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Knacknuss Spitalfinanzierung im Nationalrat

In der Schweiz ist die Spitalfinanzierung Sache der Kantone. Keystone

Die grosse Kammer des Schweizer Parlaments debattiert am Dienstag über die Spitalfinanzierung. Die Grundzüge der Reform wurden bereits 2006 vom Ständerat vorgezeichnet.

Es wird eine heisse Debatte erwartet, ist doch die Reform im Nationalrat äusserst umstritten.

Eineinhalb Wochen nach dem Nein des Schweizer Volkes an der Urne zu einer Einheitskrankenkasse kommt das Thema der Gesundheitskosten wieder aufs Tapet, dieses Mal in Form der Spitalfinanzierung. Der Nationalrat debattiert darüber im Rahmen der Revision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG).

Die Ausgangslage präsentiert sich komplex. Grundsätzlich ist die Spitalplanung föderalistisch organisiert, sie liegt also in der Hoheit der Kantone. Eine Folge davon ist, dass die Kantone ihre Spitäler unterschiedlich unterstützen.

Ziel der KVG-Revision ist es, die Subventionierung etwas einheitlicher zu gestalten, damit im Spitalsektor mehr Transparenz herrscht. Dies sollte namentlich die Überwachung der Kostenentwicklung vereinfachen.

Ständerätliche Pflöcke

Die kleine Kammer, welche die Vorlage im März 2006 behandelte, schlug bereits wichtige Pflöcke ein. Erster Punkt: Es sollen nicht mehr die Gesamtkosten einer Spitalbehandlung ersetzt werden, sondern nur noch diejenigen für die effektiv erbrachten Leistungen.

Für jede Art Operation wird eine Pauschale definiert, die für alle Spitäler der Schweiz gilt. Die Kalkulation der Einheitstarife soll sich nach den Kosten in den fortschrittlichsten Spitälern des Landes richten.

Die Kantonsvertreter hatten ebenfalls einen Verteilschlüssel für die Spitalfinanzierung aufgestellt: 60% werden von den Kantonen übernommen, 40% von den Krankenkassen. In Kantonen mit niedrigen Krankenkassenprämien hätte die öffentliche Hand die Möglichkeit, ihren Anteil auf 45% zu senken.

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Krankenversicherung

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Debatte noch lange nicht zu Ende

Letztes Jahr waren die im Ständerat präsentierten Lösungen als Kompromiss angesehen worden. Doch das Thema dürfte in der grossen Parlamentskammer erneut zu einer langwierigen Debatte führen, denn diverse Punkte sorgen noch für Kontroversen.

Einer davon ist die Gleichheit zwischen öffentlichen und privaten Spitälern in der kantonalen Planung. Anhänger der Liberalisierung erwarten, dass die Integration der Privaten in die Planung eine willkommene Konkurrenzsituation im Sektor schaffen könnte. Die Linke ist dagegen.

Für die Kantone ist der vom Ständerat beschlossene Aufteilungsschlüssel für die Spitalkosten zu ungünstig. Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren wünscht sich einen Anteil von maximal 55%.

Ausserdem wollen die Kantone eine möglichst grosse Autonomie in der Spitalplanung behalten. Sie sind daher gegen die Schaffung gesamtschweizerischer Kriterien.

“Reförmchen”

Andere Stimmen hingegen bezeichnen die Änderungen der kleinen Kammer nur als “Reförmchen”. Eigentlich habe die von der Landesregierung vorgeschlagene Revision des KVG die Einführung eines globalen Systems vorgesehen, das gleichzeitig die Zahlung von Behandlungen in Spitälern, Altersheimen und zu Hause regelt.

Der Ständerat ist sich der Bescheidenheit seiner Revision bewusst und hat daher bereits im letzten März eine Motion gutgeheissen, die vom Bundesrat verlangt, die ganze Revision neu aufzugleisen.

Daher droht die Lösung unabhängig vom Resultat aus dem Nationalrat voraussichtlich nur vorübergehender Natur zu sein.

swissinfo und Agenturen
(Übertragen aus dem Französischen: Renat Künzi und Christian Raaflaub)

Das Schweizer Gesundheitssystem hat laut Bundesamt für Statistik 2005 52,9 Mrd. Fr. gekostet.
Davon entfielen 18,4 Mrd. Fr. (34,9%) auf die Spitäler.

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