Aids: Schritt für Schritt in Richtung Impfstoff
Im Rahmen des internationalen Kongresses Aids Vaccine 04 in Lausanne haben die Wissenschafter den Fahrplan für Tests einer vorbeugenden Aids-Impfung skizziert.
Am Kongress wurde auch die Notwendigkeit der verbesserten Vergleichbarkeit der Daten unterstrichen.
«Die Bilanz ist positiv: Wir verfügen langsam über konkretere Termine», sagte Kongresspräsident Giuseppe Pantaleo, Professor am Lausanner Universitätsspital CHUV, am Mittwoch zum Abschluss des dreitägigen Aids-Forschertreffens.
Bis Ende Jahr laufe bei 1500 Freiwilligen eine Untersuchung an, um die Sicherheit der getesteten Impfstoffe in Bezug auf das menschliche Immunsystem zu evaluieren.
Impfstoffuntersuchung: hoch riskant
Die Studie kostet laut Pantaleo zwischen 10 und 15 Mio. Franken. Anschliessend werde die Effizienz der potenziellen Impfstoffe untersucht.
Dieser Prozess – als hoch riskant eingestuft – könnte 2006 mit 5000 Freiwilligen starten, erklärte Michel Kazatchkine, Direktor der französischen Aids-Forschungsagentur ANRS.
CHUV-Professor Pantaleo seinerseits schätzt, dass dieser Schritt zwischen den Jahren 2007 und 2009 erfolgen wird.
Ausbruch der Krankheit verschieben
In einer ersten Phase werde der Impfstoff kaum einen totalen Schutz gegen den HI-Virus bieten. Aber er werde den Erreger zurückbinden, so dass die Phase zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit auf 10 bis 20 Jahre verlängert werden könne, heisst es in einer Mitteilung des Kongresses.
Laut Pantaleo wird kaum vor dem Jahr 2014 – «vielleicht auch erst später» – ein Impfstoff vorliegen, der auch neutralisierende Antikörper einschliesst.
Die Mutation des Virus und seine Komplexität verpflichte zu einem «zurückhaltenden Optimismus», erklärte seinerseits der Zürcher Nobelpreisträger Rolf Zinkernagel.
Die Entwicklung eines therapeutischen Impfstoffes für infizierte Personen dürfte noch viel mehr Zeit in Anspruch nehmen. «Die pharmazeutischen Labors haben nicht genügend Ressourcen, um die Tests durchzuführen», bedauert Zinkernagel.
Weltweit Auswertung harmonisieren
Am Kongress unterstrichen die Forscher auch die Wichtigkeit von verstärkter Zusammenarbeit unter Forschern und Staaten weltweit. Giuseppe Pantaleo wurde mit der Leitung einer Arbeitsgruppe beauftragt, die Auswertungstabellen zur Interpretation von Tests vereinheitlichen soll. Dadurch sollen die Daten zwischen Ländern und Kontinenten verglichen werden können.
Pantaleo erwartet von den europäischen Ländern «eine klare Antwort» auf die wissenschaftlichen Herausforderungen bei der Suche nach einem Aids-Impfstoff.
Seitens der Schweiz wünscht sich der Lausanner Professor eine «Konsolidierung der Strukturen», indem etwa auf politischer Ebene eine zuständige Person ernannt werde.
800 Wissenschafter und Gesundheitsminister
Die Anwesenheit von Gesundheitsminister Pascal Couchepin zur Eröffnung des Kongresses am Montag sei «ein starkes Zeichen» in diese Richtung gewesen, erklärte Pantaleo. Es sei das erste Mal, dass ein Mitglied des Bundesrates an einem solchen Forschertreffen teilgenommen habe.
Zum dreitägigen Kongress in Lausanne waren gegen 800 Wissenschafter angereist. Sie tauschten die bedeutendsten Fortschritte in der Erforschung von Aids-Impfstoffen aus.
Organisiert wurde das Treffen vom Lausanner CHUV und von der in der Schweiz ansässigen Stiftung EuroVacc, die sich der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das HI-Virus und andere Erreger von Infektions-Krankheiten widmet.
swissinfo und Agenturen
An einem internationalen Aids-Kongress in Lausanne wurden die ersten Skizzen in Richtung Tests mit präventiven Impfstoffen vorgezeichnet.
Noch vor Jahresende sollen rund 1500 Leute in einem Initial-Phase auf die Effekte eines Impfstoffs auf das menschliche Immunsystem untersucht werden.
Die erste richtige Testphase dürfte nicht vor 2006 beginnen.
Ein richtiger Impfstoff wird vermutlich nicht vor dem Jahr 2014 realisiert werden können.
Fast 50% aller HIV-Infizierten sind Frauen.
Auf junge Leute zwischen 15 und 24 entfällt fast die Hälfte aller HIV-Infektionen.
Nur 7% aller Menschen in Entwicklungsländern, die eine Behandlung gegen Retroviren brauchen, haben Zugang zu den entsprechenden Medikamenten.
Weltweit werden gegenwärtig rund 5 Mrd. Dollar zur Aidsbekämpfung ausgegeben.
Im Jahr 2007 werden dazu voraussichtlich 20 Mrd. benötigt werden.
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