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Der Papst auf seiner letzten Reise

Johannes Paul II. (1920-2005) Keystone

Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, Papst Johannes Paul II., ist am Samstagabend gestorben. Er war fast 85 Jahre alt.

Eine seiner letzten Auslandreisen führte ihn nach Bern, wo er vor 70’000 Gläubigen die Messe las.

Tausende hatten dem greisen Oberhaupt der katholischen Kirche zugejubelt, als er in seinem Papamobil im Juni 2004 auf die Berner Allmend gefahren wurde. Er zelebrierte am Sonntagmorgen die Messe unter freiem Himmel.

Am Vortag hatte er am katholischen Jugendtreffen im Berner Eisstadion teil genommen. Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen sprach er zu 12’000 begeisterten jungen Menschen. Es war der dritte offizielle Besuch von Papst Johannes Paul II. in der Schweiz.

Der jüngste Papst im 20. Jahrhundert

Er wurde 1920 als Karol Josef Wojtyla in der Nähe von Krakau, Polen, geboren und 1987 zum Papst gewählt. Er wurde als Papst Johannes Paul II. Nachfolger von Johannes Paul I. Dieser war als Nachfolger von Paul VI. erst gerade 33 Tage im Amt gewesen, als er starb.

Johannes Paul II. wurde mit 58 Jahren in das Amt gewählt und war so auch der jüngste Papst im 20. Jahrhundert. Zudem war er seit Adrien VI. (1522-1523) der erste Papst, der nicht Italiener war.

Schwere Kindheit

Die Kindheit des zukünftigen Pontifex Maximus war überschattet vom frühen Tod seiner Mutter (1929) und seines älteren Bruders (1932).

In seiner Jugend war Karol Wojtyla ein begeisterter Sportler. Vor allem Skifahren, Kajak und Schwimmen begeisterten ihn. Später zeigte er ein starkes Interesse für die Kunstszene in seiner Umgebung. 1938 begann er mit dem Studium von Theater und Literatur (Poesie) an der Universität Krakau.

Sein Studium wurde 1939 durch die Invasion der Nazis in Polen unterbrochen. Um der Verhaftung und einer Deportation zu entgehen arbeitet Wojtyla in einem Steinbruch und in einer Chemiefabrik.

Heimlich ins Priester-Seminar

In dieser Zeit nahm auch sein Interesse für das Priesteramt zu. Ab 1942 besuchte er heimlich das Seminar in Krakau; nach dem Krieg führte er seine Studien am Seminar in Krakau und an der theologischen Fakultät der Universität Jagellon fort.

Der Vater des künftigen Papstes hat die Priesterweihe seines Sohnes 1946 nicht mehr miterlebt. Später erinnert Johannes Paul II. sich immer wieder daran, was ihm sein Vater vor dem Tod gesagt habe: “Ich werde nicht lange leben. Zuvor möchte ich nur sicher sein, dass du Dein Leben in den Dienst Gottes stellen wirst.”

Der junge Priester erklomm rasch die Stufen in der katholischen Hierarchie. 1964 wurde er Erzbischof und 1967 Kardinal.

Ein Papst, der Geschichte geschrieben hat

Im Verlaufe seiner 25-jährigen Amtszeit hat der Papst Kirchengeschichte geschrieben, vielleicht gar Weltgeschichte.

Zur Zeit seiner Wahl, 1978, war Polen noch unter kommunistischer Herrschaft. Johannes Paul II. verurteilte die totalitären Regimes seit Beginn seiner Amtszeit und beklagte deren Unterdrückung der Kirche. Nicht wenige sind der Ansicht, seine dezidierte Haltung habe nicht unwesentlich zum Sturz des Kommunismus beigetragen.

Johannes Paul II. bleibt auch als Missionar in Erinnerung. Er verlor nie aus den Augen, dass er durch sein Amt das Oberhaupt fast einer Milliarde Katholiken auf der Welt war.

Vielreiser besucht KZ

Es war ihm deshalb eine Pflicht, die unterschiedlichen katholischen Gemeinschaften zu besuchen. Nie zuvor war ein Papst so weit und so viel gereist wie er.

Johannes Paul II. suchte auch die Annäherung zwischen der katholischen Kirche und dem Judentum. So war er denn der erste Papst, der eine Synagoge besuchte und eine Messe für die Opfer des Holocaust im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz zelebrierte.

Andere Handlungen des Papstes bleiben stark umstritten. Er wird wohl als konservativer Papst in Erinnerung bleiben. Besonders auf dem Gebiet der sexuellen Moral. Bis zu seinem Tode lehnte er Abtreibung und Geburtenverhütung vehement ab.

Ein Attentat überlebt

Die Amtszeit von Johannes Paul II. wird als eine der längeren in die Geschichte eingehen. Sie hätte aber auch früh und abrupt enden können.

Am 13. März 1981, rund drei Jahre nach seiner Ernennung zum Papst, wurde Johannes Paul II. Opfer eines Attentates. Während der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom feierte ein Mann zwei Schüsse auf den Papst ab. Dieser wurde dabei ernsthaft, aber nicht tödlich verletzt.

In seinen letzten Amtsjahren verschlechterte sich der Gesundheitszustand von Johannes Paul II. schliesslich zusehends.

Trotz seiner schweren Krankheit – der Papst litt an Parkinson – war ein Rücktritt für Johannes Paul II. nie ein Thema. Zwar wäre ein solcher nach Kirchenrecht möglich, doch wollte der Papst die Last, die ihm bis zum Ende anvertraut war, auch bis zum Ende tragen. So gesehen ist ihm dieser “Wunsch” erfüllt worden.

swissinfo

Nach dem Tod von Johannes Paul II. bleibt Pius IX. mit 31 Jahren und sieben Monaten (1846-78) der Papst mit der längsten Regierungszeit. Am kürzesten war Leon XI. im Amt. Nämlich nur 26 Tage im Jahr 1605.

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