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Ärzte ohne Grenzen appellieren an die Schweiz

Mitarbeiter von "Ärzte ohne Grenzen" verteilen am 28. März 2002 Medikamente in Afghanistan. Keystone

Laut "Ärzte ohne Grenzen" fehlt in der Schweiz eine politische Debatte über den erleichterten Medikamentenzugang für Entwicklungsländer.

Die Nichtregierungs-Organisation ruft die Schweizer Regierung dazu auf, eine entsprechende Gesundheitspolitik zu betreiben.

Laut “Ärzte ohne Grenzen” (Médecins Sans Frontières, MSF) gibt es dringenden Handlungsbedarf: Krankheiten wie Aids, Tuberkulose und Malaria verursachten jährlich mehr als 14 Millionen Tote. Davon stammten über 95% aus den Entwicklungsländern, erinnert die Organisation. 9000 Personen haben den Appell an die Schweizer Regierung unterzeichnet.

Michel Clerc von MSF gegenüber swissinfo: “Wir haben mit diesem Vorstoss bereits im Mai 2001 begonnen. Neben dem Unterschriften-Sammeln haben wir auch zahlreiche Vertreter von verschiedenen Bundesbehörden getroffen.”

Die Nichtregierungs-Organisation (NGO) macht laut MSF-Mitglied Leila Kramis auch Druck auf die Pharmaindustrie. “Aber wir stossen dort auf ein derart grosses Desinteresse, dass wir uns verstärkt an den Staat wenden.”

Gefährdung der Zukunft

Das Ausmass der erwähnten Krankheiten gefährdet laut MSF die wirtschaftliche und soziale Zukunft der Entwicklungsländer.

“Das Fehlen einer kohärenten Politik und konkreter Massnahmen für einen besseren Zugang der Länder des Südens zu einem Gesundheitssystem und bezahlbaren Medikamenten ist der Schweiz unwürdig”, sagt MSF-Generaldirektor Thomas Linde.

“Es fehlen klare Rahmenbedingungen, nach denen die verschiedenen beteiligten Behörden agieren können, um das Los von Millionen von Patienten zu verbessern.”

Koordinierte Politik gefragt

MSF fordert die Schweiz zu einer reellen internationalen Gesundheitspolitik auf. Die Nichtregierungs-Organisation hofft, dass die Schweiz den Entwicklungsländern den Zugang zu Medikamenten erleichtern wird.

Des weiteren soll der Bund eine kohärente Politik für alle betroffenen Behörden betreiben. Vor allem jedoch verlangt MSF ein multilaterales und bilaterales Vorgehen.

Die Schweiz müsse in diesem Zusammenhang bei internationalen Verhandlungen eine Politik betreiben, die mit den Menschenrechten übereinstimmt.

Schweiz will schon, aber…

Luzius Wasecha, Chef-Unterhändler bei der Welthandels-Organisation (WTO), verteidigt die aktuelle Politik der Schweiz gegenüber swissinfo: “Bisher haben wir viel Flexibilität beim Medikamenten-Zugang für die armen Länder bewiesen.”

Auch die Schweiz sei für einen besseren Marktzugang für Medikamente. Aber afrikanische Entwicklungsländer würden teilweise hohe Zölle auf gewisse Medikamente erheben.

Dazu Wasescha: “Günstigere Präparate sollen ausserdem nur für Entwicklungsländer mit massiven öffentlichen Gesundheitskrisen zur Verfügung stehen.”

Man müsse zudem die Pharmaindustrie mehr dazu bringen, verstärkt Tropenkrankheiten zu erforschen. “Wir bereiten zur Zeit Gespräche zwischen MSF und der Pharmabranche vor.”

Waseschas Fazit: “Ich bin optimistisch. Die Pharmaunternehmen haben bereits Anstrengungen unternommen, sich intensiver als bisher mit Krankheiten wie Malaria zu befassen.”

swissinfo und Agenturen

1992 wurden weltweit 56 Mrd. Dollar für die Erforschung von Krankheiten und Entwicklung von Medikamenten ausgegeben.
1998 waren es 73,5 Mrd. Dollar.
50% der Gelder wurden von den Staaten zur Verfügung gestellt, 42% von Unternehmen und 8% von gemeinnützigen Stiftungen.
Die Schweiz gab im Jahr 2000 knapp 3% ihres Bruttosozialprodukts für Forschung und Entwicklung aus.
Die Schweizer Pharmaindustrie exportierte 2001 Produkte in die Entwicklungs-Länder in der Höhe von 2,8 Mrd. Franken.

Die Schweiz soll sich laut MFS verstärkt für einen erleichterten Medikamenten-Zugang für Entwicklungsländer einsetzen.

In einem Appell fordert die Organisation die Regierung dazu auf, eine entsprechende Gesundheitspolitik auf multilateraler und bilateraler Ebene zu betreiben.

Jährlich sterben vor allem in den Entwicklungsländern 14 Mio. Menschen an Krankheiten wie Aids, Malaria und Tuberkulose.

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