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Ein stimulierendes Erlebnis

Liliane Maury Pasquier und Daniel Bolomey: Zwei Schweizer Delegierte sind bereit, die Vorschläge des Forums umzusetzen. swissinfo.ch

Interessant, bewegend und nützlich: Die Schweizer Delegation lobt das 5. Welt-Sozialforum, das am Montag zu Ende ging.

Ab nächstem Jahr findet der Anlass nicht mehr in Brasilien statt. Die Antiglobalisierungs-Bewegung will sich damit neue Horizonte erschliessen.

“Dieses Forum setzt viel Energie frei. Was wir hier erlebt haben ist sehr wichtig für unsere Rückkehr in die Schweiz. Wir wissen, dass wir uns für Anliegen engagieren, die von zehntausenden Menschen getragen werden,” erklärt Liliane Maury Pasquier, Genfer Vertreterin der Sozialdemokratischen Partei (SP) im Nationalrat.

Obwohl sie wisse, dass ihre Vorschläge wenig Chancen hätten, werde sie sich mit neuem Schwung für die Entwicklungshilfe und für ein stärkeres Engagement der Schweiz bei der Reduktion der Schulden der ärmsten Länder einsetzen, sagt Maury Pasquier gegenüber swissinfo.

Auch Daniel Bolomey, Generalsekretär von Amnesty International Schweiz, zieht eine positive Bilanz. Er schlug vor, dass sich die Schweizer Delegationen in zwei Monaten wieder treffen, um ihre Erfahrungen vom Forum auszutauschen. “Das Forum ist riesig gross und die Delegierten sind an verschiedene Orte zurückgekehrt. Für unsere tägliche Arbeit wäre ein solcher Austausch wichtig.”

Die Realität vor Ort

Neben dem Forum waren die Schweizer Delegationen auch stark beeindruckt von dem Programm während der ersten drei Tage ihres Aufenthalts in Brasilien, das von “E-Changer” und der Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke organisiert worden war.

Die Besuche bei den Bäuerinnen der Landlosen-Bewegung, dem Kontinental-Kongress der “Catadores” und der Vereinigung der Strassenwischer Lateinamerikas, bot den Schweizer Delegationen die Gelegenheit, die Realität des sozialen Kampfes auf einem Kontinent zu beobachten, wo der Unterschied zwischen Arm und Reich noch unüberwindbar scheint.

Ebenfalls beeindruckt zeigten sich die Schweizerinnen und Schweizer von ihren Gesprächspartnern, die sie dort trafen, wie Frei Betto und Leonardo Boff, zwei der zentrale Figuren der Befreiungstheologie.

Oder Chico Whitacker, Mitglied des Internationalen Rats des Welt-Sozialforums, der die Schweizer daran erinnerte, dass dieses grosse Treffen allem voran ein Ideen-Lieferant sei und der Zivilgesellschaft darüber hinaus eine Gelegenheit biete, ihre Macht zu zeigen.

Als Beispiel zitierte Whitacker die Manifestationen vom 15. Februar 2003 gegen einen Krieg im Irak. Diese Idee war am Europäischen Sozialforum in Florenz entwickelt worden. In Porto Alegre wurde sie dann aufgenommen und übers Internet schliesslich in der ganzen Welt verbreitet.

Ein Manifest für alle

Ihre Stärke soll die Zivilgesellschaft im nächsten Jahr in drei regionalen Foren demonstrieren.

Über 80% der Teilnehmenden in Porto Alegre stammten aus dem Gastland Brasilien selbst. Ein ähnliches Bild hatte sich auch am vorletzten Welt-Sozialforum in Bombay ergeben. Nun will die Antiglobalisierungs-Bewegung ihre Idee auf verschiedenen Kontinenten gleichzeitig testen.

Für die Foren 2006 stehen Marokko, Süd-Korea und Venezuela zur Diskussion. Im Jahr darauf ist ein Welt-Sozialforum in Afrika geplant.

Der Antiglobalisierungs-Bewegung wird oft vorgeworfen, dass sie keine konkreten Schritte vorschlage. Um diesen kritischen Stimmen zu begegnen, haben neunzehn Intellektuelle, unter ihnen Frei Betto, Ignacio Ramonet und Riccardo Petrella, am letzten Samstag zwölf Vorschläge für eine andere Welt unter dem Namen “Manifest von Porto Alegre” veröffentlicht.

Das Manifest wurde zwar nicht offiziell vom Welt-Sozialforum abgesegnet, die Autoren glauben jedoch, in dessen Geist gehandelt zu haben. Ihr Papier enthält ein Programm für eine Utopie des 21. Jahrhunderts.

swissinfo, Marc-André Miserez, Porto Alegre
(Übertragung aus dem Französischen: Nicole Aeby)

Das Welt-Sozialforum in Porto Alegre ist am Montag zu Ende gegangen.

Die 5. Ausgabe der Veranstaltung, verzeichnete während 6 Tagen über 100’000 Teilnehmende und erzielte damit einen Publikumsrekord.

Am Forum organisierten sich über 2000 Arbeitsgruppen zu globalen und regionalen Problemen.

Die Schweiz war in Porto Alegre 2005 mit der grössten Delegation seit Bestehen des Welt-Sozialforums vertreten.

Der 50er-Delegation gehörten 6 Abgeordnete des Parlaments an, die Co-Präsidentin der SP-Frauen, 7 Gewerkschafter, 15 NGO-Vertreter, 3 Vertreter der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und 12 Medienschaffende.

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