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Die Vielfalt der Schweiz vermitteln

Carlo Jagmetti bei einem Auftritt vor dem Nationalen Presseclub der USA, 1997, kurz nach seiner Pensionierung. Reuters

Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey hat in Bern die jährliche Botschafterkonferenz eröffnet. Motto des Treffens: "Eine Schweiz, die spricht und handelt."

Der Karrierediplomat Carlo Jagmetti, der 1997 als Schweizer Botschafter in den USA demissionierte, spricht mit swissinfo über das Image der Schweiz.

swissinfo: Sie haben früher auch an den Botschafterkonferenzen teilgenommen. Was für Erinnerungen weckt das bei Ihnen?

Carlo Jagmetti: Ich kann mich an viele solcher Treffen mit den unterschiedlichsten Leuten erinnern. Es ging darum, den Kontakt mit der Schweiz, mit der Zentrale, den Bundesbehörden und mit einzelnen Bundesräten intensiv zu pflegen und sich in der Schweiz wieder in das tägliche Gefühl einzuleben.

swissinfo: Sind solche Kontakte wichtig für den diplomatischen Alltag?

C.J.: Es kommt darauf an, wie ein solches Treffen organisiert ist und was man daraus macht. Ich habe sehr nützliche Treffen in Erinnerung, in denen man einen allgemeinen Tour d’horizon machte und dabei erfuhr, wie die Zentrale denkt und wie die Kollegen aus dem Ausland das sehen. Es geht aber auch darum, konkrete aktuelle Probleme zu erörtern, zu denen man gerne mehr Informationen und Instruktionen erhalten möchte.

swissinfo: Botschafter repräsentieren die Schweiz im Ausland und prägen so auch ihr Image mit. Was für eine Schweiz wollten Sie damals vermitteln?

C.J.: Ich wollte vor allem die Vielfalt der Schweiz vermitteln. Denn obwohl wir ein politisch unbedeutendes und kleines Land sind, haben wir auf verschiedenen Gebieten doch Beachtliches aufzuzeigen. Was man gut nach aussen tragen kann, ist die historische und zivilisatorische Vielfalt der Schweiz.

Ich wollte auch das touristische und klischierte Bild der Schweiz mit Matterhorn und Schokolade etwas korrigieren und ein realistischeres Bild der Schweiz vermitteln. Die Vermittlung einer realen Schweiz mit all ihren Stärken und auch ihren weniger starken Aspekten.

swissinfo: Inwiefern kann man als Botschafter konkreten Einfluss nehmen auf das Image der Schweiz?

C.J.: Das Bild schafft man ja nicht als Botschafter. Das Bild wird in der Schweiz geschaffen. Wenn sich die Schweiz gut verhält, wenn alles gut geht und wir keine politischen und wirtschaftlichen und zivilisatorischen Probleme haben, dann ist das Bild der Schweiz automatisch gut. Wenn es nicht so gut läuft, wird das sofort nach aussen reflektiert. Man kann das nicht korrigieren, aber man kann Verständnis dafür schaffen.

Wichtig in einer diplomatischen Tätigkeit ist, dass man mit Vorträgen, kulturellen Veranstaltungen und eigenen Auftritten helfen kann, das richtige Bild zu vermitteln.

swissinfo: Bundespräsidentin Calmy-Rey hat für die Botschaftertagung das Motto «Eine Schweiz, die spricht und handelt» geprägt. An ihrer 1.-August-Rede auf dem Rütli hat sie von einer «offenen und solidarischen Schweiz» gesprochen. Wird die Schweiz von aussen so wahrgenommen?

C.J.: Die Schweiz hat immer gesprochen und gehandelt. Man hat das früher mit viel Diskretion und Zurückhaltung gemacht. Die Auftritte der Schweiz in den internationalen Organisationen, sind immer mit Interesse angehört worden.

Ob jetzt Handlungsbedarf besteht, dass man die Schweiz mehr sprechen hört, kann ich nicht beurteilen. Ich bin der Meinung, dass eine gewisse Diskretion besser ist als zu jedem Ereignis auf der Welt noch etwas zu sagen.

Gehandelt hat die Schweiz immer. Wenn man will, kann man natürlich noch mehr handeln. Aber man sollte immer streng zwischen effektiv nützlichem Handeln und einfacher Betriebsamkeit unterscheiden.

swissinfo: Wird die Schweiz von aussen so wahrgenommen, wie Sie sie sehen?

C.J.: Ich bin zwar nicht mehr Botschafter, reise aber immer noch ab und zu ins Ausland. Soweit ich das beurteilen kann, schätzt man die Schweiz immer noch sehr. Vielleicht wird sie nicht mehr so bewundert wie früher, aber es gibt sogar Neider und viele Leute, die es schätzen, dass die Schweiz in Sachen Ordnung, Kontinuität, Kohärenz und Konstanz fast etwas Beispielhaftes hat.

swissinfo-Interview: Susanne Schanda

Kurz vor seiner Pensionierung reichte der 1932 in Zürich geborene Karrierediplomat Carlo Jagmetti am 27. Januar 1997 seine Demission als Schweizer Botschafter in den USA ein.

Nach dem Wirbel um einen internen Bericht zu den nachrichtenlosen Vermögen setzte er damit seiner Amtszeit in den USA ein vorzeitiges Ende.

Der Jurist Jagmetti war seit 1993 Botschafter in Washington. Zuvor war er (seit 1987) als Schweizer Botschafter in Paris tätig.

In den Jahren 1982 bis 1987 leitete der Diplomat die Mission der Schweiz bei der Europäischen Gemeinschaft (heute Europäische Union). Seinen ersten Botschafterposten erhielt Jagmetti 1980 in Südkorea.

Das Motto der diesjährigen Botschafterkonferenz in Bern lautet: «Eine Schweiz, die spricht und handelt.»

Im Mittelpunkt der Arbeiten während der viertägigen Konferenz steht bis Donnerstag die geografische und sektorielle Koordination der Aussenpolitik.

An der Konferenz nehmen die Vertreter der Schweiz im Ausland teil: Botschafter, Generalkonsuln und Leitende der Kooperationsbüros der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).

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