Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Erdöl-Boom soll der Entwicklung Afrikas dienen

Entwicklungsprojekte der Erdölfirmen fallen oft korrupten Beamten zum Opfer. Keystone

An einer internationalen Konferenz in Genf wurde offengelegt, warum Afrikas Erdöl-Boom Millionen von Menschen nicht aus der Armut hilft: wegen Korruption und schlechter Regierungsführung.

Aktivisten pochen auf neue internationale Regeln, um transparente Strukturen und neue Jobs zu schaffen, damit auch die Ärmsten von den finanziellen Auswirkungen profitieren können.

Für Caroline Morel, Direktorin von Swissaid, ist die Frage, wie die afrikanischen Einkommen aus dem Verkauf von Erdöl verteilt werden, von “globaler Bedeutung”.

Das Hilfswerk Swissaid war Organisatorin der Konferenz, unterstützt von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), dem Genfer “Business and Society Research Centre” und der Internationalen Arbeits-Organisation (ILO).

“Wir müssen neue Wege finden, dass die bestehenden und neuen Möglichkeiten für afrikanische Nationen im Zusammenhang mit ihrem Erdöl zu besseren Lebensbedingungen für die Menschen führen und zu einer nachhaltigen Entwicklung des Landes beitragen”, sagte sie gegenüber swissinfo.

Laut Conrad Gerber, Direktor von Petro-Logistics in Genf, liegt das Versagen der afrikanischen Erdölproduzenten im Kampf gegen die arabischen Staaten nicht an fehlenden Ressourcen.

Bahrain, Dubai, Katar und Oman würden wesentlich weniger Erdöl fördern als Angola mit 1,2 Millionen Barrel pro Tag.

Schwarzes Gold

Afrika sei ein Eldorado für jene, die auf der Suche nach dem “schwarzen Gold” seien, sagte Gerber, dessen Firma Daten über die weltweiten Erdölreserven sammelt und analysiert.

Doch er fragte sich, was mit den rund 311 Mio. Franken geschieht, die Erdöl und Gas in Afrika täglich generieren. Er vermutet, dass ein Grossteil dieser Gelder in den Taschen von Regierungsvertretern verschwindet. “Das Problem ist akut und gehört auf den Tisch.”

Als eine “verpasste Chance” beschreibt Elisabeth Tinoco, leitende Angestellte der Internationalen Arbeits-Organisation (ILO) in Genf, das Versagen Afrikas, die Erdölgewinne gegen Arbeitslosigkeit und Armut einzusetzen.

Die Arbeitslosenquoten des Kontinents zeigten keine Zeichen von Besserung, namentlich bei jüngeren Personen. Laut der ILO liegt die Quote in Ländern südlich der Sahara bei 18% und jedes Jahr würden 8 Millionen neue Stellen benötigt, um mit dem Wachstum der arbeitsfähigen Bevölkerung mitzuhalten.

“Leider werden die Möglichkeiten für eine gerechte und nachhaltige Entwicklung im Umfeld der Erdölindustrie in vielen Fällen verpasst”, sagte sie.

Mehr

Mehr

Deza

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) ist die Agentur für internationale Zusammenarbeit im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Sie ist Teil der Schweizer Behörden (Verwaltung) und zuständig für die Gesamtkoordination der Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit mit andern Bundesämtern sowie für die humanitäre Hilfe der Schweiz.

Mehr Deza

Weniger Armut

An der Konferenz wurde am Beispiel Tschads gezeigt, wie es funktionieren könnte. Dort war Swissaid während Jahren aktiv und unterstützte die Zivilgesellschaft in ihrem Kampf, damit die Einkommen aus dem Erdölgeschäft auch der Reduktion der Armut zu Gute kommen.

Ihre Anstrengungen wurden 2000 gekrönt mit einem bahnbrechenden Abkommen zwischen Tschad und der Weltbank, worin sich die Regierung zu mehr Transparenz und ehrlicher Geschäftsführung beim Einsatz der Einkommen aus dem Erdölgeschäft verpflichtete.

Doch laut Gilbert Maoundonodji, Koordinator einer tschadischen Nichtregierungs-Organisation, welche die Auswirkungen der Erdölproduktion beobachtet, haben sich die Hoffnungen nun aufgelöst.

Anfang Jahr habe das Land ein neues Gesetz verabschiedet, welches ihm einen Grossteil der Geldmittel zuschiesst, die für Gesundheit und Erziehung vorgesehen wären.

“Die Situation in Tschad ist sehr kompliziert”, gab Swissaid-Sprecherin Catherine Morand zu. “Im Bereich Erdöl haben wir einige Rückschläge hinnehmen müssen.”

swissinfo, Adam Beaumont, Genf
(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

“Erdöl und Afrika: Fluch oder Segen? – Wie die Länder der Subsahara vom Erdölboom profitieren können”, war das Thema der Swissaid-Konferenz vom Donnertag in Genf.

Die Veranstaltung wurde von der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), dem Genfer “Business and Society Research Centre” und der Internationalen Arbeits-Organisation (ILO) unterstützt.

Anwesend waren rund 200 Vertreterinnen und Vertreter erdölproduzierender Länder, afrikanischer Regierungen, internationaler Organisationen und der Zivilgesellschaft.

Laut den Organisatoren haben Erdölfirmen ein Angebot zur Teilnahme ausgeschlagen.

Zahlen von Petro-Logistics, Genf:
Die afrikanische Erdöl-Produktion konzentriert sich auf den Golf von Guinea und Nordafrika.
Zu den aufsteigenden erdölproduzierenden Ländern gehören Uganda und Madagaskar.
Afrika fördert täglich rund 10 Mio. Barrel Erdöl.
Das entspricht knapp 12% der weltweiten Produktion.
Rund 250 Erdölfirmen fördern und produzieren in Afrika, Anzahl steigend.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft