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California Cuisine

Ein Tacos-Stand, wie er mexikanischer nicht sein könnte. Layla Lang

Beim Essen in Kalifornien hat man die Wahl. Aber hat man sich tatsächlich für ein Restaurant und ein Gericht entschieden, sind noch lange nicht alle Entscheidungen getroffen.

Das erste, was mir am kalifornischen Essensangebot aufgefallen ist, war die ungeheure Vielfalt jenseits der obligatorischen Fastfood-Ketten.

Neben der Wahl zwischen verschiedenen Preiskategorien von Fastfood bis exquisit und zwischen Gerichten aus allen Erdteilen, kann man sich für “organic”, “gluten free” und “light” food entscheiden.

So vielfältig wie die Bewohner des Sonnenstaates, kommt auch die Küche in Kalifornien daher.

Bei einem Bevölkerungsanteil von 36.6% Lateinamerikanischer Abstammung ist es nicht überraschend, dass in manchen Vierteln das Strassenbild vornehmlich von Tacos-Ständen und Tortillerias geprägt ist.

Entsprechend dem hohen asiatischen Bevölkerungsanteil gibt es auch diverse asiatische Restaurants und auch europäische Einwanderer, allen voran die Italiener, haben ihre kulinarischen Spuren hinterlassen.

Kalifornische Küche

Für uns das Spannenste war allerdings, dass manche Restaurants mit “California Cuisine” werben.

Was verbirgt sich hinter dem Etikett? Angesichts der kulturellen Heterogenität Kaliforniens ist klar, dass der Begriff nicht für eine traditionelle, gewachsene Esskultur steht, sondern eine Erfindung der letzten 30 bis 40 Jahre ist.

Die California Cuisine zeichnet sich durch Verwendung frischer Zutaten und durch die Kombination von Gerichten verschiedenster Kulturen aus.

Damit ist die kalifornische Küche für uns die ideale Wahl, wenn wir uns nicht für eine bestimmte Richtung entscheiden können. Ein typisches Gericht wäre z.B. gegrillte Scholle, mit Orangensauce, Ingwer-Süsskartoffeln und Spinatsalat.

Die kalifornischen Köche haben den Vorteil, dass das Klima für eine reiche Vielfalt an saftigem Obst und Gemüse und der Pazifik für ausgezeichneten frischen Fisch in jeder Saison sorgt.

Weil etwa zur gleichen Zeit, in welcher der Begriff der California Cuisine entstand, auch die Fitnessbewegung in Kalifornien begann, ist es nicht überraschend, dass die kalifornische Küche für sich in Anspruch nimmt, besonders leicht und gesund zu sein.

Ausserdem wird auf den Speisekarten häufig darauf hingewiesen, dass ausschliesslich ökologisch einwandfrei hergestellte Lebensmittel verwendet werden.

Überhaupt sind biologische Produkte in der Region auf dem Vormarsch: Im Marin County nördlich von San Francisco sind bereits 30 Prozent aller Landwirte, Käsereien, Fischer und Bauernmärkte Mitglieder der Organisation Marin Organic und produzieren biologische Produkte.

Entscheidungen

Wenn man sich nach ausführlichem Studium der Karte für ein Gericht entschieden hat, ist auch sehr schnell ein Kellner zu Stelle, um die Wünsche entgegen zu nehmen.

Da alles exakt nach Wunsch des Gastes sein soll, ist es meistens nicht damit getan, dem Kellner das Wunschgericht zu nennen; stattdessen muss man noch eine Menge Fragen beantworten, über die wir uns noch nie im Leben Gedanken gemacht haben.

Möchte man das Hähnchen im Salat lieber gebraten oder gegrillt, das Wasser mit Kohlensäure, Eis, Zitrone oder Limette?

Immer noch gewöhnungsbedürftig finden wir diese Form des amerikanischen Kundenservice besonders, wenn man nur schnell einen Kaffee holen will, und – wie alle anderen Kunden in der Schlange vor einem – erst einmal beantworten muss, ob man den Kaffee klein, mittel oder gross, mit fettfreier, teilentrahmter oder normaler Milch in der Keramik-Tasse oder im Pappbecher zum Mitnehmen haben möchte.

Aber bei einem Restaurantbesuch hat man es ja eigentlich nicht so eilig und es macht uns mittlerweile Spass auch zurückzufragen, weil man dadurch viel mehr über die Spezialitäten eines Restaurants erfährt.

Tischsitten

Ebenfalls gewöhnungsbedürftig waren die amerikanischen Tischsitten. Beim Betreten des Restaurants ist es üblich, am Eingang zu warten, bis man vom Personal einen Tisch zugewiesen bekommt.

Auch die Manieren am Tisch unterscheiden sich von den unseren: Amerikaner schneiden häufig erst die gesamte Mahlzeit in kleine Stücke, legen dann das Messer beiseite und essen nur noch mit der Gabel weiter.

Weil mir diese Sitte erst mehrere Monate nach meiner Ankunft in Amerika aufgefallen ist, hoffe ich, dass auch meine europäischen Tischmanieren, die ich bis heute beibehalten habe, nicht auffallen oder zumindest nicht als unanständig gedeutet werden.

Seit ich mich an die amerikanische Überschwänglichkeit gewöhnt habe, weiss ich auch, dass man auf die Frage, wie es geschmeckt hat, ruhig hemmungslos mit “fabulous” oder “fantastic” antworten darf.

Ein schlichtes “gut” mag einen Schweizer Kellner glücklich stimmen, in den USA gilt es als schlecht verpackte Kritik. Auch sollte man beim Trinkgeld nicht sparen. Weil die Bedienung meist ein geringes Grundgehalt bekommt, gilt ein Trinkgeld von 15 bis 20 Prozent als angemessen.

Natürlich hat es auch die schweizerische Küche schon nach Kalifornien geschafft. Die Schweizer Restaurants in San Francisco habe ich jedoch trotz guter Kritiken bisher gemieden. Denn ein Käsefondue schmeckt am besten am warmen Kaminfeuer, wenn draussen Schnee fällt.

Layla Lang, San Francisco Bay, swissinfo.ch

Immer häufiger reisen auch junge Leute für längere Zeit ins Ausland, sei das zum Studieren, Forschen, für ein Stage oder zum Arbeiten.

Zu ihnen gehört auch Layla Lang, die von März bis August 2010 für swissinfo.ch über ihre Erlebnisse und Erfahrungen aus Kalifornien berichtet.

Layla Lang ist 28 Jahre alt.

Sie hat an der ETH Zürich Biologie studiert. Ihre Diplomarbeit führte sie am Max-Planck-Insitut für Marine Mikrobiologie in Bremen, Deutschland durch.

Anschliessend lebte sie drei Jahre in München, wo sie als Projekt-Koordinatorin in der klinischen Forschung arbeitete.

Im Dezember 2009 zog Layla Lang mit ihrem Mann, der in Stanford eine Postdoktoranden-Stelle besetzt, an die Bucht von San Francisco in Kalifornien.

Sie arbeitet als klinischer Monitor und betreut klinische Studien in der Region Kalifornien.

Zusätzlich befasst sie sich mit Malerei und wissenschaftlicher Illustration (www.laylakaenel.com).

Zu ihren Hobbys zählen längere Fahrrad- und Trekking-Touren in der Natur.

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