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Förderung von Eigentum oder Ungerechtigkeit?

Für viele ein Traum: das Eigenheim. Keystone

Am 11. März stimmen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die so genannte Bauspar-Initiative ab. Zur Diskussion stehen steuerliche Vorteile, wenn für den Erwerb eines Eigenheims zur Eigennutzung gespart wird.

Die Volksinitiative wurde von der Schweizerischen Gesellschaft zur Förderung des Bausparens (SGFB) lanciert. Die Initiative fordert ein steuerlich begünstigtes Bausparen zum Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum und zur Finanzierung von baulichen Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen.

Die Befürworter dieser Initiative sind der Meinung, dass die steuerliche Entlastung durch Bausparen vor allem der Mittelschicht helfen wird, den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen.

Die Gegner der Bauspar-Initiative vertreten die Meinung, dass diese nur einer Minderheit zu Gute kommt, die sowieso schon in der Lage ist, ein Eigenheim zu erwerben. Die wirklich einkommensschwachen Schichten könnten davon nicht profitieren.

Die Schweiz hat eine der tiefsten Wohneigentümerquoten Europas. Gemäss einer Statistik des Bundesamtes für Wohnungswesen (BWO) aus dem Jahr 2008 verfügen nur 39 Prozent der Schweizer über ein Eigenheim. In Frankreich sind es 56 Prozent, in Grossbritannien sogar 69 Prozent.

Quote steigt

Gemäss einem BWO-Sprecher geht man davon aus, dass die Quote inzwischen 40 bis 41 Prozent erreicht hat. Sie erreicht sogar 45,7 Prozent, wenn auch Personen mitgezählt werden, die in einer Wohnung leben, die einem Familienmitglied gehört.

Eine Studie des Bundesamtes für Wohnungswesen aus dem Jahr 2005 eruierte diverse Gründe für die niedrige Wohneigentümerquote in der Schweiz. Zum einen ist der Markt für Investoren recht interessant, da Miethäuser langfristig rentabel sind. Zum anderen sind die Durchschnittsmieten mit rund 20 Prozent des Haushaltseinkommens (vor Steuern) erschwinglich.

Pro und contra

Die Initiative, über welche im März abgestimmt wird, sieht Befreiungen von der Einkommens- und Vermögenssteuer für Bausparbeträge bis zu maximal 15’000 Franken jährlich vor.

Die Initiative wird von den bürgerlichen Parteien unterstützt. Sie sehen darin eine Erfüllung des Verfassungsauftrags, wonach der Erwerb von Wohneigentum unterstützt werden muss. Von Seiten der Regierung und des Parlaments gibt es indessen keine Abstimmungsempfehlung.

Steigende Immobilienpreise?

Pavlo Stathakis, Anwalt beim Hauseigentümerverband Schweiz (HEV), ist überzeugt, dass das Sparmodell auch der Baubranche helfen dürfte. So würden Arbeitsplätze geschaffen, was  auch die Steuereinnahmen der Kantone erhöhen würde.

Die Gegner der Bausparinitiative, die Sozialdemokraten und die Grünen, sind überzeugt, dass die Massnahmen gerade einkommensschwachen Schichten kaum zu einem Eigenheim verhelfen. Sie befürchten umgekehrt, dass die Immobilienpreise steigen werden.

“Das hat mit Familienfreundlichkeit nichts zu tun: Dieses Projekt wird einigen vermögenden Steuerzahlern erlauben, ihre Steuerpflichten zu umgehen“, sagte SP-Präsident Christian Levrat: “Diese Mittel verstossen gegen das Verfassungsprinzip der Steuergleichheit; eine Minderheit profitiert zu Lasten der ganzen Bevölkerung.“

Stathakis hält nichts von dieser Argumentation: “Personen mit hohen Einkommen sind schon längst Eigenheimbesitzer. Die Initiative ist nicht für Leute gedacht, die eine Zweitwohnung in St. Moritz, sondern nur für solche, die ein Eigenheim zur eigenen Nutzung kaufen wollen.“

Baselland als Vorreiter

Stathakis verweist auf den Kanton Baselland, wo ein ähnliches Bausparmodell bereits seit gut 10 Jahren existiert. Seiner Meinung nach kommt jeder Sparanreiz natürlich auch Personen zu Gute, die dies nicht nötig hätten. Doch unter dem Strich profitierte vor allem die Mittelschicht.

Die Gegner der Vorlage erwidern, dass sich in Baselland die Hauseigentümerquote bis heute nicht substantiell von anderen Kantonen unterscheide. Zudem wird darauf hingewiesen, dass in der Schweiz auch Ersparnisse aus der Altersversicherung für den Hauserwerb eingesetzt werden können.

Die Bauspar-Initiative verlangt die Einführung eines steuerbegünstigten Bausparmodells für selbst genutztes Wohneigentum.

Zudem soll ein Energiespar-Bausparen möglich sein, das steuerbegünstigtes Ansparen von Investitionskapital für energiesparende Sanierungsmassnahmen eines Eigenheims ermöglicht.

Die Initiative bezieht sich auf Eigenheime (Häuser) genauso wie auf Wohnungen.(Stockwerkeigentum).

Bausparende könnten demnach pro Jahr maximal 15’000 Franken auf ein Bauspar-Konto einzahlen (Ehepaare doppelter Betrag).

Die Spardauer beträgt maximal 10 Jahre. Für diese Beträge würde weder Einkommens- noch Vermögenssteuer, auch nicht auf die Zinserträge, bezahlt.

Der steuerfreie Sparbetrag würde nur 5000 Franken betragen, wenn er für energiesparende und umweltschonende Renovationen vorgesehen ist.

In der Schweiz liegt die Wohneigentümerquote traditionell tiefer als in den Nachbarländern Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien.

Wohneigentümerquote in der Schweiz:

1960: 33,7 %

1970: 28,5 %

1980: 30,1 %

1990: 31,3 %

2000: 34,6 %

2011: 40 % (Schätzung)

Quelle: Bundesamt für Wohnungswesen

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