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Drakonische Strafen für Hooligans

Ausschreitungen nach dem Super League-Spiel Basel-Zürich am 13. Mai 2006. Keystone

Lebenslange Stadien- und Rayonverbote, Heimspiele ohne Zuschauer: Das fordert der oberste Schweizer Polizeigewerkschafter, um der Gewalt rund um Fussballstadien Herr zu werden.

Nach Ansicht von Heinz Buttauer, Präsident des Verbandes Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB), lässt die Justiz die Polizei im Stich. Dies müsse sich gerade hinsichtlich der Euro 08 ändern.

“Leute, die verhaftet werden, weil sie Landfriedensbruch machen, weil sie sinnlos zerstören, weil sie die Gesundheit oder das Leben von anderen aufs Spiel setzen, solche Leute müssen drakonisch bestraft werden”, sagt VSPB-Präsident Heinz Buttauer.

“Wer solche Straftaten verübt, muss lebenslang Stadion- und Rayonverbote erhalten, und zwar europaweit. Erst wenn solche Strafen ausgesprochen werden, wird ein Umdenken stattfinden”, so Buttauer in einem am Samstag in der Neuen Luzerner Zeitung erschienenen Interview.

Gerade auch mit Blick auf die Euro 2008 fordert er die kantonalen Gerichte auf, “endlich entsprechend durchzugreifen”. Buttauer sieht sich und seine Polizisten von der Justiz allein gelassen: “Wir können ja machen, was wir wollen, es ist nie recht.”

Mehr als nichts

Zwar spreche die Justiz Urteile aus, die mehr seien als nichts. Doch letztlich blieben diese wirkungslos.

Von der neuen Strafjustizverordnung verspricht sich der oberste Polizeigewerkschafter keine Abhilfe. “Jetzt”, so sagt er, “können dann sogar Bussen auf Bewährung ausgesprochen werden. Das bringt doch alles rein gar nichts.”

SFV in die Pflicht nehmen

Um das Problem des Hooliganismus in den Griff zu kriegen, will Buttauer nicht allein die Gerichte in die Pflicht nehmen.

Auch der Schweizerische Fussballverband (SFV) müsse eine härtere Gangart einschlagen. So solle er Vereine, die ihre Fans nicht im Griff hätten, zu mehreren Heimspielen ohne Zuschauer verbrummen.

Risiko Fanmeile

Die sogenannte 3D-Strategie (Deeskalation, Dialog, Durchgreifen), mit der Bund und Kantone die Sicherheit während der Euro 2008 gewährleisten wollen, betrachtet Buttauer als “im Prinzip richtig” an. Das Problem sieht er darin, dass solche Strategien Hooligans und Ultras in der Regel egal seien.

Gleichwohl habe er keine Angst um die Sicherheit während der Euro 2008 rund um die Stadien. “Ich befürchte eher, dass es in den Fanmeilen bei den Public-Viewing-Veranstaltungen zu Problemen kommen kann”, sagt er. Es werde kaum ausreichen, wenn die Polizei mit 10 oder 20 Mann vor Ort sei.

Hilfe von aussen

Für den obersten Polizeigewerkschafter ist daher klar, dass die hiesigen Polizeikräfte auf Hilfe von aussen angewiesen sind. Wie viele das sein werden, sei noch unklar.

Man müsse die Auslosung im Dezember abwarten, um zu wissen, welche “Problemspiele” auf die Schweiz zukämen.

Nichts zu rütteln gibt es für Buttauer zudem am Standart der Grundversorgung während der Euro 2008.

swissinfo und Agenturen

Die Schweiz hat seit dem 1. Januar 2007 ein Hooligan-Gesetz. Es wurde im Hinblick auf die Euro 2008 ausgearbeitet, aber auch nach wiederholten Ausschreitungen in der Schweizer Fussballmeisterschaft.

Herzstück ist eine Datenbank, in der gewaltbereite Hooligans erfasst sind. Das Gesetz sieht für gewaltbereite Hooligans Stadion- und Rayonverbote vor, eine Meldepflicht während Spielen sowie vorsorgliche Haft.

Für die Euro 2008 schaffen Zürich, Bern, Basel und Genf 1200 neue Gefängnis-Plätze.

Um dem Unterbestand in den kantonalen Polizeikorps abzuhelfen, könnte der Bund den militärischen Sicherheitsdienst abspecken. Denn dieser sei “absolut aufgebauscht und unnötig gross”, findet Polizeiverbands-Präsident Heinz Buttauer.

“Ich bin kein Armeegegner, aber sie ist überdimensioniert”, sagt Buttauer im Interview der Neuen Luzerner Zeitung. Er sieht daher beim Militär Möglichkeiten, den Rotstift anzusetzen. So gewonnene Gelder liessen sich auf die Polizeikorps zur Personalrekrutierung verwenden.

Die Klage, die kantonalen Polizeien seien unterdotiert, ist alles andere als neu. Rund 1600 Polizistinnen und Polizisten fehlen laut dem Verband Schweizerischer Polizei-Beamter (VSPB) dort. Hinzu kommen die Überstunden, welche die Gesetzeshüter jährlich leisten: pro Jahr rund eine Million Stunden.

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