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Fakten deuten auf CIA-Gefängnisse hin

Dick Marty, FDP-Ständerat und Europarat-Abgeordneter, stellt den Bericht über die CIA-Gefängnisse vor. Keystone

Der Schweizer Europarat-Abgeordnete Dick Marty, der über angebliche geheime CIA-Gefängnisse ermittelt, spricht von offenbar ungesetzlich entführten Personen.

Marty sagte in Paris vor einer Kommission des Europarates, er bedauere, dass die Regierung der USA “keine Informationen und Erklärungen” geliefert hätte.

In der Affäre um angebliche CIA-Geheimgefängnisse in Europa hat sich der Verdacht nach Angaben des Europarates erhärtet.

Laufende Ermittlungen in einigen Ländern deuteten darauf hin, dass der Geheimdienst der USA Menschen entführt und in andere Länder gebracht habe, ohne ihnen juristischen Beistand zu gewähren, hiess es in einer am Dienstag in Paris verbreiteten Erklärung von Dick Marty.

Der vom Europarat mit den Ermittlungen beauftragte Schweizer Ständerat Dick Marty sagte am Dienstag in Paris: “Nach dem aktuellen Stand der Untersuchungen können wir zwar noch nicht bestätigen, dass sich einzelne Mitgliedsländer aktiv an den illegalen Handlungen beteiligt oder sie geduldet haben.”

Auch Rice lieferte keine Erklärung

Es gebe aber eine deutliche Übereinstimmung zwischen den ursprünglichen Vorwürfen und den Ergebnissen seiner Nachforschungen. Deshalb müssten die Untersuchungen weiter vertieft werden.

Bislang gesammelte Informationen stärkten “die Glaubwürdigkeit der Anschuldigungen über den Transport und die vorübergehende Festnahme von Personen ausserhalb jedes juristischen Verfahrens in europäischen Ländern”, sagte Marty.

Die entsprechenden Anschuldigungen seien “von den Vereinigten Staaten niemals förmlich dementiert worden”, betonte Marty. Auch die Europa-Reise von US-Aussenministerin Condoleezza Rice in der vergangenen Woche habe keine “Information und Erklärung” dazu geliefert, klagte der Ständerat.

Die Wahrheit suchen

Marty drängte alle 45 Mitgliedstaaten des Europarates, sich in der Frage möglicher Flüge und Überflüge ihrer Hoheitsgebiete von Flugzeugen mit Geheimgefangenen an Bord in den vergangenen Jahren vollständig für die “Wahrheitssuche” einzusetzen.

Ständerat Marty weilte in der französischen Hauptstadt, um dem Rechtsausschuss des Europarates einen ersten Bericht über seine Untersuchungen zu erstatten.

Seine Ermittlungen fussen auf einer Dokumentation der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch über Gefangenentransporte und Geheimgefängnisse der CIA in Europa.

Die Organisation hat Polen und Rumänien als mögliche Standortländer für die Gefängnisse genannt. Beide Länder haben eine Verwicklung jedoch dementiert.

EU und IKRK wollen untersuchen

Bereits Anfang November hatte der Kommissar für Menschenrechte des Europarates die mögliche Existenz solcher Geheimgefängnisse als “sehr beunruhigend” bezeichnet und gefordert, dass die Medieninformationen gründlich untersucht werden.

Geheime Haftanstalten würden der Europäischen Konvention für Menschenrechte widersprechen, über die der Europarat wacht.

Sowohl die Europäische Union als auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) kündigten damals Untersuchungen an.

swissinfo und Agenturen

Am 2. November berichtete die “Washington Post”, dass die USA in Osteuropa Gefangenenlager “im Sowjetstil” aufgebaut habe, um Terror-Verdächtige zu verhören.

US-Aussenministerin Condoleezza Rice bezeichnete die Transporte von mutmasslichen Terroristen als “Interpretationen”.

Letzte Woche bestätigte das Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt, dass ein Jet des US-Geheimdienstes CIA, der vermutlich politische Gefangene transportierte, insgesamt 19 Mal die Schweiz überflogen hat.

Der Europarat wurde 1949 gegründet.

Er ist die älteste zwischenstaatliche Institution Europas und hat seinen Sitz in Strassburg (Frankreich).

Der Europarat umfasst 46 Länder, darunter die Schweiz.

Er unterscheidet sich von der Europäischen Union der “25”.

Kein Land ist bisher der Union beigetreten, ohne zuvor Mitglied des Europarates zu sein.

Die Hauptziele des Europarates sind die Sicherstellung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit sowie der Schutz der parlamentarischen Demokratie.

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