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Abacha-Gelder teilweise verschwunden

Gemäss Vertrag hätten alle rückerstatteten Abacha-Gelder in Nigeria in Entwicklungsprojekte fliessen sollen. Keystone

Ein Teil der 700 Mio. Dollar aus den Abacha-Konten, welche die Schweiz an Nigeria zurückerstattet hatte, ist offenbar in den Taschen korrupter Beamter verschwunden.

Bern hatte die Rückführung an Bedingungen im Entwicklungs-Bereich geknüpft. Der nigerianische Botschafter in Bern dementiert die Vorwürfe.

Aufgrund einer Untersuchung durch Nichtregierungs-Organisationen (NGO) in Nigeria scheint es nun ziemlich klar, “dass viele Unregelmässigkeiten gelaufen sind”, wie Andreas Missbach von der Erklärung von Bern (EvB) am Dienstag einen Bericht der “Basler Zeitung” (BaZ) bestätigte.

Abacha hatte während seiner Regierungszeit (1993 bis 1998) Gelder auf privaten Konten in der Schweiz deponiert. Nach einem langen juristischen und politischen Streit ordnete das Bundesgericht 2005 an, dass knapp 460 Mio. Dollar an Nigeria zurückgegeben werden müssen, nachdem bereits früher etwa 200 Mio. geflossen waren.

Die Rückerstattung war an strenge Auflagen gebunden. Nach Angaben der BaZ, die sich auf eine “zuverlässige Schweizer Quelle” beruft, flossen etwa 200 Millionen statt in Entwicklungsprojekte in dubiose Kanäle, nach Vermutungen der BaZ in die Taschen korrupter Beamter. Missbach bezeichnete diese Zahl als realistisch.

Nigerianisches Dementi

Die nigerianische Regierung sei stolz, wie das Geld eingesetzt worden sei,
erklärte hingegen Botschafter Joseph Ubaka Ayaloglu am Freitag vor den Medien in Bern.

Die nigerianische Regierung hatte versprochen, die Gelder für Entwicklungsprojekte in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Infrastruktur einzusetzen.

Die Gelder aus der Schweiz hätten, so Ayaloglu, “den normalen Budget-Prozess” durchlaufen, was bedeute, dass die Verwendung vom Parlament überwacht worden sei.

Zudem sei zwischen Nigeria, der Schweiz und der Weltbank vereinbart worden, dass letztere die Geldflüsse kontrolliere.

Weltbank-Bericht: Erstellt, aber nicht veröffentlicht

Für eine genauere Analyse verwies EvB-Vetreter Missbach auf den Bericht der Weltbank, welcher den Einsatz der Gelder unter die Lupe nehmen sollte. Dieser wurde zwar erstellt, bisher aber nicht publiziert.

Die Entwicklungs-Organisation zeigte sich deshalb beunruhigt. Missbach führte die Verzögerung auf den Umstand zurück, dass die Ergebnisse entweder für die Schweiz oder Nigeria “peinlich” sein könnten.

Das Schweizer Aussenministerium (EDA) kündigte an, dass der Bericht bis Ende Jahr vorliegen werde. Dann werde man Stellung nehmen.

Ein EDA-Sprecher gab aber zu bedenken, dass die Schweiz als erstes und bisher einziges Land die zwangsweise Rückführung der Abacha-Vermögen angeordnet habe. Mit der Rückführung habe die Schweiz ihre moralische Pflicht erfüllt. Zudem habe man im Einvernehmen mit dem Land ein Verfahren entwickelt, das die Rückgabe transparent gemacht habe.

Über zwei Milliarden Dollar geraubt

Die Behörden in Nigeria gehen davon aus, dass Ex-Diktator Sani Abacha dem Land, das über reiche Erdölvorkommen verfügt, systhematisch Geld entzogen und auf Konten im Ausland deponiert hatte.

Der Abacha-Clan soll so über 2,2 Mrd. Dollar geraubt haben. Auf Konten in der Schweiz wurden seit 1999 rund 700 Millionen blockiert. Diese wurden in Tranchen zurückerstattet.

In einem Vertrag zwischen den beiden Ländern wurde festgelegt, dass die Gelder für Entwicklungsprojekte in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Infrastruktur eingesetzt werden müssen. NGO hatten jedoch kritisiert, dies könne zu wenig streng überwacht werden.

swissinfo und Agenturen

Zwischen 1993 und 1998 profitierte Sani Abacha von seiner Position als Machthaber und zweigte rund 2,2 Mrd. Dollar (rund 2,8 Mrd. Franken) aus der Staatskasse für sich selbst ab.

Davon endeten rund 700 Mio. Dollar auf Konten in der Schweiz.

Im Dezember 2003 hatte die Schweiz eine erste Tranche von 200 Mio. Dollar überwiesen.

Im Februar 2005 entschied das Bundesgericht, dass weitere 458 Mio. Dollar überwiesen werden müssen.

Im September bestätigte die Weltbank die Zahlung von 290 Mio. Dollar.

Anfang November 2005 wurde bekannt gegeben, dass die letzte blockierte Tranche von 170 Mio. Dollar überwiesen worden ist.

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