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Wissenschafter präsentieren ehrgeiziges CO2-Ziel

Keystone

Um der globalen Klimaerwärmung Einhalt zu gebieten, darf jeder Erdenbürger gemäss Forschern der ETH Zürich nicht mehr als eine Tonne CO-2-Emissionen pro Jahr verursachen.

Das Ziel ist ehrgeizig: Heute liegt der CO2-Ausstoss pro Kopf in der Schweiz bei 9 Tonnen, im globalen Durchschnitt bei etwa der Hälfte davon. Trotzdem ist das Ziel nach Berechnungen der ETH erreichbar.

“Das vorrangige Ziel ist die Verringerung der CO2-Emissionen. Dies ist möglich mit Hilfe von erneuerbaren Energien. Deshalb ist kohlenstofffreie Energie wichtig und nicht der Konsumverzicht per se”, sagt Ralph Eichler, Präsident des Energy Science Center der ETH Zürich

Massiv gesenkt werden können die CO2-Emissionen mit einer auf drei Pfeilern beruhenden Energiestrategie.

Die von ETH-Forscherinnen und -Forschern entwickelte Strategie beinhaltet einerseits eine Effizienzsteigerung bei der Nutzung von Energie und anderseits eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger.

Überbrückungszeit

“Erneuerbare Energien sind aber nicht sehr zuverlässig, weil man sie nicht speichern kann”, sagt Konstantinos Boulouchos, Mitglied des Lenkungsausschusses des Institus.

“Wir hoffen, dass in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts erneuerbare Energien dominieren werden. Wir müssen die Zeit bis dahin überbrücken. So werden fossile oder nukleare Kraftwerke wahrscheinlich für die nächsten 30 bis 50 Jahre eine Zwischenlösung sein.”

Marktwirtschaft und Elektrifizierung

Um das vorhandene Energiesparpotenzial noch zu verstärken, werden auch marktwirtschaftliche Anreize zur Steuerung der Energienachfrage in Betracht gezogen.

Der dritte Pfeiler der Energiestrategie ist die Elektrifizierung des Energiesystems. Elektrizität sei CO2-arm und eigne sich daher als Rückgrat eines nachhaltigen Energiesystems.

Grosses Zukunftspotential

ETH-Forschung mit grossem Zukunftspotenzial findet auf dem Gebiet der Gebäudetechnik statt. Nicht nur bei der Heizung und Kühlung von Gebäuden finde Strom immer mehr Berücksichtigung, längerfristig werde dies auch vermehrt im Verkehr der Fall sein.

Bereits vorhandene Technologien erlaubten es, CO2-emittierende Heizungs- und Warmwasseraufbereitungsanlagen zu ersetzen. So kann man neuartige Wandisolationen mit einer Wärmepumpe kombinieren, welche erneuerbare Gratisenergie aus dem Boden liefert.

Günstigere Sanierungen

In fünf bis sechs Jahren werde man so weit sein, die notwendigen Systeme wie etwa Erdsonde und Wärmepumpe industriell zu produzieren, so dass die Kosten für die Sanierung einer Vierzimmerwohnung in den Bereich eines Mittelklassewagens rückten.

Da die Umstellung des gesamten Energiesystems mehrere Jahrzehnte dauern wird, sei es wichtig, heute damit zu beginnen. Ausserdem gelte es, auch in den Schwellenländern eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen.

Interdisziplinäre Forschung

Das Energy Science Center der ETH Zürich ist ein departementsübergreifendes Kompetenzzentrum mit mehr als 40 Forschungsgruppen. Diese befassen sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der CO2-Problematik.

So werden etwa am Institut für Verfahrenstechnik Möglichkeiten erforscht, wie das Kohlenstoffdioxid in fossilen Kraftwerken abgeschieden, in stabile Substanzen eingebunden und sicher gelagert werden könnte.

Die Professur für Leistungselektronik und Messtechnik wiederum entwickelt Komponenten für Hybrid-Fahrzeuge, und am Institut für Hochbautechnik geht es um die Nutzung von Erdenergie für Privathaushalte.

swissinfo und Agenturen

Das Kyoto-Protokoll wurde 1997 von über 170 Nationen unterzeichnet oder ratifiziert. Mit diesem Abkommen haben sich bisher 36 Industrieländer verpflichtet, bis 2010 den Ausstoss der Treibhausgase um rund 5% zu senken.

Da über 80% der schweizerischen Treibhausgas-Emissionen auf CO2 entfallen, hat die Schweiz ein spezifisches Reduktionsziel für dieses Gas festgelegt. Bis 2010 muss der Ausstoss gegenüber 1990 um 10% verringert werden.

Das Parlament hat den Grundsatz einer CO2-Steuer akzeptiert. Falls die Reduktionsziele nicht erreicht werden, beträgt sie 2008 12 Fr. pro Tonne CO2.

Für 2009 ist eine Abgabe von 24 Fr. pro Tonne CO2 vorgesehen, 2010 soll sie 36 Fr. pro Tonne CO2 betragen.

Der Klimarappen ist eine freiwillige Abgabe der Wirtschaft auf Benzin und Diesel. In Kraft getreten ist auch die obligatorische Steuer auf fossilen Brennstoffen wie Heizöl und Gas.

Die Regierung hat letzte Woche angekündigt, zurzeit auf die Einführung einer CO2-Steuer auf Benzin und Diesel zu verzichten.

Weiter besteht ein Handel mit Emissionszertifikaten: Länder und Unternehmen, die ihren Ausstoss an klimaschädigendem CO2 verringert haben, können auf dem Markt Zertifikate anbieten.

Wer die Reduktionsziele noch nicht erreicht hat, kann diese “Rechte auf Verschmutzung” kaufen.

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