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Gemeinsam für den Service Public

"Jetzt reichts: Zeigt den Kaputtsparern die Rote Karte." Keystone

Über 10'000 Staatsangestellte haben am Donnerstag in verschiedenen Schweizer Städten gegen die Sparmassnahmen der öffentlichen Hand protestiert.

Die Reform der öffentlichen Dienste liegt weltweit im Trend.

Zum Protesttag gegen das “Kaputtsparen” hatten 17 Gewerkschaften und Berufsverbände aufgerufen, die insgesamt 330’000 Mitglieder vertreten.

Auslöser waren nach Angaben der Gewerkschaft vpod die von Bund, Kantonen und Gemeinden geplanten Abbauprogramme von über 9 Mrd. Franken.

Die Gewerkschaften befürchten, dass weitere Schliessungen von Poststellen, Bahnhöfen und Grenzübergängen drohen, aber auch die schleichende Einführung der
Zweiklassenmedizin, ein Abbau von Pflegeleistungen und Schulklassen sowie die Streichung von Verkehrsverbindungen in Randregionen.

Auf Resonanz stiess der Protesttag insbesondere in der Westschweiz. So gingen in Genf und Lausanne je rund 5000 Angestellte auf die Strasse.

In Genf fanden zudem Streikaktionen im öffentlichen Dienst statt. Im Spital von Delsberg legte das Personal eine Protestpause ein.

In Zürich sprachen die Organisatoren von über 1000 Teilnehmenden.

Historisches Bündnis

Es ist das erste Mal, dass die Gewerkschaften gemeinsam mobilisierten.

Mit dabei waren unter anderem der Personalverband des Bundes (PVB), die Gewerkschaften vpod und Transfair, der Zollverband Garanto und der Verband des Militärpersonals Swisspersona.

Druck auf öffentliche Hand

“Der Aktionstag sollte Druck nicht nur auf den Bund machen, sondern auch auf die Kantone und Gemeinden”, erklärte Rolf Zimmermann vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund gegenüber swissinfo.

“Die Aktionen waren auch ein Manifest gegen den Lohnabbau im öffentlichen Dienst, gegen grössere Schulklassen oder verschlechterte Pensionskassen-Leistungen.”

Der Service Public sei in jahrelanger Sparhysterie abgebaut worden, sagte Zimmermann. “Die grössten Probleme gibt es heute im Gesundheits- und Bildungswesen sowie im öffentlichen Dienst allgemein.”

Vom Bürger zum Kunden

“Auf allen Ebenen, egal ob beim Bund, den Kantonen oder in den Gemeinden, wird gespart. Überall in der Schweiz versuchen die öffentlichen Verwaltungen, sich zu reformieren”, erklärt Yves Emery, Professor am Hochschulinstitut für öffentliche Verwaltung in Lausanne (IDHEAP), gegenüber swissinfo.

“Für die einen handelt es sich dabei um eine positive Modernisierung, die andern sehen darin den Einzug merkantiler Prinzipien.”

Abbau im weltweiten Trend

Dass die Schweiz mit dem Abbau im öffentlichen Dienst nicht allein dasteht, erklärt auch Shizue Tomoda, Spezialistin für Service Public bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), einer Unterorganisation der Vereinten Nationen.

“In den letzten Jahren haben wir auf der ganzen Welt Reformen des öffentlichen Sektors beobachtet, auch mit Privatisierungen und Entlassungen. Die Schweiz ist sicher kein isolierter Fall”, sagt sie gegenüber swissinfo. Und: “Vom Abbau sind vor allem die Bürgerinnen und Bürger betroffen.”

Das betont auch Gewerkschafter Zimmermann, der grosse Unterstützung von der Bevölkerung spürt: “Das Volk hat sich im Mai deutlich gegen das Sparpaket ausgesprochen und gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger keinen Steuer-Abbau wollen, sondern einen funktionierenden Service Public.”

swissinfo und Agenturen

17 Gewerkschaften und Angestellten-Verbände vertreten rund 330’000 Angestellte des öffentlichen Dienstes.

Es ist das erste Mal, dass sich alle diese Gewerkschaften zu einem koordinierten Protesttag zusammen finden.

Bund, Kantone und Gemeinden wollen 9 Mrd. Franken in vier Jahren sparen. Rund 9000 Stellen sollen davon betroffen sein.

Wegen Teilzeit-Pensen gehen die Gewerkschaften davon aus, dass über 20’000 Personen betroffen sind.

Ein Bündnis von Gewerkschaften und Berufsverbänden des Service Public hat am Donnerstag gegen die Sparpläne von Bund, Kantonen und Gemeinden protestiert.

Den Verbänden geht der geplante Abbau von rund neun Mrd. Franken in vier Jahren im öffentlichen Dienst zu weit.

Damit werde der Bund zum “grössten Arbeitsplaz-Vernichter der Schweiz”.

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