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Internet ersetzt weder Arzt noch Apotheke

Nicht immer ist drin, was draufsteht: Medikamenten-Handel im Internet. Keystone

Wer im Internet Arzneimittel beziehe, riskiere seine Gesundheit. Diese Warnung hat das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic in einem neuen Leitfaden publiziert.

Bis 40’000 im Internet bestellte Medikamentensendungen gelangen jährlich in die Schweiz.

Gefälschte oder verfallene Medikamente, falsch deklarierte Wirkstoffe, Mogelpackungen: Mit diesen Unannehmlichkeiten kann konfrontiert werden, wer seine Medizin im Internet bestellt.

“Wer seine Arzneimittel im Internet bestellt, riskiert seine Gesundheit”, sagt Paul Dietschy, Leiter Medizinische Produkte bei Swissmedic, gegenüber swissinfo.

Auf eigenes Risiko

Wer sie einnehme, tue dies auf eigenes Risiko. “Wir können die Leute nicht daran hindern, aber wir können versuchen, sie zu informieren und zur Vorsicht zu mahnen.” Die Kur übers Internet sei nicht der “intelligente Weg”.

Die meist ausländischen Vertreiber könnten bei Mängeln nicht belangt werden. Zudem sei es eine Mär, dass die Präparate im Internet billiger seien als im legalen Handel.

Gerade die besonders gefragten Lifestyle-Medikamente wie Potenz- oder Schlankheitsmittel seien oft teurer.

“Normalerweise sind die Preise im Internet etwa gleich teuer wie in einer Schweizer Apotheke”, so Dietschy. “Dazu kommen noch Zoll und Porto.”

Bis 40’000 Sendungen jährlich

Trotzdem boomt der Online-Handel mit Medikamenten: Swissmedic schätzt, dass jährlich 20’000 bis 40’000 übers Internet bestellte Medikamentensendungen in die Schweiz gelangen. Es sei zwar schwierig abzuschätzen, zu wie vielen gesundheitlichen Vorfällen es dabei komme, sagt Dietschy. Aber etwa jede zweite Charge führe zu Problemen.

Rund 4000 bis 8000 Sendungen pro Jahr enthalten Schlaf-, Beruhigungs- oder Aufputschmittel, deren Import durch Private das Betäubungsmittelgesetz verbietet. Laut Swissmedic entdecken die Schweizer Zollbehörden Jahr für Jahr mehrere hundert verdächtige Arzneimittelsendungen.

Meist “nicht seriös”

Die Auswahl an medizinischer Information im Internet ist enorm: Laut Dietschy findet die Suchmaschine “Google” allein 11 Millionen Sites mit dem Stichwort “Viagra”. Die Zahl der Websites, die sich ganz Gesundheitsthemen widmen, schätzt Swissmedic auf weltweit mehrere 100’000. Der allergrösste Teil ist laut Dietschy “nicht seriös”.

Eine umfassende behördliche Kontrolle ist aber unmöglich: Swissmedic hat in der Regel keine Möglichkeiten, international gegen irreführende Websites vorzugehen, oder den Versandhandel per Internet zu verbieten. Dies ist nur in den seltenen Fällen möglich, in denen sich Server oder Versandhandel in der Schweiz befinden.

Neuer Leitfaden

Das Internet ist laut Swissmedic häufig auch ein schlechter Ratgeber bei gesundheitlichen Problemen: Die meisten Websites böten einseitige oder falsche Informationen an. Mit einem neuen Leitfaden will Swissmedic deshalb die Suche nach verlässlichen Informationen für Laien erleichtern.

Eine Checkliste gibt dabei Anhaltspunkte, wie sich eine Website kritisch überprüfen lässt. Einen wichtigen Hinweis gibt der Blick auf die Informationsquelle: Verlässlich sind grundsätzlich Gesundheitsbehörden, medizinische Berufsorganisationen, akademische Quellen oder offizielle Gesundheitseinrichtungen.

Besser zum Arzt

Vorsicht ist geboten, wenn schnelle oder sensationelle Ergebnisse präsentiert werden, behauptet wird, es bestünden keine Risiken, Betroffene ihre Erfahrungen schildern oder keine vollständigen Kontaktadressen auf den Sites angegeben sind.

“Wenn Medikamente mit einem Rezept abgegeben werden, hat ein Arzt die Behandlung kontrolliert. Hier gibt es aber keine Kontrolle”, gibt Dietschy zu bedenken.

Ganz allgemein gilt laut Swissmedic: Das Internet kann hilfreich sein. Aber wer krank ist oder medizinischen Rat benötigt, sollte sich an einen Arzt wenden oder sich in Apotheke oder Drogerie beraten lassen.

swissinfo und Agenturen

20’000 bis 40’000 Sendungen erreichen jährlich die Schweiz
4000 bis 8000 davon enthalten verbotene Schlaf- Beruhigungs- oder Aufputschmittel

Laut dem Schweizer Heilmittelinstitut Swissmedic können Bestellungen von Arzneimittel übers Internet gefährlich für die Gesundheit werden.

Es gebe keine Garantie, dass die Produkte nicht mangelhaft, gefälscht, falsch dosiert oder verfallen seien. Etwa jede zweite Sendung führe zu Problemen.

Swissmedic will daher mit einem Leitfaden Aufklärungsarbeit leisten.

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SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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