Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Afghanistan-Flüchtlinge sollen bleiben können

Afghanischer Flüchtlingsknabe an einer Demo vor dem BFF in Wabern bei Bern. Keystone Archive

Die Gesellschaft für bedrohte Völker fordert die vorläufige Kollektiv-Aufnahme afghanischer Flüchtlinge in der Schweiz.

Das Bundesamt für Flüchtlinge lehnt die Forderung zwar ab, verzichtet vorläufig aber auf zwangsweise Rückschaffungen.

Eine Delegation der Gesellschaft für bedrohte Völker (gfbv) hat zwischen dem 29. Juni und dem 6. Juli das kriegsversehrte Land am Hindukusch bereist, um sich ein Bild über die dortige Sicherheitslage zu machen.

Die Lage habe sich die Situation in den letzten Monaten– nach grossen Hoffnungen im letzten Jahr – in weiten Teilen des Landes dramatisch verschlechtert, sagte Hanspeter Bigler, gfbv-Geschäftsführer an einer Medienkonferenz in Bern.

Insbesondere in den östlichen und südöstlichen, sowie in den südlichen Regionen sei die Situation durch anhaltende Kämpfe oder eine existenzbedrohende Dürre prekär.

Vorläufige Aufnahme

Angesichts der momentanen Sicherheitslage im kriegsversehrten Land am Hindukusch seien zwangsweise Rückführungen in absehbarer Zeit nicht zumutbar, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker und fordert eine vorläufige kollektive Aufnahme für afghanische Asylsuchende in der Schweiz.

Laut Brigitte Hauser vom BFF wird jedes Gesuch um Asyl einzeln geprüft. “Eine kollektive Aufnahme wird es daher nicht geben”, betonte Brigitte Hauser, Chefin Medien und Kommunikation im Bundesamt für Flüchtlinge gegenüber swissinfo.

Zur Zeit sind in der Schweiz 103 Wegweisungen hängig. Laut Hauser werden wegen der prekären Sicherheitslage vorläufig keine Ausschaffungen abgewiesener Asylsuchender vollzogen.

Lage wird laufend neu beurteilt

Die gfbv ruft den Bund zudem auf, bis zur neuen Lagebeurteilung Ende März 2004 auf Zwangs-Rückführungen zu verzichten und den Wiederaufbau in Afghanistan stärker zu unterstützen.

Wie die Medien-Chefin des BFF betonte, findet nicht erst Ende März 2004 eine neue Lagebeurteilung statt. “Wir beurteilen die Situation laufend neu. Bis auf weiteres ist klar, dass wir niemanden zwangsmässig rückführen.” Die freiwillige Rückkehr wird vom BFF allerdings unterstützt.

Laut gfbv-Geschäftsführer Hanspeter Bigler spricht sich auch das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) für die Erleichterung der freiwilligen Rückkehr aus. Diese solle jedoch nicht speziell gefördert werden.

swissinfo, Gaby Ochsenbein

Im Jahr 2002 kehrten über 1,8 Millionen Flüchtlinge nach Afghanistan zurück.

Zudem kehrten 450’000 Binnenflüchtlinge in ihre Heimatorte zurück.

Rund vier Millionen Afghanen leben noch immer im Ausland.

In den ersten sechs Monaten 2003 wurden 107 Asylgesuche von afghanischen Staatsbürgern gestellt, 28 wurden positiv beantwortet.

103 Rückführungen abgewiesener Asylsuchender sind noch hängig.

An Programmen zur freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan beteiligten sich im Jahr 2002 15 Flüchtlinge aus der Schweiz.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft