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Ein Schritt weiter zum Kyoto-Nachfolgeabkommen

Ein Thai-Bauer auf einem ausgetrockneten Feld in Suphan Buri, Zentral-Thailand. Keystone

Vertreter aus über 160 Ländern haben sich in Bangkok auf die Agenda für das Kyoto-Nachfolgeabkommen geeinigt. Reiche Länder sollen ihren CO2-Ausstoss in Luft- und Schifffahrt reduzieren. Die Schweiz ist zufrieden.

Mit einer Einigung in letzter Minute ist bei der Bangkoker Klimaschutzkonferenz der Weg zu konkreten Verhandlungen über ein Kyoto-Nachfolgeabkommen freigemacht worden.

“Der Zug nach Kopenhagen hat den Bahnhof verlassen”, sagte der Leiter des UNO-Klimasekretariats, Yvo de Boer, in Anspielung auf den Konferenzort, an dem das neue Klimaschutzabkommen erzielt werden soll.

Das Kyoto-Klimaprotokoll läuft 2012 aus. Bis Ende 2009 soll ein neues Abkommen vorliegen, das die künftigen Reduktionsziele für die klimaschädigenden Treibhausgase festlegt. In Bangkok fand nun die erste von acht Verhandlungsrunden statt.

Positives Fazit

Die Schweizer Delegation zog am letzten Konferenztag ein positives Fazit. Grundsatzbeschlüsse seien nicht auf der Tagesordnung gestanden, doch habe man informelle Entscheide zum Beispiel zum weiteren Vorgehen treffen können, sagte José Romero vom Bundesamt für Umwelt (BAFU).

Der Leiter der Schweizer Delegation in Bangkok, Thomas Kolly, sagte gegenüber swissinfo, der Geist der Konferenz sei durchwwegs positiv gewesen. “Es war eine realistische Konferenz, es wurde realistisch gearbeitet, mit einigen konkreten Ergebnissen.”

Schnell handeln

In allen Interventionen der Schweizer Delegation habe man betont, wie absolut wichtig es sei, jetzt wirklich zu handeln, so Kolly weiter.

De Boer seinerseits mahnte zur Eile. “Wir haben nur eineinhalb Jahre Zeit für das wohl umfangreichste internationale Abkommen der Geschichte”, warnte er vor Delegierten von Regierungen und Umweltorganisationen, Wissenschaftern und Vertretern aus Wirtschaft und Industrie.

Luft- und Schifffahrt im Visier

Die Delegierten in Thailands Haupstadt vereinbarten zu überprüfen, wie reiche Länder den Treibstoffausstoss in Luft- und Schifffahrt reduzieren könnten.

Diese Branchen waren vom Kyoto-Protokoll noch ausgenommen, gelten inzwischen jedoch als starke CO2-Erzeuger. Nach Angaben von Umweltschützern sollen vor allem die Europäische Union (EU) und Norwegen darauf gedrängt haben, über eine Selbstregulierung der Luft- und Schifffahrtindustrie hinauszugehen.

Widerstand kam von Ländern mit starken Reisebranchen oder Staaten in abgelegenen Teilen der Welt wie Australien, Kanada, Japan und Singapur.

Verhandlungsmarathon

Nach der Konferenz in Bangkok sind 2008 noch drei weitere Tagungen geplant: eine im Juni in Bonn, eine weitere im Herbst – der Ort steht noch nicht fest – und eine dritte im Dezember im polnischen Posen. Ein Jahr später soll in Kopenhagen ein neuer Weltklimavertrag für die Zeit nach 2012 verabschiedet werden.

In den Verhandlungen will sich die Schweiz an den von der EU festgelegten Reduktionszielen orientieren. Die EU will ihre Emissionen bis 2020 um 20% und bis 2050 um 50% vermindern.

Schweiz macht Druck

Zu den Schweizer Zielen nach 2012 wird der Bundesrat, die Landesregierung, dieses Jahr eine Vernehmlassung eröffnen.

In den Verhandlungen plädiert die Schweiz insbesondere dafür, “dass sich alle Grossemittenten unter den Staaten zu einer Senkung bzw. Begrenzung ihrer Treibhausgasemissionen verpflichten”, wie das BAFU mitteilte. Namentlich die USA und auch Japan wollen bislang keine nationalen Ziele festlegen.

Besser als nichts

Für Martin Grosjean vom Oeschger Zentrum für Klimaveränderungs-Forschung an der Universität Bern ist die Absenz beim Kyoto-Protokoll von Ländern wie USA, China oder Indien das Hauptdefizit des Abkommens. So sei es schwierig, die Treibhausgas-Emissionen auf ein Niveau zu bringen, das den Gefahren einer Klimaveränderung begegnen könne, sagte er gegenüber swissinfo.

Dennoch: Trotz aller Mängel sei die Forschergemeinde der Ansicht, Kyoto sei ein wichtiges Mittel im Kampf gegen die Klimaerwärmung, so Grosjean. “Wissenschafter werden immer wieder gefragt, ob Kyoto gut oder schlecht sei. Wir sehen jeden weiteren Schritt als positiv, obwohl wir wissen, dass es nicht genügt. Aber das ist viel besser als nichts.”

swissinfo und Agenturen

Das Kyoto-Protokoll wurde 1997 von über 170 Nationen unterzeichnet oder ratifiziert. Mit diesem Abkommen haben sich bisher 36 Industrieländer verpflichtet, bis 2010 den Ausstoss der Treibhausgase um rund 5% zu senken.

Da über 80% der schweizerischen Treibhausgas-Emissionen auf CO2 entfallen, hat die Schweiz ein spezifisches Reduktionsziel für dieses Gas festgelegt. Bis 2010 muss der Ausstoss gegenüber 1990 um 10% verringert werden.

Das Parlament hat den Grundsatz einer CO2-Steuer akzeptiert. Falls die Reduktionsziele nicht erreicht werden, beträgt sie 2008 12 Fr. pro Tonne CO2.

Für 2009 ist eine Abgabe von 24 Fr. pro Tonne CO2 vorgesehen, 2010 soll sie 36 Fr. pro Tonne CO2 betragen.

Der Klimarappen ist eine freiwillige Abgabe der Wirtschaft auf Benzin und Diesel. In Kraft getreten ist auch die obligatorische Steuer auf fossilen Brennstoffen wie Heizöl und Gas.

Die Regierung hat im Februar angekündigt, zurzeit auf die Einführung einer CO2-Steuer auf Benzin und Diesel zu verzichten.

Weiter besteht ein Handel mit Emissionszertifikaten: Länder und Unternehmen, die ihren Ausstoss an klimaschädigendem CO2 verringert haben, können auf dem Markt Zertifikate anbieten.

Wer die Reduktionsziele noch nicht erreicht hat, kann diese “Rechte auf Verschmutzung” kaufen.

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SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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