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Durban setzt auf Schweizer Wasserforschung

Die sparsamen NoMix-Toiletten sind besonders für ärmere Länder geeignet. eawag

Die südafrikanische Metropole Durban, die ab kommender Woche die Weltklimakonferenz beherbergt, setzt hohe Priorität auf Siedlungshygiene. Mit Pionieren des Wasserforschungsinstituts Eawag hat sie NoMix-Toiletten für die Armen entwickelt.

Enorme Mengen sauberes Trinkwasser werden in den reichen Ländern täglich über WCs in die Rohre gespült. Kläranlagen holen die festen Stoffe dann wieder heraus. Diese Methode eignet sich jedoch nicht für Entwicklungsländer, in denen das Wasser und das Geld für den Bau von Kanalisation und Kläranlagen fehlen.

Eawag-Pioniere haben einen für arme Länder gangbaren Weg gefunden, die Verschmutzung durch Fäkalien zu verhindern: NoMix-Toiletten, die weder Spülwasser noch eine Kanalisation benötigen. Sie sorgen für die Hygiene in Armenvierteln, in denen es keine Wasserleitungen gibt. Die neue Technologie soll in ganz Südafrika verbreitet werden.

Zukunftsweisendes Projekt

Durban, die zweitgrösste Stadt Südafrikas, hat bereits rund 100’000 dieser Trockentoiletten in den ehemaligen Townships errichten lassen. Das “NoMix-WC” – hinten Plumpsklo, vorne Auffangwanne – trennt flüssige und feste Fäkalien schon in der Toilette.

Denn in den Armenvierteln drohten immer wieder Cholera-Epidemien. In zahllosen Sickergruben vermischen sich Urin und Kot zu Schlamm, der das Trinkwasser verschmutzt und die Gesundheit gefährdet.

Unterstützung der Gates-Stiftung

Durban hat erkannt, dass sich das Problem in Zukunft verschlimmern wird, denn die Küstenstadt wächst schnell und zählt bereits heute rund vier Millionen Menschen. Deshalb räumt die Stadtregierung der Hygiene eine höhere Priorität ein und hat den regionalen Wasserversorger EWS mit dem Aufbau der Wasserversorgung und Entwässerung beauftragt.

Durbans EWS (EThekwini Water and Sanitation) will die Leute von den NoMix-Toiletten überzeugen und arbeitet dafür mit Fachleuten der Eawag zusammen. Arbeitslose helfen beim Leeren der Tanks und beim Urintransport in Sammelstellen. Die Bill & Melinda Gates-Stiftung fördert das Projekt mit drei Millionen Dollar.

“Novaquatis” ausgezeichnet

Bereits 2008 hatte die Eawag mit dem Forschungsprojekt Novaquatis die Grundlagen für die NoMix-Technologie geschaffen und wurde dafür von der Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet. Die Wissenschaftler untersuchten die hygienischen und ökonomischen Auswirkungen des Trennsystems.

Sie zeigten, wie die Gewässer vor Schadstoffen und Mikroverunreinigungen geschützt und Nährstoffkreisläufe geschlossen werden können. Sie entwickelten ausserdem ein Verfahren, die Nährstoffe des Urins (Stickstoff, Phosphor und Kalium) zurückzugewinnen, um daraus Dünger zu machen.

Überzeugungsarbeit nötig

Die Laborversuche sind das eine – die Umsetzung in die Praxis das andere. Für die Einführung neuer sanitärer Anlagen in Entwicklungsgebieten hat Eawag eine eigene Abteilung gegründet. Projektleiter Kai Udert weist darauf hin, dass neue Verfahren von der Bevölkerung akzeptiert werden müssen.

  

Gerade im ehemaligen Apartheidstaat wünsche die Bevölkerung WC-Anlagen mit Wasserspülung. Dieses Privileg war einst der weissen Oberschicht vorbehalten, während die Armen sich mit Fäkalgruben begnügen mussten.

In ihrer 75j-ährigen Geschichte hat sich die Eawag intensiv für den Gewässerschutz in der Schweiz eingesetzt. Von der Beratungsstelle für Abwasserreinigung und Gewässerschutz hat sie sich zu einem der führenden Wasserforschungsinstitute der Welt entwickelt.

Ihre Erfolge mit innovativen Konzepten und Technologien im Wasserbereich führt die Eawag auf die langjährige Verknüpfung von Forschung, Lehre und Weiterbildung sowie Beratung und Wissenstransfer zurück.

Die Eawag, bzw. Sandec als deren Abteilung für Wasser und Sanitäreinrichtungen in Entwicklungsländern, hat zusammen mit ihren Partnern das Thema Wasser und Siedlungshygiene auf die internationale Agenda gebracht. (UNO-Millenniums-Entwicklungsziel 7 will den Anteil der Menschen, die über kein sauberes Trinkwasser und keine einfachen sanitären Anlagen verfügen, halbieren und die Lebensbedingungen für mehr als 100 Millionen Menschen in den Slums erheblich verbessern.)

Sandec konzentriert sich auf die nachhaltige Entwicklung in wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern. Die Technologien der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung werden den unterschiedlichen physikalischen und sozio-ökonomischen Bedingungen angepasst.

Das NoMix-Projekt ist an der “AfricaSan3”-Konferenz zu Hygiene und Sanitäranlagen in Ruanda vorgestellt worden. Auch China, wo die Überdüngung von Binnen- und Küstengewässern durch häusliche Abwässer ein verheerendes Ausmass angenommen hat, plant nun die grossflächige Einführung der NoMix-Sanitärtechnik.

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