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Schweizer Solidarität grösser als erwartet

Die Glückskette-Telefone liefen während des Sammeltags heiss. Keystone

Die Glückskette hat bis am Montag Spenden in der Rekordhöhe von 130 Millionen Franken erhalten - 16 Millionen Franken mehr als versprochen.

Der grösste Teil der Spenden wird für den Wiederaufbau der vom Tsunami zerstörten Gebiete in Südasien verwendet.

Vertreter der Glückskette und der Hilfswerke zeigten sich am Montag an einer Medienkonferenz erneut beeindruckt über die ausserordentliche Spendenbereitschaft der Schweizer Bevölkerung für die Opfer der Flutkatastrophe in Asien.

“Wir haben aber nicht zuviel Geld angesichts des Ausmasses der Katastrophe”, sagte Remigio Ratti, Präsident der Stiftung Glückskette.

Bis am Montag gingen insgesamt für 130 Mio. Franken Spenden ein, 16 Mio. Franken mehr als versprochen. Fast 90% der Spenden stammen von Privaten.

Zahl der Vermissten zurückgegangen

16 Tage nach der Flutkatastrophe wurden am Montag noch 280 Schweizerinnen und Schweizer vermisst, davon 250 in Thailand. Für gut 90 von ihnen bestand kaum mehr Hoffnung. Es blieb bei 23 bestätigten Toten.

Damit sei die Zahl der Suchmeldungen weiter gesunken, sagte Peter Sutter, Leiter des Krisenstabs im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), am Montag.

Unterstützung auch für Schweizer

Laut Vertretern der Glückskette sollen auch Schweizerinnen und Schweizer nach ihrer Rückkehr in die Schweiz bei der Glückskette Unterstützung beantragen können. Dieses Angebot beschränkt sich aber ausdrücklich auf Härtefälle,
wie betont wurde.

Gemäss den noch provisorischen Richtlinien der Glückskette sollen sich zudem Schweizer Staatsangehörige, die in einem vom Seebeben betroffenen Land leben, an die Auslandschweizer-Organisation (ASO) wenden können. Diese hat einen direkten Draht zur Glückskette.

Wichtiges Internet

Über das Internet kann seit gut zehn Jahren für die Glückskette gespendet werden. Die Sammlung für das Seebeben in Asien stelle aber einen Wendepunkt dar, konstatierte Glückskette-Direktor Félix Bollmann.

Die Internetsite der Glückskette sei bis zu 1500 Mal pro Sekunde besucht worden. Täglich seien gegen 12’000 Überweisungen per Internet registriert worden, sagte Bollmann weiter.

So wurden rund 150’000 Spenden per Internet mit einem Durchschnittswert von 127 Franken angemeldet.

Die sechs Telefonzentralen der Glückskette waren auch sehr stark belastet. Sie konnten rund 800’000 Anrufe entgegennehmen.

Es wären aber noch viel mehr gewesen: 660’000 Anrufe blieben unbeantwortet, führte Bollmann weiter aus.

Nach der Nothilfe der Wiederaufbau

10 bis 15% des Geldes sollen voraussichtlich in die Sofort- und Nothilfe fliessen. Der Hauptteil des Geldes werde aber in den nächsten drei bis fünf Jahren für den Wiederaufbau verwendet, sagte Glückskette-Koordinator Roland Jeanneret. Die Glückskette arbeitet mit 30 Partnern zusammen.

14 der 30 an die Glückskette angeschlossenen Hilfswerke haben bisher Projektvorschläge unterbreitet. Bisher haben die Hilfswerke laut Jeanneret Zusagen für zehn Millionen Franken für die Nothilfe erhalten. “Das Geld fliesst”, sagte Jeanneret.

Eine wichtige Arbeit übernimmt die Projektkommission, welcher der frühere Chef von Radio DRS, Andreas Blum, vorsteht. Das 14-köpfige Expertengremium tritt am 27. Januar in Genf zusammen. Dann werde eine erste Gesamtübersicht zu den eingereichten Projektanfragen erstellt, sagte Blum.

Keine Glückskette-Projekte

Die Glückskette selber führt keine Projekte durch. Sie rege ihre Partner höchstens zu weiteren Projekten an, falls von einer Sammlung noch Geld übrig bleibe, erläuterte Jeanneret.

Für die Nothilfe nach dem Seebeben sei es nun denkbar, dass der bisher gültige Verteilschlüssel angepasst werde. Normalerweise muss jedes Hilfswerk 20% der Projektkosten aus eigenen Spendengeldern decken.

Es sei möglich, dass die Glückskette alle Kosten übernehme, sagte Jeanneret. Entschieden sei aber noch nichts.

Wiederaufbau



Das Hilfswerk Caritas Schweiz etwa sieht 30 bis 40 Mio. Franken für den Wiederaufbau von mehreren Dörfern in Sri Lanka und Indien vor, wie Direktor Jürg Krummenacher ausführte.

Das Hilfswerk der evangelischen Kirchen (HEKS) seinerseits schätzt die langfristigen Projektkosten auf etwa 10 Mio. Franken.

Alle in Bern vertretenen Hilfswerke, darunter auch das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) und Terre des Hommes, betonten, dass die Wiederaufbauhilfe nun in voller Planung sei.

Für einen seriösen Wiederaufbau sei Zeit nötig, betonte Martin Fuhrer vom SRK.

Auch anderswo gibt es Katastrophen

Die Hilfswerk-Vertreter unterstrichen auch, angesichts der Flut andere Katastrophen nicht zu vergessen.

Sie nannten etwa die Aids-Epidemie in Afrika und Osteuropa, der Konflikt im sudanesischen Darfur oder die Krise auf Haiti.

swissinfo und Agenturen

Bei der Glückskette sind 130 Mio. Franken für die Opfer der Flut in Südasien eingegangen – 16 Mio. Franken mehr als versprochen wurden.
Der Grossteil der Summe wird in den nächsten 3 – 5 Jahren für den Wiederaufbau verwendet.
150’000 Spenden mit einem durchschnittlichen Betrag von 127 Franken wurden über das Internet generiert.
Fast 90% der 130 Mio. Franken kommen von privaten Kleinspendern.

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