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Couchepin taucht in ägyptische Religionswelten ein

Pascal Couchepin mit Scheich Mohammed Sayyed Tantawi in der Al-Azhar-Universität. Keystone

Bundespräsident Pascal Couchepin hat in Kairo Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften getroffen. Sein Fazit: "Sie haben Lust auf das Zusammenleben".

Couchepin weilt derzeit in Ägypten, wo er auch Präsident Mubarak treffen wird. Vorher gastierte der Walliser in Marokko.

“Die Botschaft, die Scheich Mohammed Sayyed Tantawi überbringt, ist eine Botschaft des Friedens”, sagte Couchepin nach dem Treffen gegenüber swissinfo.

Das religiöse Oberhaupt der Al-Azhar-Universität in Kairo habe Terrorismus verurteilt und betrachte jegliche Form von Terrorismus und Gewalt als im Widerspruch zu den Prinzipien des Islam. Auch betrachte Tantawi diese Formen als humanitäre und religiöse Katastrophe. “Das ist eine wichtige Botschaft”, sagte der Schweizer Regierungspräsident.

Tantawi habe auf Couchepins Frage nach dem Risiko des Fundamentalismus geantwortet, die Al-Azhar-Universität bekämpfe jegliche Form von Extremismus.

Haus der Hoffnung

Er habe gesehen, dass es nicht nur einen Islam gebe, sondern viele islamische Richtungen, wie es auch im Westen viele religiöse Richtungen gebe, resümierte Couchepin weiter.

Solange es aber gemeinsame Werte gebe, bezüglich Unterricht, Wissenschaft und Toleranz – wie von Scheich Mohammed Sayyed Tantawi in der Al Azhar-Universität vorgelebt – gebe es immer eine Lösung, zeigte sich der Gast aus der Schweiz überzeugt.

Gespräch mit Studenten

Die Al-Azhar Universität ist eine der bedeutendsten Bildungsinstitutionen der islamischen Gemeinschaft. Nach Angaben Tantawis sind derzeit Studentinnen und Studenten aus 104 Ländern eingeschrieben.

Bei der Besichtigung der Universität suchte Couchepin das Gespräch mit den Studenten, die auf dem Teppich sitzend die Schriften Mohammeds studierten. Er fragte sie nach ihrer Herkunft, nach ihrem Studienfach und ihren Zukunftsplänen.

Zusammenleben mit Kopten

Auch das Zusammenleben zwischen Muslimen und Christen interessierte Couchepin bei seinen Gesprächen. Die beiden Gemeinschaften seien gleich in ihren Rechten und Pflichten, sagte der Scheich dazu. “Sie gehen in ihre jeweiligen Gotteshäuser beten, und wenn sie rauskommen, reichen sie sich die Hände.”

Die Kopten selbst fühlten sich nicht als Minderheit, stellte der Schweizer Innenminister nach seinem Treffen mit dem Oberhaupt der Kopten, Papst Shenouda III, fest. Sie seien Ägypter wie die muslimische Mehrheit.

Blutige Vergangenheit

Dass dies nicht so einfach ist, zeigt sich in der Praxis jedoch immer wieder. So war es im Oktober 2005 in Alexandria vor einer Kirche zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Kopten gekommen, bei denen drei Menschen starben und rund 80 verletzt wurden.

Bei einem Angriff auf koptische Gottesdienste 2006 wurde ein Mann christlichen Glaubens getötet und 16 verletzt.

swissinfo und Agenturen

Nach Angaben von Papst Shenouda III. gehören 10 bis 12% der knapp 80 Millionen Ägypterinnen und Ägypter zur koptischen Kirche. Shenouda ist seit 1971 deren Oberhaupt.

Die koptische Kirche geht zurück auf das alexandrinisch-ägyptische Christentum der Spätantike. Als Gründer gilt der Überlieferung nach der Evangelist Markus, erster Bischof von Alexandria.

Wachsende Teile der Bevölkerung Ägyptens traten bis zum 7. Jahrhundert der Kirche bei. Danach wurde ihr Wachstum durch die islamische Eroberung Ägyptens gebremst.

Bekannte Kopten sind der ehemalige UNO-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali, der Schauspieler Omar Sharif und der Investor Samih Sawiris, der in Andermatt ein Luxus-Resort errichtet. Auch in der Schweiz gibt es eine kleine koptische Gemeinde.

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