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Wird 2008 das Jahr von Fabian Cancellara?

Mit 27 Jahren will der Berner Radprofi Fabian Cancellara an den Olympischen Spielen die Goldmedaille gewinnen. EQ Images

An der Tour de Suisse, die am Samstag begonnen hat, fährt der Schweizer Fabian Cancellara zwar auch mit. Im Visier aber hat der zweifache Weltmeister im Zeitfahren die Olympischen Spiele in Peking – und zwar die Goldmedaille.

swissinfo: Fabian Cancellara, welche Ambitionen haben Sie an der diesjährigen Tour de Suisse?

Fabian Cancellara: Die Tour de Suisse steht in diesem Jahr im Schatten der Fussball-Europameisterschaft und der Olympischen Spiele in Peking, auf die ich mich hauptsächlich konzentriere.

Ich nehme dieses Rennen mit nicht allzu grossen Ambitionen in Angriff, abgesehen von jenen Etappen, bei welchen das Ziel auf Berner Boden liegt.

Aber ich mag dieses Rennen und ich hoffe sehr, es in den nächsten Jahren gewinnen zu können, schliesslich bin ich erst 27-jährig.

swissinfo: Nach der Tour de Suisse starten Sie auch an der Tour de France, wo Sie im letzten Jahr das Leader-Trikot trugen.

F.C.: Ich ziele natürlich auf das 28 km lange Zeitfahren ab in der ersten Woche – es ist im Hinblick auf Peking ein wichtiger Gradmesser – aber auch auf das Leader-Trikot.

Ich gehe nach Frankreich, um mich in den Dienst meines CSC-Teams zu stellen. Dann werden wir sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Mental bin ich zwar in der Lage, das ganze Rennen durchzufahren, aber ich werde sehr genau beobachten, wie mein Körper reagiert.

Ehrlich gesagt, stellt sich die Frage, wann kommt der Zeitpunkt, um aufzuhören. Ich kenne diesen Wettkampf und ich kenne auch mich sehr genau.

swissinfo: Das Rennen abbrechen, um in Form zu sein am 13. August in Peking?

F.C.: Das ist kein Geheimnis. Ich habe die Goldmedaille im Zeitfahren im Visier. Seit vier Jahren warte ich auf diesen Moment, und ich werde alles unternehmen, um mich auf der Startlinie in Topform zu präsentieren.

Auf DVD habe ich mir die Strecke bereits angeschaut und ich habe viel mit den Verantwortlichen von Swiss Olympic und Swiss Cycling diskutiert. Aber man muss früh genug dort sein, um sich akklimatisieren zu können.

swissinfo: Die Olympischen Spiele nehmen Sie sehr in Anspruch?

F.C.: Ja sehr. Ich muss mich um den Reisetermin, um die Akklimatisierung und um meine Betreuer kümmern. Ich fahre für mich und für mein Land. Ich bin sehr glücklich, dass mich ein Masseur und ein Mechaniker meines Teams (CSC) begleiten werden, mit denen ich auch sonst zusammenarbeite.

Die beiden wissen genau, was ich brauche und das ist ermutigend. Wenn man die Goldmedaille anstrebt, muss alles zu 100 Prozent stimmen, kein Detail darf dem Zufall überlassen werden. Ich weiss zum Beispiel noch nicht definitiv, wo ich übernachten werde. Das hängt von den optimalen Trainingsbedingungen ab.

swissinfo: Setzen Sie sich dadurch nicht einem zu hohem Druck aus?

F.C.: Nein, ich glaube nicht. Ich bin doppelter Weltmeister im Zeitfahren und deshalb Favorit bei diesem Wettkampf. Aber ich habe genügend Erfahrung, um mit dem Druck umzugehen. Schliesslich geht es ja nur um ein Velorennen.

swissinfo: Sie haben einen unglaublichen Saisonstart mit mehreren Siegen erlebt, darunter Mailand-San Remo. Wie erklären Sie sich Ihre aussergewöhnliche Form?

F.C.: Der Vorbereitungskurs anfangs Jahr in Kalifornien verlief unter optimalen Bedingungen. Ich habe fast zwei Monate lang davon profitieren können.

Zurückblickend komme ich zum Schluss, dass ich rund zwei Monate zu früh in Form war und mir für das Rennen Paris-Roubaix dann die Kraft fehlte. Aber ich bedaure nichts und würde trotzdem alle Vorbereitungen wieder gleich machen.

Ich habe mich in allen Bereichen verbessert und bewiesen, dass man nicht nur im Zeitfahren und im Sprint, sondern auch in den Berg-Etappen mit mir rechnen muss.

swissinfo: Was sagen Sie zu den Doping-Verdächtigungen, nachdem Sie in diesen Wettkämpfen brilliert hatten?

F.C.: Ich glaube, dass unser Team den Tatbeweis erbracht hat, insbesondere mit dem Spezialprogramm im Kampf gegen Doping. Unser Team ist offen, wir geben alle nötigen Informationen bekannt und jeder Radrennfahrer, auch ich, hat sich mehreren nicht angekündigten Kontrollen unterzogen. Mehr kann ich nicht machen.

Meine Aufgabe ist es, bei jedem Rennen mein Bestes zu geben und gute Resultate zu erzielen. Ich glaube, es ist auch politisch bedingt, dass immer der Radsport daran glauben muss. Andere Sportarten hätten es auch verdient, dass man sich bei diesem Problem auch für sie interessiert.

swissinfo: Als Spitzensportler halten Sie sich regelmässig im Ausland auf. Welche Beziehungen haben Sie zur Schweiz?

F.C.: Ich habe einen italienischen Pass, aber ich bin stolz, Schweizer zu sein. Ich lebe gerne in diesem Land und ich könnte stundenlang darüber sprechen. Die Schweiz ist viel mehr als Käse und Schokolade.

swissinfo, Mathias Froidevaux
(Übertragung aus dem Fränzösischen: Peter Siegenthaler)

2008: Sieger der Klassiker Tirreno-Adriatico und Mailand-San Remo.

2006 und 2007: Weltmeister im Zeitfahren und Sieger mehrerer Etappen der Tour de France, in der er sechs Tage lang das Leader-Trikot trug.

Fabian Cancellara ist 1981 in Wohlen bei Bern geboren. In Sportkreisen wird er “Spartakus” genannt.

Cancellara hat eine Elektrikerlehre abgeschlossen.

2001 wechselte der ehemalige Junioren-Weltmeister im Zeitfahren ins Profi-Lager des Teams Mapei.

Zwischen 2003 und 2005 fuhr er für das Team Fass Bortolo. Seit 2006 gehört er zum Team CSC.

Der 1.86 cm grosse Athlet ist 80 kg schwer.

Zu seinen Stärken gehören neben dem Zeitfahren (Doppel-Weltmeister) die Eintages-Klassiker.

Aufgefallen ist er mehrmals durch seine Exploits im Zielsprint.

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