Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Kein Bundesgeld für Swiss

Swiss erhält keinen Rabatt auf Flugbenzin. Keystone

Die Schweizer Regierung bekräftigt ihren Entschluss, dass die schlingernde Fluggesellschaft Swiss keine Staatshilfe erhalten soll.

Damit machte der Bundesrat klar: Die Swiss muss sich aus eigener Kraft behaupten.

Die Fluggesellschaft Swiss kommt nicht aus den Schlagzeilen. Nach einem offenen Schlagabtausch zwischen Fluggesellschaft und Banken in den Medien hatte die Schweiz gespannt auf die Stellungnahme des Bundesrates gewartet.

Verkehrsminister Moritz Leuenberger betonte, dass der Bundesrat an einer heimischen Fluggesellschaft mit interkontinentalen Direktflügen interessiert sei. “Wir wollen das auch unterstützen. Die Frage ist nur, wie?”, sagte er gegenüber swissinfo.

Kein Geld, sondern Sparmassnahmen der Swiss

Jedenfalls nicht mit einer Finanzspritze, so Leuenberger. “Die Swiss muss sich aus eigener Kraft behaupten.” Der Bund sei der Fluggesellschaft schon in vielen Punkten entgegengekommen.

Leuenberger nannte als Beispiel: “Wir bewilligen Flughafengebühren nicht im Sinne des Flughafens, sondern kommen hier der Swiss entgegen.” Und: “Der Bundesrat fliegt Swiss – und bezahlt für seine Flüge.”

Der Bund erwarte von der Swiss, dass sie sämtliche “für die angestrebte Rentabilität notwendigen Massnahmen” treffe, sagte Leuenberger am Mittwoch nach der Aussprache der Landesregierung. Hierzu seien verschiedene Szenarien denkbar.

Theoretisch auch das Aus

Denkbar seien Allianzen mit anderen Airlines, ein Abbau von Flotte und Personal, ein Kapitalschnitt, neue Eigentumsstrukturen – und “rein theoretisch auch das Aus der Swiss”.

Die Lage der Swiss sei aber nicht vergleichbar mit jener der Swissair im Jahr 2001. Leuenberger: “Zu einem Grounding wie damals wird es sicher nicht kommen.”

Die Strukturen seien entflochten, die Transparenz besser, und über die Liquiditätsplanung der Swiss bestehe jederzeit Klarheit. Das Klumpenrisiko sei mit der Entflechtung des Organigramms der SAir-Group reduziert worden.

Hohe Erwartungen

Vom Bundesrat erwartete Konzernchef André Dosé nicht Geld, sondern “gleich lange Spiesse im Konkurrenzkampf” mit den EU-Fluglinien. Tiefere Gebühren und eine Entlastung bei den Kosten würden schon helfen.

Konkret verlangte Dosé tiefere Gebühren der Flughäfen, den Verzicht auf die beschlossene Erhöhung der Gebühren der Flugsicherung Skyguide, eine Reduktion der Steuern auf dem Treibstoff sowie Erleichterungen bei den Versicherungsprämien.

Bei den Versicherungsgebühren und den Flughafengebühren gehe es um rund 100 Mio. Franken. Bei Skyguide könnte ein zweistelliger Millionenbetrag eingespart werden (laut Leuenberger 7 Mio. Franken) und bei den Treibstoffsteuern lägen rund 50 Mio. Franken drin.

Keine Steuererleichterungen

Dazu Leuenberger: “Wir können nicht zulassen, dass wir diesem Unternehmen Steuererleichterungen geben und andern Unternehmen nicht. Sonst kommt plötzlich Jeder.”

Ins operative Geschäft dürfe sich der Staat nicht einmischen. Der Bundesrat sei aber sehr darum bemüht, gute Rahmenbedingungen für die Swiss zu schaffen. Mit den Bundesräten Leuenberger, Villiger und Deiss wurde dafür ein Dreier-Gremium eingesetzt.

Der Bundesrat habe auch keinen Grund, der Swiss-Führung das Vertrauen nicht auszusprechen. Verkehrsminister Leuenberger: “Die Lage macht allen Airlines zu schaffen.”

Swiss baut ab

Die Swiss hat bereits über 1000 Stellen gestrichen und ihre Flotte um 20 Flugzeuge auf 112 verkleinert. Pro Tag fliegt die Swiss derzeit gemäss Medienberichten einen Verlust von gegen drei Millionen Franken ein.

Am kommenden Wochenende streicht die Swiss 48 Flüge in Europa. Der Grund: Ein Rückgang der Nachfrage. Am stärksten betroffen sind Destinationen in Deutschland.

Am Dienstag hatte Konzernchef André Dosé die beiden Banken UBS und CS beschuldigt, sie hätten eine Kreditzusage über 500 Mio. Franken nicht verlängert.

Am gleichen Abend dann musste er einräumen, dass die Swiss selber die Kreditlinie gekündigt hatte. Man habe im ersten Halbjahr 2002 nicht damit gerechnet, noch so viel Geld zu benötigen. Die Wirtschaftskrise, der Irak-Krieg und SARS hätten die Situation seither grundlegend geändert.

Daher seien die beiden Banken verpflichtet, die Kreditzusage “im Sinn und Geist der Grundsatzvereinbarung” nach wie vor zu gewähren, wie die Swiss mitteilte.

Genug Geld bis Ende Jahr

Die Swiss habe noch genügend liquide Mittel bis Ende Jahr, bekräftigte Dosé. Die Airline müsse sich aber auf den “Worst Case” vorbereiten. Allein die Lungenkrankheit SARS habe in den letzten Monaten zu Verlusten zwischen 30 und 40 Mio. Franken pro Monat geführt.

Swiss verbuchte 2002 einen Verlust von 980 Mio. Fr. und rechnet auch dieses Jahr mit roten Zahlen. 2004 allerdings soll laut Dosé erstmals ein ausgeglichenes Ergebnis erreicht werden.

Der Bund ist mit 600 Mio. Fr. oder 19% des Aktienkapitals zwar grösster Aktionär bei der Swiss. Bundesrat Villiger betonte aber, dass sich der Bund auch bei Betrieben mit grösserer Beteiligung (Post, Swisscom) nicht in die operativen Belange einmische.

EU-Länder zurückhaltend

Zurückhaltend mit finanzieller Unterstützung ihrer Fluggesellschaften reagieren auch die Länder in der Europäischen Union. Zwar erlaubt die EU Beiträge in “ausserordentlichen Umständen”, so beispielsweise nach dem 11. September 2001. Doch waren bis tief in die neunziger Jahre Begünstigung und Subventionierung der eigenen National Carrier gerade in Südeuropa gang und gäbe.

In der jetzigen Situation hat die EU-Kommission massive Hilfe verweigert. Doch kleinere Unterstützungs-Massnahmen würden “wohlwollend geprüft”, so die Kommission. Was das in den einzelnen Fällen genau bedeutet, wird in der Schweiz aufmerksam verfolgt.

Mit Spannung wird nun der auf Anfang Mai in Aussicht gestellte neue Businessplan der Swiss erwartet. Dabei werde auch vor Tabus nicht Halt gemacht, sagte Swiss-Sprecher Dominik Werner, gab aber keine Details bekannt.

swissinfo, Christian Raaflaub

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft