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Schweizer Presse: U-21-Fussballer dürfen stolz sein

Trotz Finalniederlage in Dänemark gegen Spanien wurde die Schweizer U-21-Fussballnati in Zürich begeistert empfangen. Keystone

Der Tenor nach der Niederlage im Final der U-21-Fussball-EM ist einhellig: Das Schweizer Team hat in Dänemark einen hervorragenden Eindruck hinterlassen. Der Erfolg lasse sich aber nicht einfach so auf die Nationalmannschaft hochrechnen.

“Den Final verloren, die Herzen erobert”, “Stolz nach der Enttäuschung”, “Nun ist Geduld gefragt” oder “Lust auf mehr”, titeln die Schweizer Zeitungen am Montag nach der 0:2-Finalniederlage der Schweizer U-21-Fussballer gegen Spanien an der Europameisterschaft in Dänemark.

“Die Schweiz stellt die zweitbeste Nachwuchsmannschaft im europäischen Fussball”, schreibt der Kommentator der Basler Zeitung. “Das kann nur positiv gewertet werden, auch wenn die Spanier in Final der U-21-EM noch etwas reifer und stärker waren und damit vielleicht für leichte Ernüchterung gesorgt haben.”

“Am Ende, da waren sich alle einig, war es das korrekte Resultat”, schreibt auch der gemeinsame Kommentator von Der Bund und Tages-Anzeiger. “Die Schweizer, mit dem kühnen Ziel EM-Titel ins Turnier gegangen, zollten der Anstrengung während zweier Wochen Tribut und waren im Endspiel nicht mehr zu einer Leistung fähig, die hätte genügen können für den Sieg. Obendrein spielten sie gegen ein Spanien, das so reif und routiniert war wie selten eine Nachwuchsmannschaft zuvor auf dieser Stufe.”

Bis zuletzt habe die Schweizer Auswahl einen guten Eindruck hinterlassen, ist die Neue Zürcher Zeitung überzeugt. “Sie spielte einen erfrischenden, mutigen und optimistischen Fussball und liess ein klares Konzept erkennen. Dass die Spanier den Schweizern – und vielleicht mehr noch dem Schweizer Publikum – im fünften Turniermatch die Grenzen aufgezeigt haben, ist deshalb nicht als Unglück zu werten.”

Respekt

Auch in der Westschweiz sind die Kommentatoren Feuer und Flamme für diese U-21-Mannschaft: “Vier Siege ohne ein einziges Gegentor, zudem eine Silbermedaille sind die Früchte ihrer Arbeit, und ihr Geist hat das ganze Land verzaubert”, schreiben die Tribune de Genève und 24heures in ihrem gemeinsamen Kommentar.

“Durch ihre Auftritte haben die kleinen Schweizer die Begehrlichkeiten aller europäischen Klubs geweckt”, so Le Matin. “Sie haben auf jeden Fall bewiesen, dass der Schweizer Fussball schöne Zeiten vor sich hat.”

Auch der Corriere del Ticino ist überzeugt: “Die Silbermedaille ist eine (fast) sichere Investition in die Zukunft des Schweizer Fussballs.” Die grosse Herausforderung sei es nun, diese jungen Fussballer in die Nationalmannschaft zu führen.

Der zweite Platz an der U-21-EM und damit die erste Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele seit 84 Jahren, “das alles verdient Respekt”, so die Aargauer Zeitung. “Und es ist das Resultat einer Talentförderung, die in ganz Europa grosse Anerkennung geniesst. Seit 1994 hat der Schweizerische Fussballverband (SFV) seine Nachwuchsarbeit professionalisiert.”

“Locker bleiben”

Das Turnier habe gezeigt, wie breit der Nachwuchs der Schweiz mit Talenten besiedelt sei, so die Neue Luzerner Zeitung. “Die Stammspieler haben alle bewiesen, dass sie reif für die nächste Stufe sind.”

Dieser zweite Platz an einer EM sei sogar noch höher zu gewichten als der Weltmeistertitel der Schweizer U-17 Ende 2009, so der Kommentator der Basler Zeitung: “Ganz einfach deswegen, weil der Schritt von der U17 zur A-Nationalmannschaft um Vieles grösser ist als jener von der U21.”

Doch die Neue Zürcher Zeitung mahnt auch gleich davor, die Erwartungen jetzt nicht zu hoch zu hängen: Es wäre “verfehlt, die EM-Final-Teilnahme der U-21 einfach auf die A-Nationalmannschaft von Ottmar Hitzfeld hochzurechnen. Sollten Spieler wie etwa Shaqiri, Mehmedi oder Xhaka in den kommenden Jahren einmal zu Leistungsträgern in der A-Mannschaft werden, wäre dies bereits ein grosser Erfolg”.

Die Schweiz verfüge nun über Spieler mit Potenzial, “mehr nicht. Die U-21 ist nur die Saat. Wie sie gedeiht und blüht, hängt ab von Wind und Wetter, von Hege und Pflege”.

Auch Tages-Anzeiger und Der Bund sind überzeugt: Es sei “illusorisch, zu glauben, die EM-Zweiten würden nun in Windeseile die Hierarchien im A-Nationalteam sprengen”. Trainer Hitzfeld habe seine Mannschaft bereits verjüngt, ein “Totalumbruch” sei nicht nötig. “Mancher Spieler der U-21 braucht Geduld für den nächsten Schritt.”

Schweiz – Spanien 0:2 (0:1)

Aarhus. – 16’110 Zuschauer. – SR Tagliavento (IT). – Tore: 41. Herrera (Didac Vila) 0:1. 81. Alcantara (Freistoss) 0:2.

Schweiz: Sommer; Koch, Rossini, Klose, Berardi; Lustenberger; Shaqiri, Frei (54. Abrashi), Xhaka (67. Kasami), Emeghara (53. Gavranovic); Mehmedi.

Spanien: De Gea; Montoya, Botia, Dominguez, Didac Vila; Martinez; Mata, Herrera (90. Capel), Alcantara, Muniain (85. Parejo); Adrian (80. Jeffren).

Im Halbfinal hatte die Schweiz Tschechien mit 1:0 besiegt. Vorher hatte sie alle 3 Gruppenspiele gewonnen (1:0 gegen Dänemark, 2:0 gegen Island und 3:0 gegen Weissrussland) und wurde Gruppenerster.

Die Schweizer U21-Nationalmannschaft ist am Sonntagnachmittag in die Schweiz zurückgekehrt, wo sie in der Zürcher Innenstadt gefeiert wurde.

Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey hatte den jungen Fussballern bereits am Samstagabend in einem Brief zu ihrem Titel als Vize-Europameister gratuliert. In ihrem Brief, den das Aussendepartement EDA veröffentlicht hat, tröstet die Bundespräsidentin die Fussballer. Diese seien ob des verlorenen Finals bestimmt enttäuscht, sie selbst sei jedoch stolz auf sie und voller Bewunderung.

Die Mannschaft und ihr Trainer sowie die vielen freiwilligen Helfer hätten der Welt gezeigt, was möglich sei, wenn man zusammenstehe und zusammenarbeite statt Menschen auszuschliessen und an den Rand zu drängen. Die U21-Fussballer hätten die Farben der Schweiz in die Welt getragen und eine Botschaft der Toleranz und der Vielfalt verbreitet.

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