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Abacha-Gelder kehren nach Nigeria zurück

Sani Abacha, nigerianischer Staatschef bis 1998. Keystone

Das Bundesgericht bestätigt den Entscheid des Bundesamtes für Justiz, die Abacha-Gelder zurück zu geben. Es geht um eine halbe Milliarde Dollar.

Das Bundesamt hatte schon letzten August grünes Licht gegeben. Doch der nigerianische Abacha-Clan erhob Beschwerde.

Der “Fall Abacha” gilt als bisher grösster Fall von Fluchtgeld ausländischer Potentaten in der Schweiz. Die Schweiz sei das erste Land, das Abacha-Gelder gestützt auf einen behördlichen Entscheid herausgebe, sagt Heinrich Koller, Direktor des Bundesamts für Justiz (BJ).

Sie beweise damit, dass sie kein Hort für kriminelle Gelder sei. Insgesamt sollen der verstorbene Militärherrscher und seine Gefolgsleute ein Vermögen von 2,2 Mrd. Dollar ins Ausland geschafft haben. Rund 700 Mio. Dollar wurden auf Konten in der Schweiz gefunden.

Die Schweizer Behörden sperrten die ersten Gelder bereits kurz nach Abachas Tod. Rund um die Verwendung der rückgeführten Gelder ist schon mehrmals Kritik laut geworden.

Bundesamts-Entscheid im August 2004

Im letzten Sommer hatte das BJ die Herausgabe blockierter Vermögenswerte des Abacha-Clans im Wert von 498 Mio Dollar (rund 620 Mio. Franken) an Nigeria angeordnet. Das BJ war zum Schluss gekommen, dass diese Gelder offensichtlich kriminellen Urprungs seien.

Bei weiteren rund 7 Mio. Dollar ordnete das BJ eine Überweisung auf ein Sperrkonto in Nigeria an, da der kriminelle Ursprung hier nur wahrscheinlich sei. Sie stehen den nigerianischen Behörden später zur Verfügung.

Darauf erhoben Verwandte des verstorbenen Diktators Sani Abacha, darunter seine Söhne Abba und Mohammed, sowie sechs Firmen gegen den Entscheid des BJ Beschwerde ans Bundesgericht, der höchsten Instanz des Landes in Lausanne.

Gelegenheit zur Stellungnahme

Die Bundesrichter haben diese nun zwar teilweise gutgeheissen, im Wesentlichen aber die Rückgabeverfügung des BJ bestätigt. Recht erhielten die Beschwerdeführer vom Bundesgericht bezüglich Vermögenswerten in der Höhe von 40 Mio. Dollar, die damit vorläufig noch in der Schweiz blockiert bleiben.

Bei diesen Geldern ist der deliktische Ursprung nach Ansicht der Lausanner Richter zu wenig klar nachgewiesen. Eine spätere Rückgabe ist jedoch nicht ausgeschlossen. Das BJ muss den Betroffenen aber zunächst Gelegenheit bieten, die legale Herkunft dieser Mittel nachzuweisen und anschliessend einen neuen Entscheid fällen.

Sani Abacha und sein Clan beherrschten Nigeria von 1993 bis zum Tod des Diktators im Jahr 1998. Die nigerianischen Behörden werfen ihnen vor, in dieser Zeit das erdölreiche Land in Zentralafrika, vor allem dessen Nationalbank, mittels krimineller Organisationen systematisch geplündert zu haben.

Sohn in Deutschland inhaftiert

Nach einem langen Hickhack vor Bundesgericht zwischen Nigeria und dem Abacha-Clan flossen erstmals im Dezember 2003 85 Mio. Dollar an Nigeria. Bis April 2004 überwies die Schweiz 200 Millionen Dollar (rund 250 Mio. Fr.).

Gegen die Rückgabe hatten sich vor allem die beiden Söhne des toten Diktators, Mohammed und Abba, gewehrt. Abba war am 9. Dezember in Deutschland auf Betreiben der Genfer Justiz verhaftet worden, ist aber noch nicht ausgeliefert. Gegen ihn läuft eine Strafuntersuchung wegen Betrugs, Untreue und Geldwäscherei.

Das Bundesgericht hatte es in der Folge abgelehnt, deshalb das Prozedere um die Rückgabe der Gelder zu stoppen.

Fragen rund um die Verwendung der Gelder

Die nigerianische Regierung hat schriftlich zugesichert, die rückerstatteten Gelder für Entwicklungsprojekte im Gesundheits- und Bildungswesen und für die Infrastruktur zu verwenden.

Im Schweizer Aussenministerium wird derzeit darüber verhandelt, wie diese Projekte überprüft werden können. Eine Koalition von Nichtregierungs-Organisationen kritisiert hingegen, das rückerstattete Geld sei bereits ausgegeben, und zwar nicht für die Ärmsten.

Nur die Beharrlichkeit der Schweizer Behörden könne jetzt noch verhindern, dass die Rückführung der Abacha-Millionen zu einem weiteren peinlichen Kapitel in der Geschichte der Schweizer Finanzpolitik gerate.

swissinfo und Agenturen

Zwischen 1993 und 1998 profitierte Sani Abacha von seiner Position als Machthaber und zweigte rund drei Mrd. Franken aus der Staatskasse für sich selbst ab.

Davon endeten 879 Millionen auf Konten in der Schweiz.

Nach dem Tod des Diktators ordnete die Schweiz an, diese Gelder einzufrieren.

Im August 2000 überprüfte die Eidgenössische Bankenkommission die Konten von 19 Geldinstituten, bei denen vermutet wurde, dass sie Abacha-Gelder beinhalten könnten.

Im August 2004 entschied das Bundesamt für Justiz, die Gelder aus dem Umfeld es nigerianischen Ex-Diktators Sani Abacha an Nigeria zurück zu geben.
Nigaria ist ein erdölreiches Land.
Das Land will mit den Abacha-Millionen Entwicklungsprojekte finanzieren.
Im September 2004 erhob die Abacha-Familie Rekurs gegen diesen Entscheid des Bundesamtes.
Er sei illegal und nicht verfassungskonform, das Geld stamme nicht aus kriminellen Quellen.
Die Fluchtgeldaffäre war 1999 geplatzt.

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