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Ein neuer Bischof für St. Gallen

Markus Büchel (rechts) feiert am Ostermontag 2006 den Abschied seines Vorgängers Ivo Führer in der St. Galler Kathedrale. Keystone

Der St. Galler Domdekan und Bischofsvikar, Markus Büchel, ist der neue Bischof der Diözese. Papst Benedikt XVI hat formell die Wahl des Domkapitels bestätigt.

Die Wahl fand in einem demokratischen Prozess statt. Das ist aussergewöhnlich – werden die Bischöfe doch sonst direkt durch den Papst ernannt.

Der 57-jährige Domdekan und Bischofsvikar Markus Büchel tritt die Nachfolge von Bischof Ivo Fürer an, der mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren zurücktritt.

Die am vergangenen Dienstag hinter verschlossenen Türen durchgeführte Wahl des elften St. Galler Bischofs ist um 12.00 Uhr im Bistum St. Gallen mit einem viertelstündigem Glockengeläut verkündet worden.

Dieses folgte auf die formelle Bestätigung der Bischofswahl durch Papst Benedikt XVI.

Sonderfall St. Gallen

Bis dahin durfte der Name des Gewählten aufgrund der seit 1995 geltenden Abmachungen mit dem Vatikan nicht proklamiert werden. In der Regel ernennt der Papst die Bischöfe. St. Gallen ist jedoch ein weltweiter Sonderfall, weil das Bistum bei der Wahl seiner Bischöfe ein Mitspracherecht besitzt, das auf ein über hundertjähriges Konkordat zwischen der Schweiz und dem Vatikan zurückgeht.

Aus einer Liste von sechs Kandidaten, die das Domkapitel nominiert und die vorgängig vom Vatikan bestätigt werden muss, wählen die 13 Domherren den Bischof. Dabei kann das Kollegium, das 180-köpfige Parlament der St. Galler Katholiken, maximal drei Kandidaten als minder genehm bezeichnen. Bei der aktuellen Wahl ist von diesem Recht aber kein Gebrauch gemacht worden.

Segenswünsche von der Bischofskonferenz

Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) hat mit grosser Freude die Ernennung des neuen Bischofs von St. Gallen zu Kenntnis genommen, wie sie mitteilte.

Sie entbietet Markus Büchel ihre besten Segenswünsche und sichert ihm ihr Gebet und ihre Unterstützung im neuen Amt und in der Zusammenarbeit mit der SBK zu, wie es heisst.

Die Bischofsweihe findet am Eidgenössischen Dank-,Buss- und Bettag, am 17. September 2006, statt. Bis dahin bleibt Bischof Ivo Fürer Apostolischer Administrator des Bistums St. Gallen und beider Appenzell, mit allen Vollmachten eines Diözesanbischofs im Amt.

“Herzlicher Seelsorger”

Der St. Galler Theologe und Journalist Josef Osterwalder nennt Büchel einen “herzlichen Seelsorger”. Der leutseelige, offene Rheintaler werde den Kurs seines Vorgängers Bischof Ivo Fürer fortführen. Personelle Veränderungen im Domkapitel werde es wohl kaum geben.

Markus Büchel sei zwar offen für Veränderungen, gleichwohl sei nicht zu erwarten, dass er mit Rom auf Konfrontationskurs gehe. Gegenüber Schweizer Radio DRS sagte Büchel zum Zölibat, er könne sich eine Öffnung bei der Weihe verheirateter Männer zum Priester vorstellen, unvorstellbar sei für ihn die Priesterinnenweihe.

Markus Büchel ist im Rheintal geboren und aufgewachsen. Er studierte in Freiburg Theologie. 1976 wurde er zum Priester geweiht. Danach war er sechs Jahre Vikar in St. Gallen-Neudorf, ehe er 1982 Domvikar wurde. Auch dieses Amt übte er während sechs Jahren aus. Von 1988 bis 1995 war Markus Büchel Pfarrer in Flawil.

Seit 1995 ist er Bischofsvikar und damit rechte Hand von Bischof Ivo Fürer. 1999 wurde Markus Büchel zum Domdekan gewählt.

swissinfo und Agenturen

Die Schweiz ist in sechs Diözesen aufgeteilt:

Bistum Basel (Sitz in Solothurn)
Bistum Chur
Bistum Lausanne, Genf und Freiburg (Sitz in Freiburg)
Bistum Lugano
Bistum St. Gallen

In der Schweiz haben einzelne Diözesen eine gewisse Autonomie bei der Wahl ihrer Bischöfe.

Diese Autonomie kann manchmal mit der päpstlichen Autorität kollidieren.

So setzte Ende der 80er-Jahre Papst Johannes Paul II. seinen Kandidaten, Wolfang Haas, auf den Churer Bischofsstuhl.

Daraus erwuchs ein über Jahre dauernder Konflikt zwischen dem konservativen Amtsinhaber und der Mehrheit seines Kirchenvolkes.

Der damalige Papst entschärfte die Situation, indem er Haas zum Erzbischof von Vaduz “beförderte”, einem neu geschaffenen Erzbistum im Fürstentum Liechtenstein.

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