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Christoph Blocher krebst zurück

Der Schweizer Justizminister Christoph Blocher hat sich öffentlich für seine Falschaussagen über zwei albanische Flüchtlinge entschuldigt.

Nach mehreren Rechtfertigungen räumte er am Mittwoch ein, dass er die beiden fälschlicherweise als Kriminelle bezeichnet hat. Es sei ihm lediglich ein sprachliches Versehen unterlaufen.

Justizminister Christoph Blocher tut es leid, dass er zwei Albaner in seiner jüngsten “Albisgüetli-Rede” als Kriminelle bezeichnet hat. “Das war ein sprachliches Versehen”, sagte der Justizminister am Mittwoch vor den Medien im Regierungsgebäude, dem Bundeshaus, in Bern.

Blocher sagte auf Journalistenfragen, nachdem er seine Aussagen in der vergangenen Märzsession im Parlament noch mehrmals gerechtfertigt hatte: “Das war ein Fehler und das tut mit leid.”

Es sei ihm aber lediglich ein sprachliches Versehen unterlaufen. “Nie war es meine Absicht, die Albaner als verurteilte Kriminelle hinzustellen”, betonte der Justizminister.

Die Parteien – mit Ausnahme der Partei Blochers – reagierten verhalten auf das Eingeständnis des Justizministers. Für die SVP wurde die ganze Angelegenheit so oder so von politischen Gegnern Blochers aufgeblasen.

Als Kriminelle bezichtigt

Blocher hatte in seiner “Albisgüetli-Rede” vom vergangenen 20. Januar die beiden Albaner, die in der Schweiz als Flüchtlinge anerkannt wurden, als Kriminelle bezeichnet – obwohl sie nie rechtskräftig verurteilt wurden.

Jeweils zu Beginn des Jahres findet im Restaurant Schützenhaus Albisgüetli in Zürich die traditionelle Tagung der Schweizerischen Volkspartei (SVP) des Kantons Zürich statt. An der Albisgüetli-Tagung sprechen in der Regel die wichtigen Politiker der SVP, darunter auch Blocher. Oft ist auch ein Gastredner eingeladen, nicht selten ein Mitglied der Landesregierung.

Politker und Medien rügten

Im Albisgüetli hatte Blocher in seiner Rede am 20. Januar zwei Albaner, die in der Schweiz Flüchtlingsstatus bekamen, als Kriminelle bezeichnet. Im Parlament bestritt er diese Aussage in der Folge, wobei er im Ständerat (grosse Kammer) wörtlich sagte: “Ich habe sie ja auch nie als Kriminelle, sondern als Angeschuldigte bezeichnet; das ist etwas anderes.”

Dieses Verhalten wurde in den Medien und auch von Politikern scharf gerügt. Der freisinnige Ständeratspräsident Rolf Büttiker verlangte dafür von Blocher eine formelle Entschuldigung. An der Bundesratssitzung vom Mittwoch war der Fall zwar kein Thema. Auf Journalistenfragen hin drückte Blocher aber anschliessend sein Bedauern aus.

Im schriftlichen Text der Albisgüetli-Rede sei korrekterweise nur von Angeschuldigten die Rede, sagte Blocher. Wegen eines “sprachlichen Versehens” sei dieser Hinweis in der mündlichen Rede dann weggefallen.

Blocher kündigte an, diese Erklärung auf der Homepage der mündlichen Redefassung voranzustellen. Mit dem Ausdruck des Bedauerns sei die Angelegenheit für ihn erledigt, sagte er auf die Frage, ob er sich auch noch formell beim Ständerat und gegenüber den Betroffenen entschuldigen werde.

In der Sache unbeirrt

Blocher bekräftigte vor den Medien erneut, es gehe ihm weniger um die zwei Albaner als um seine Kritik an der Asylrekurs-Kommission (ARK). Der ganze Wirbel um seine Aussagen sei nur entstanden, damit man nicht über diesen Fall sprechen müsse.

Die ARK habe den beiden Albanern den Flüchtlingsstatus zugesprochen, obwohl sie über Interpol gesucht worden seien und noch bevor das Bundesgericht abschliessend über ihre Auslieferung nach Albanien entschieden habe. “Das ist ausserordentlich störend und gravierend”, sagte der Justizminister.

Mutmassliche Verbrecher dürften sich nicht einer Strafe entziehen, in dem sie in die Schweiz flüchteten.

Heinrich Koller, Direktor des Bundesamtes für Justiz (BJ), kündigte an, dass die Problematik dieses Falles bald grundsätzlich über eine Gesetzesänderung angepackt werde. Das Asylverfahren und das Auslieferungsverfahren seien derzeit nicht aufeinander abgestimmt, das Verhältnis müsse geklärt werden.

swissinfo und Agenturen

Christoph Blocher hat in seiner politischen Karriere, zuerst als Spitzen-Oppositioneller, dann als Regierungsmitglied, schon oft mit öffentlichen Aussagen für Kritik gesorgt.

So verstiess er etwa gegen das Kollegialitäts-Prinzip der Regierung, als er sich vor der Abstimmung zu Schengen/Dublin von der Haltung der Regierung distanzierte.

Blochers Falschaussagen zu zwei Flüchtlingen aus Albanien und seine Erklärungen vor der Kleinen Kammer des Parlaments sorgten in den letzten Tagen für neue Schlagzeilen. Er wurde der Lüge bezichtigt.

Nun musste Blocher einräumen, dass er die Albaner fälschlicherweise als Kriminelle bezeichnet hatte – was er noch letzte Woche im Parlament zurückgewiesen hatte.

Aus Juristenkreisen kommt vermehrt Kritik, Justizminister Blocher habe Probleme mit der Gewaltentrennung.

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