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Doping überschattete gesamte Tour de France

Alberto Contador: Auch der Gewinner der Tour de France 2007 steht unter Verdacht. Keystone

Die grösste Radrundfahrt hat mit dem Sieg des Spaniers Alberto Contador geendet. An der Tour 2007 wurde der sportliche Aspekt vom Doping in die Bedeutungslosigkeit verbannt.

Auch wenn der Radsport das Publikum immer noch fasziniert: Drei Viertel der Schweizer glauben, dass die Mehrheit der Radprofis gedopt sei, wie eine Umfrage der SonntagsZeitung zeigt.

Betrug, Lügen, Ausreden und Verdächtigungen lasteten wie Blei auf dem auf der sonst üblichen Triumphfahrt über die Champs Elysées, der letzten Etappe der Skandal-Tour 2007.

Gewonnen hat die 94. Tour de France (oft auch “Tour de Farce” genannt) schliesslich der spanische Radprofi Alberto Contador vom Team Discovery Channel. Zweiter wurde der Australier Cadel Evans vor Levi Leipheimer aus den USA.

Die Schlussetappe wurde im Massenspurt entschieden. Daniele Bennati krönte die Vorarbeit seiner Helfer mit einem Sieg. Der Italiener feierte damit in dieser Rundfahrt seinen zweiten Etappensieg.

Aus Schweizer Sicht stach zu Beginn der Rundfahrt Fabian Cancellara mit seinem Prolog-Erfolg, seinem Sieg in der 3. Etappe sowie den acht Tagen im Maillot jaune heraus. Michael Albasini und Martin Elmiger glückten zudem je ein 3. Etappenrang. Die Schlussetappe beendete Cancellara auf dem 7. Rang und die Tour auf Platz 100.

Schweizer mit geteilten Ansichten

Beim Publikum scheiden sich die Geister, wie eine Umfrage der SonntagsZeitung zeigt. Trotz Doping hat sich für 55% der Befragten nichts verändert, kleiner geworden ist das Interesse bei 23% und 10% wollen gar nichts mehr davon wissen.

Mit stärkeren Kontrollen wollen 77% der Befragten den Sport wieder sauberer machen. Dagegen sind 14% für eine totale Dopingfreigabe.

Skandaltour

Der tiefe Fall des Patrik Sinkewitz, das Debakel des einstigen Topfavoriten Alexander Winokurow und seines Teams Astana, die nächtliche Flucht des Tour-Leaders Michael Rasmussen, sowie der Rückzug des gedopten Italieners Cristian Moreni und seines Teams Cofidis sind für den Profi-Radsport keine Zier.

Der mit Astana ausgeschiedene Deutsche Andreas Klöden, der die Tour zum ersten Mal in seiner Karriere gewinnen wollte, denkt jetzt sogar an ein Laufbahn-Ende: “Macht doch alles keinen Sinn mehr.”

Rückzug von Medien

Ein deutliches Zeichen gegen die marode Tour setzten die deutschen Fernseh-Sender ARD und ZDF mit ihrem Rückzug von der Live-Berichterstattung. Die Anstalten setzten unter dem Eindruck des Dopingfalls des Deutschen Sinkewitz ihren angedrohten Boykott in die Tat um.

Eine Woche nachdem der Zürcher Tages Anzeiger den Boykott von ARD und ZDF noch als “scheinheilig” bezeichnet hatte, berichtete auch er nicht mehr über das Klassement sondern nur noch über die Entwicklung an der Doping-Front.

Unheilige Allianz

In Zukunft wollen sich die Franzosen beim wichtigsten Wettbewerb im Radsport-Kalender mit einem Umsatz von umgerechnet mehr als 214 Mio. Franken nicht mehr von den Funktionären der internationalen Radsportunion UCI dreinreden lassen.

Die “Heilige Allianz” zwischen Rennställen, Weltverband und Tour im Kampf gegen Doping sei zerbrochen, sagte Tour de France-Direktor Clerc.

Für den Tour-Start 2008 in Brest, so sieht es der Rettungsplan vor, sollen andere, “ethische” Regeln für die Aufnahme von Fahrern und Teams gelten, die allein die Tour-Spitze festlegen will.

Dabei will die Tour vor allem mit der Welt-Antidopingagentur WADA zusammenarbeiten. Die UCI soll dann keine Rolle mehr spielen. Eine Spaltung der Radsportwelt droht – wie im Boxen, wo eine Hand voll Organisationen um Macht, Einfluss und Geld gegeneinander kämpfen.

swissinfo und Agenturen

Am 18. Juli wird der Deutsche Patrik Sinkewitz (T-Mobile) wegen einer positiven Testosteron-Probe von 8. Juni von der Tour ausgeschlossen.

Am 24. Juli wird der Kasache Alexander Winokurow nach seinem Sieg der 13. Etappe der Transfusion mit Fremdblut überführt. Er und sein Team Astana verlassen die Tour.

Am 25 Juli wird Tourleader Michael Rasmussen, von seinem Team Rabobank nach einer siegreichen Etappe von der Tour zurückgezogen. Dies wegen falschen Informationen über seinen Aufenthaltsort, die er seinem sportlichen Direktor gegeben hatte. Rasmussen wurde auch zweimal durch die UCI gerügt, da er ihr seinen Trainingsplan nicht mitgeteilt hatte, um unerwarteten Kontrollen zu entgehen.

Auch am 25. Juli bestätigt das Team Cofidis, ein Fahrer, der Italiener Christian Moreni, sei positiv getestet worden. Moreni wird samt Mannschaft zurückgezogen.

Swiss Olympic will gemäss der NZZ am Sonntag 2009 eine nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) gründen und nicht mehr länger auf die Unterstützung des Bundes warten.

Die Dachorganisation im Schweizer Sport will dafür eine halbe Million Franken mehr in den Kampf gegen Doping investieren.

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