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Grünes Licht für Prozess gegen Ex-Swissair-Chefs

Wie Phönix aus der Asche: Aus Swissair wurde im April 2002 die neue Swiss. Keystone

19 Personen müssen sich wegen des Zusammenbruchs der Swissair vor dem Bezirksgericht Bülach verantworten. Das Gericht hiess die überarbeitete Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gut.

Die Untersuchungsbehörde hatte ihre erste Anklage überarbeiten müssen, weil sie vom Gericht als zu unpräzise zurückgewiesen worden war.

Der Zusammenbruch der ehemaligen Swissair, gipfelnd im historischen Grounding vom Oktober 2001, ist juristisch noch nicht bereinigt: 19 angeklagte Swissair-Chefs müssen sich wegen Gläubigerschädigung, ungetreuer Geschäftsführung und Misswirtschaft verantworten, wie das Gericht am Donnerstag bekannt gab.

Der Termin vor dem Gericht in Bülach ist für die Angeklagten auf Mitte Januar 2007 angesetzt. Vor den Schranken wird sich der gesamte frühere Verwaltungsrat samt Präsident und Konzernchef Eric Honegger, dessen Nachfolger Mario Corti sowie Ex-Konzernchef Philippe Bruggisser und Ex-Finanzchef Georges Schorderet wiedersehen.

Aktenberg

Den Angeklagten wird ferner Urkundenfälschung, unwahre Angaben über kaufmännisches Gewerbe und Gläubigerbevorzugung vorgeworfen. Die Akten füllen über 4150 Bundesordner.

Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich hat im Juli eine überarbeitete Anklageschrift eingereicht. Das Bezirksgericht hatte die ursprüngliche Anklage Anfang Mai 2006 wegen Mängeln zurückgewiesen.

Hypothetischer Schaden

Ergänzt worden ist die Anklageschrift um eine Berechnung des hypothetischen Schadens der SAirGroup-Gläubiger aufgrund der Konzern-Restrukturierung im März 2001: Laut einer externen Bewertung beläuft sich dieser Schaden auf rund 1,1 Mrd. Franken.

Die Berechnung in der neuen Anklage basiere auf der Annahme, dass man die Gruppe damals schon in den Konkurs hätte gehen lassen sollen. Stattdessen sei eine Restrukturierung versucht worden. Dabei hätten die Verantwortlichen die Gesellschaften der SAirGroup zum Schaden der Gläubiger ausgehöhlt, um die Verluste der maroden SAirLines zu kaschieren.

In der redaktionell überarbeiteten Anklageschrift sei zudem zu einzelnen Anklagepunkten ein erläuternder Bericht verfasst worden, schrieb das Bülacher Gericht weiter.

Die Zürcher Staatsanwaltschaft hatte Ende März nach fünfjährigen Ermittlungen gegen 16 Personen der ehemaligen SAirGroup und drei weitere Personen Anklage erhoben. Der Prozess dürfte gemäss den Angaben bis Mitte März 2007 abgeschlossen sein.

swissinfo und Agenturen

In den 1990er-Jahren setzte die Swissair auf die Hunter-Strategie und übernahm kleinere Airlines wie die Sabena und AOM Air Liberté. Es war der Anfang vom Ende.

2000 verlor Swissair 3 Mrd. Fr., CEO Philippe Bruggisser musste gehen. Nachfolger wurde 2001 Ex-Nestle-Finanzchef Mario Corti.

Am 2. Oktober 2001 blieb die gesamte Swissair-Flotte aus Mangel an liquiden Mitteln am Boden. Der Bund ermöglichte mit einer Spritze von 450 Mio. Fr. das Überleben der Airline.

Am 1. April 2002 wurde die Swissair begraben, es entstand die Swiss.

2005 wurde Swiss von der deutschen Lufthansa übernommen, schrieb aber weiterhin rote Zahlen. Im ersten Halbjahr 2006 resultierte mit einem Plus von 76 Mio. Franken erstmals ein Überschuss.

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