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Bilaterale II: Österreich unterstützt die Schweiz

Benita Ferrero-Waldner (links) unterstützt ihre Schweizer Amtskollegin Micheline Calmy-Rey. Keystone

Das EU-Land Österreich unterstützt die Schweiz im Anliegen, die bilateralen Verhandlungen (II) mit Brüssel als Gesamt-Paket abzuschliessen.

Das wurde Micheline Calmy-Rey in Wien zugesichert. Würden einzelne Dossiers herausgenommen, könnte der Abschluss verzögert werden.

Die Aussenministerin Micheline Calmy-Rey hat am Donnerstag in Wien ihre Amtskollegin Benita Ferrero-Waldner getroffen. Hauptpunkt des eineinhalbstündigen Gesprächs war die zweite Tranche der bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU (“Bilaterale II”).

Steuerhinterziehung und Steuerbetrug

Die Bilateralen II sollen bis Ende Jahr unter Dach und Fach gebracht werden. Von insgesamt zehn Dossiers sind drei aber noch nicht bereinigt: Das Dossier zur Rechtshilfe bei (Steuer-)Betrug und jenes über die Verträge von Schengen und Dublin (Asylpolitik).

Die Schweiz versucht, hier spezielle Regelungen für sich zu erlangen. Auch will sie den Artikel zur Rechtshilfe im Betrugsfall so interpretiert wissen, dass er Fälle von Steuerhinterziehung ausschliesst. Denn im Gegensatz zur EU-Praxis unterscheidet die Schweiz zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug.

Steuerhinterziehung in einem Drittland gilt in der Schweiz nicht als Delikt. Die Schweiz stellt sich auf den Standpunkt, dass nicht sie für Steuersysteme in Drittländern geradestehen muss, die zu Steuerflucht führen.

Ferrero-Waldner sagte, Österreich habe immer Verständnis für die Schweizer Anliegen gehabt. Gleichzeitig sei aber auch eine EU-Kohäsion anzustreben. Damit drückt sie als Vertreterin eines EU-Mitgliedslandes grundsätzliche Unterstützung der Schweizer Position aus.

EU-Mitgliedschaft der Schweiz?

Bundesrätin Calmy-Rey legte in Wien weiter dar, dass die Schweizer Regierung in der kommenden Legislaturperiode über mögliche EU-Beitrittsverhandlungen entscheiden werde.

Allerdings müssten zuerst die Erfahrungen der bilateralen Verträge I abgewartet werden und Antworten auf die Folgen eines EU-Beitritts für die Schweiz auf Föderalismus, direkte Demokratie und Neutralität gefunden werden.

Sie erinnerte daran, dass die Schweizer Stimmbürger im März 2001 über einen möglichen EU-Beitritt abgestimmt und Nein gesagt haben.

Weiter nach Südosteuropa und Italien

Die Schweizer Aussenministerin setzte am Nachmittag ihre Reise nach Bosnien-Herzegowina und Serbien-Montenegro fort und trifft abschliessend am 8. September in Rom mit ihrem italienischen Amtskollegen Franco Frattini zusammen.

In Sarajevo unterzeichnete sie ein Abkommen für die Förderung und den Schutz von Investitionen. Südosteuropa gilt als eine Schwerpunktregion der Schweiz. 2003 unterstützt die Schweiz mit rund 200 Millionen Fr. verschiedene Projekte nicht nur in Bosnien-Hercegovina, sondern auch in der ganzen Region.

Mit der italienischen EU-Ratspräsidentschaft wird sie ebenfalls die Verhandlungen über die Bilateralen II erörtern und die Position ihres Landes in den noch strittigen Fragen erläutern.

swissinfo

Bilaterale II, abgeschlossen sind:
Dienstleistungen, Ruhegehälter, verarbeitete Landwirtschafts-Produkte, Zinsbesteuerung, Umwelt, Statistik, Medien, Bildung, Berufsbildung, Jugend.

noch offen sind: Dublin/Schengen, Rechtshilfe.

Die bilateralen Verhandlungen II umfassen insgesamt 10 Themen. Die ersten 7 sind Überbleibsel aus den Bilateralen I, die letztes Jahr in Kraft getreten sind.

Die Themen Zinsbesteuerung und Betrugsbekämpfung sind von der EU eingebracht worden, das Thema Schengen/Dublin von der Schweiz.

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