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Hagia Sophia: Berner entschlüsseln Konstruktion

Mit ihrer 56 Meter hohen Kuppel gilt die Hagia Sophia als achtes Weltwunder. Keystone

Fast 1500 Jahre wurde gerätselt, wie die riesige Kuppel der Hagia Sophia in Istanbul gebaut worden war. Berner Forscher fanden nun die Antwort.

Den Schlüssel lieferte eine neue, dreidimensionale Lasertechnologie, die eine neue Ausmessung des Raumes ermöglichte.

Die Kathedrale Hagia Sophia in Istanbul gilt als eines der kühnsten Bauwerke der Menschheit. Dies wegen des 56 Meter hohen Kuppelraums, der einen Durchmesser von 31 Meter aufweist.

Wegen dieser immensen, nahezu schwerelos über dem freien Hauptraum
schwebenden Kuppel galt die im Auftrag von Kaiser Justitian
errichtete Sophienkirche in der Spätantike als achtes Weltwunder. Sie gehört auch zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Jahrundertelange Fragen

1470 Jahre waren Fachleute trotz allem Grübeln nicht dahinter gekommen, wie die riesige Kuppel der Kathedrale gebaut worden war. Die Pläne für die Hagia Sophia stammten vom Mathematiker Anthemios von Tralles und vom Architekten und Statiker Isidoros von Milet. Sie waren nach der Errichtung der Kathedrale, die von 532 bis 537 nach Christus dauerte, für immer verschwunden.

Nun haben Wissenschafter der Universität Bern – der Professor für Architekturgeschichte und Denkmalpflege Volker Hoffmann, der Ingenieur Nikolas Theocharis und die Kunsthistorikerin Francine Giese – das Rätsel der Baukonstruktion der Kathedrale Hagia Sophia in Istanbul entschlüsselt.

Ptolemäische Grundlagen

Wie Hoffmann, Theocharis und Giese in dem vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützten Forschungsprojekt herausfanden, beruht der gesamte Entwurf der Hagia Sophia auf einem so genannten Analemma.

Das ist ein bereits von Ptolemäus beschriebenes Projektionsverfahren, bei welchem sich Quadrat und Kreis umfangen sowie dreidimensional als Würfel und Kugel durchdringen.

Hochkomplexe Analyse

Ihre Erkenntnis: Das Grundprinzip der Konstruktion sei eine schwer durchschaubare Kombination von Kreisen und Quadraten im zweidimensionalen Raum sowie von Kugeln und Würfeln im dreidimensionalen Raum.

Ermöglicht wurden die neuen Forschungen durch ein neues dreidimensionales Lasergerät, das die Firma Leica Geosystems entwickelt hat. Damit konnten Hoffmann, Professor für Kunstgeschichte an der an der Universität Bern, und sein kleines Team die Kathedrale auf eine neue Art ausmessen.

Die Forscher stellen einige ihrer ersten Laser-Auswertungen Mitte Juli in Istanbul am Kongress der Internationalen Gesellschaft für Photogrammetrie und Fernerkundung (ISPRS) erstmals vor.

Die Forschungen der Berner Wissenschafter sind aber noch nicht beendet. Nach Abschluss der Laserauswertungen wollen sie im nächsten Jahr die Resultate ihrer Untersuchungen in einer Ausstellung unter der Kuppel der Hagia Sophia präsentieren.

swissinfo und Agenturen

Die Hagia Sophia (“Heilige Weisheit”) wurde von 532 bis 537 n. Chr. erbaut.
Die ursprünglichen Pläne gelten als verschollen.
Wegen der gigantischen, 56 Meter hohen Kuppel galt die Kathedrale zeitweise als “achtes Weltwunder”.
Berner Forscher lösten jetzt das Rätsel um die Konstruktion.
Der Schlüssel ist ein ptolemäisches Projektionsverfahren.

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