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“Indianer” und biologi­sche Kriegsführung

Bild der Auslieferung der gefangenen Briten
Auslieferung der gefangenen Briten von den Indianern an Oberst Bouquet im November 1764. Library of Congress

Wie der Schweizer Söldner Henry Bouquet (1719–1765) im Krieg der Engländer gegen Nordamerikas Ureinwohner eine zweifelhafte Rolle spielte.

Der Frieden von Paris beendete 1763 sowohl den Siebenjährigen Krieg als auch die französische Kolonialherrschaft über Kanada. Die Armeen von Ludwig XV. zogen sich zurück, doch ihre indianischen Verbündeten wollten ihr Land nicht den Briten überlassen und wehrten sich. Der Häuptling der Ottawa, Pontiac, vereinte die Indianerstämme der Region der Grossen Seen.

Nur wenige Forts konnten ihnen standhalten: Niagara, Detroit und Pitt (früher Duquesne, heute Pittsburgh). Die britische Kolonialisierung des Landesinneren stand auf dem Spiel. Doch niemand hatte mit Oberst Henry Bouquet gerechnet.

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Henry Bouquet kam 1719 in Rolle VD zur Welt und verpflichtete sich schon als sehr junger Mann im Constant-Regiment im Dienst der Republik der Vereinigten Niederlande, wechselte danach ins Regiment seines Onkels von Rougin, das im Dienst von Piemont-Sardinien stand. Schliesslich kehrte er in die Niederlande zurück, wo er als Oberstleutnant der Schweizer Truppe berufen wurde (1748–1755).

Dort traf er auf einen früheren Freund, Frédéric Haldimand aus Yverdon, den späteren Gouverneur von Québec. Als Haldimand 1756 nach Kanada in die Dienste der Briten überging, riet er Bouquet und zahlreichen anderen Schweizern, sich ebenfalls dem Regiment Royal American anzuschliessen. Sie alle machten sehr schnell von sich reden.

Im Siebenjährigen Krieg übernahm Bouquet unter dem Kommando von General Forbes das Fort Duquesne und benannte es in Fort Pitt um. 1762 wurde er zum Oberst befördert und leitete von seinem Hauptquartier in Philadelphia aus alle Forts der Region bis hin zu den Grossen Seen.

Porträt Henry Bouquet
Henry Bouquet Yale University Library

Zudem eilte er den während des Pontiac-Aufstands 1763 belagerten Forts als Anführer einer Truppe von 500 Männern zu Hilfe. Sein Ziel war es, das von seinem Freund Siméon Ecuyer, einem Neuenburger Hauptmann, tapfer verteidigte Fort Pitt so schnell wie möglich zu befreien. Am 4. und 5. August erlitt seine kleine Armee einen heftigen Angriff der Indianer.

Durch taktisches Geschick konnte Bouquet sie in die Flucht schlagen, bezahlte aber den Preis von 50 Toten und 60 Verletzten (Schlacht von Bushy Run). Das Fort wurde gerettet und so auch ganz Pennsylvania. Der Krieg ging im Westen bis im Herbst 1764 weiter. Zu diesem Zeitpunkt forderte Obersts Bouquet von den Indianern die Aushändigung sämtlicher europäischer Geiseln, auch derer, die die Lebensart der Ureinwohner übernommen hatten und nur widerwillig zurückkehrten.

Die anderen Stämme unterzeichneten einer nach dem andern Friedensverträge. Das Kriegsbeil wurde begraben. Henry Bouquet sollte das aber nicht mehr erleben, denn er starb am 2. September 1765 in Pensacola (Florida) am Gelbfieber. Nach seiner Beförderung zum Brigadegeneral war er gerade erst in Florida angekommen, um das Kommando über alle britischen Truppen in den südlichen Kolonien zu übernehmen.

Zeichnung eines indianischen Chiefs
Häuptling Pontiac (1720–1769), Anführer des indianischen Aufstands von 1763 gegen die britischen Truppen, mit dem Kreigsbeil, 1763. Kolorierte Gravur eines unbekannten Künstlers aus dem 19. Jahrhundert. Wikimedia

Ein grausamer Einfall

In diesem unbarmherzigen Krieg gegen die Indianer waren den erschöpften und zermürbten britischen Armeeoffiziere alle Mittel – auch die verabscheuungswürdigsten – recht, um die Kämpfe zu beenden. So spricht die Korrespondenz zwischen Oberst Bouquet und Jeffery Amherst, dem Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte in Nordamerika, eine deutliche Sprache.

Am 29. Juni 1763 schrieb Amherst an Oberst Henry Bouquet: «Könnte man nicht die Pocken in die aufständischen Indianerstämme bringen? Jetzt müssen wir jede verfügbare Kriegslist nutzen, um sie zu besiegen.» Bouquet antwortet am 13. Juli:

“Ich werde versuchen, diese Schwei­ne­hun­de mit Decken zu infizie­ren, derer ich habhaft werden könnte, und dabei darauf achten, dass ich mich nicht selber anstecke.”

Am 16. Juli schreibt ihm Amherst: «Tun Sie das, infizieren Sie die Indianer mithilfe von Decken, nutzen Sie alle Mittel, um dieses abscheuliche Volk zu beseitigen.»

Schon am 24. Juni 1763 schrieb Ecuyer in sein Tagebuch, er habe den Gesandten der Indianer bei Verhandlungen zwei zuvor den Pocken ausgesetzte Decken und ein Taschentuch angeboten, in der Hoffnung, so die Krankheit zu verbreiten und sie zu zwingen, die Belagerung des Forts aufzugeben. Allerdings waren die Pocken damals bereits in der Region verbreitet und niemand weiss, ob die Infizierungsversuche erfolgreich gewesen sind.

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