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Bittere Steuerpille für die Diplomaten

Micheline Calmy-Rey versucht die Wogen beim diplomatischen Personal zu glätten. Keystone

Mit der Einführung des neuen Lohnausweises in diesem Jahr müssen auch Diplomaten Entschädigungen versteuern, die sie zusätzlich zum Lohn erhalten.

Bei der jährlichen Botschafterkonferenz in Bern werden jeweils die Leitlinien der Innen- und Ausenpolitik vermittelt. Die Aussenministerin zeigte auch Verständnis für die Sorgen der Diplomaten.

Wie jedes Jahr hat das Aussenministerium (EDA) seine Botschafter, Generalkonsule und die Bürochefs der DEZA, der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, für eine dreitägige Konferenz zusammengerufen.

Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, 2007 auch Bundespräsidentin, nutzte den Anlass, um an die grossen Richtlinien der Hauspolitik zu erinnern.

Und für Carla del Ponte war es die ideale Gelegenheit, ihre zukünftigen Kollegen kennen zu lernen. Del Ponte, die noch bis Ende Jahr als Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichts für das ehemalige Jugoslawien waltet, wurde jüngst zur Botschafterin in Argentinien ernannt. Sie wird ihre neue Stelle im Januar 2008 antreten.

Das Formular, das schmerzt

Aber weit weg von den grossen Überlegungen der internationalen Politik, haben die Schweizer Diplomaten eine viel nüchterne Sorge: Die Auswirkung ihrer auf dem Lohnausweis zu deklarierenden Einkünfte auf die zu bezahlenden Steuern.

Seit Anfang dieses Jahres sind sie – wie alle Schweizer – dem neuen Lohnausweis unterstellt. Nun können Lohnnebenleistungen, die besonders im Ausland ins Gewicht fallen, nicht mehr im gleichen Mass von den Steuern abgezogen werden wie bisher.

Im Mai hatten rund 70 Diplomaten einen Brief an Micheline Calmy-Rey geschrieben, in dem sie ihrer Beunruhigung Ausdruck gaben.

“Es stimmt, dieses Problem betrifft vor allem jene Bundesbeamten, die im Ausland postiert sind. Denn sie erhalten viele Zuwendungen oder werden für ihre Ausgaben entschädigt” sagt EDA Kommunikations-Chef Jean-Philippe Jeannerat.

Wird den Diplomaten wirklich eine drei Mal höhere Steuerrechnung als bisher präsentiert, wie man es in einigen Zeitungen lesen konnte? “Ich kann das so nicht bestätigen”, sagt Jeannerat. “Bestimmte Erhöhungen können bis zu 50% des Gesamtbetrages ausmachen. Bei einigen sehr aussergewöhnlichen Grenzfällen könnte es aber auch mehr sein.”

Die Würfel sind noch nicht gefallen

“Es gibt keine einfache Lösung. Wir haben es mit der unverrückbaren Logik der Finanzbehörden zu tun”, sagte Micheline Calmy-Rey am Montag bei der Eröffnung der Konferenz. Aber sie sei sich bewusst, dass das Leistungssystem ihres Ministeriums an die derzeitige fiskalische Umwelt angepasst werden müsse.

Die endgültige Entscheidung wird jedoch von der Regierung gefällt werden, oder ins Parlament zurückkommen. “Die Partie ist noch nicht verloren”, sagte Calmy-Rey. Und sie versprach, sich mit aller Kraft für eine zufriedenstellende Lösung einzusetzen.

Workshops

In Workshops wurden die Botschafter von fünf Bundesräten über kommende Herausforderungen der Schweiz informiert. So orientierte Innenminister Pascal Couchepin über Umwälzungen in der Hochschullandschaft, während Verteidigungsminister Samuel Schmid auf die Fussball-EM 2008 in der Schweiz und Österreich einstimmte.

Umweltminister Moritz Leuenberger gab einen Abriss über die Energie- und Klimapolitik der Schweiz. Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard nahm Stellung zur Aussenwirtschaftspolitik und Christoph Blocher nannte die Erwartungen seines Justiz- und Polizeidepartements an die Schweizer Vertreter im Ausland.

Jean-Pierre Roth, Präsident der Schweizerischen Nationalbank, beschloss den Reigen der Referate mit einer Zwischenbilanz zu “Acht Jahren Euro”.

swissinfo, Marc-André Miserez und Agenturen
(Übertragung aus dem Französischen: Etienne Strebel)

2007 schrieben sich 74 Männer und Frauen zum Eintrittswettbewerb für eine diplomatische Karriere ein. Der Durchschnitt der letzten 10 Jahre verzeichnete gegen 100 Bewerbungen und mehr als 200 in den Jahren 2005 und 2006.

Das EDA analysiert die Gründe für diesen Rückgang, spricht aber nicht von dauerhaften Rekrutierungsschwierigkeiten.

Für Jean-Philippe Jeannerat ist es ein konjunkturelles Phänomen. Bei einer guten Wirtschaftslage hätten hochqualifizierte Personen eine grössere Arbeitsplatz-Auswahl.

Auf dem privaten Sektor könne man rascher gute Gehälter erhalten. Die Diplomatie sei hingegen eine Karriere, wo sich der Einsatz erst nach langer Zeit auszahle.

Die Jahres-Saläre beginnen in der Diplomatie ein wenig unter 100’000 Franken und steigen bis 212’000 Franken an. Diesen Plafond erreicht man im Allgemeinen erst nach über 20 Dienstjahren.

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