bestimmen.

Die Bistümer Chur und St. Gallen haben ein Mitwirkungsrecht, die Wahl aber erfolgt durch den Papst in Rom.

Die anderen Bistümer haben keine Mitwirkungsrechte.

Zum Bistum Chur gehören die Kantone Graubünden, Zürich, Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden sowie Glarus.

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