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Kommunist kämpft für Steuergerechtigkeit

Josef Zisyadis auf dem Dorfplatz von Sarnen in Obwalden. Keystone

PdA-Nationalrat Josef Zisyadis hat beim Bundesgericht eine Beschwerde gegen das degressive Steuergesetz in Obwalden eingereicht. Es verletzte die Verfassung.

Der Waadtländer nahm Wohnsitz in Obwalden, um die Beschwerde einreichen zu können. Einheimische wollten das Gesetz nicht öffentlich bekämpfen.

Wenige Stunden vor Ablauf der Frist hat der Waadtländer Nationalrat der kommunistischen Partei der Arbeit (PdA), Josef Zisyadis, am Dienstag seine angekündigte staatsrechtliche Beschwerde gegen das neue Obwaldner Steuergesetz eingereicht. Unterstützt wird diese von drei weiteren Personen. Zisyadis bezeichnete das Ganze als einen “Akt des Widerstandes”.

Obwaldens Stimmberechtigte hatten am 11. Dezember 2005 mit grosser Mehrheit ein neues Steuergesetz gutgeheissen, das neben einer ausgesprochen milden Unternehmensbesteuerung eine Einkommenssteuer mit einem degressiven Tarif vorsieht.

Der bis anhin finanzschwache Hochsteuer-Kanton Obwalden will mit solchen im schweizerischen Vergleich überaus attraktiven Steuerverhältnissen den Zuzug von Firmen als auch von Personen mit hohem Einkommen und Vermögen erreichen.

Beantragt wird in der nun eingereichten Beschwerde gegen dieses Steuersystem die Aufhebung der degressiven Tarifsätze für Einkommen über 300’000 Franken und Vermögen über 5 Mio. Franken.

Zudem soll festgestellt werden, dass die degressive Besteuerung dem verfassungsmässigen Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in der Schweiz widerspreche.

Deutliches Urteil erwartet

Die Namen seiner drei Mitstreiter vor Bundesgericht wollte Zisyadis nicht bekannt geben. Die drei wollten wegen Repressionen, die sie zu befürchten haben, nicht an die Öffentlichkeit treten.

Alle vier Beschwerdeführer sind im Kanton Obwalden wohnhaft, stimmberechtigt und steuerpflichtig. Laut Zisyadis sind alle von der angefochtenen Regelung nicht direkt betroffen, da sie weder über ein Einkommen von über 300’000 Franken noch über ein Vermögen von mehr als 5 Mio. Franken verfügen.

Zisyadis erwartet vom Bundesgericht ein klares Urteil in Form eines Nein oder eines Ja zum Obwaldner Steuersystem.

Um die Beschwerde einreichen zu können, hatte Zisyadis seinen Wohnsitz aus der Waadt in den Kanton Obwalden verlegen müssen. Erste Versuche, in Sarnen eine Bleibe zu finden, waren gescheitert. Seit kurzem ist der Waadtländer aber in Sachseln offiziell angemeldet.

Nicht die erste Beschwerde

Es ist nicht das erste Mal, dass ein kantonales Steuergesetz auf den Prüfstand des Bundesgerichts wandert. Auf eine Beschwerde gegen das ähnlich konzipierte Schaffhauser Steuergesetz waren die Richter in Lausanne nicht eingetreten.

Begründet worden war der damalige Entscheid Anfang 2004 damit, dass der Beschwerdeführer als Kleinverdiener nicht in einer vergleichbaren Situation mit den steuerlich privilegierten Millionären stehe. Der Beschwerdeführer erleide durch die Steuergesetzrevision keinen Nachteil, so das Bundesgericht.

Die Steuergesetze der Kantone Schaffhausen und Obwalden seien in ihrer Struktur sehr ähnlich, sagte Wirtschaftsprofessor und Steuerspezialist Gebhard Kirchgässner von der Universität St. Gallen. Im Kanton Obwalden würden die Einkommenssteuern allerdings noch tiefer liegen als in Schaffhausen.

Das Obwaldner Gesetz sei mit dem Leistungsfähigkeits-Prinzip nicht vereinbar, so Kirchgässner. Dieses Prinzip sei in der Verfassung verankert und lege fest, dass die Steuerpflichtigen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Fähigkeit Abgaben leisten müssen.

Der höchstrichterlichen Überprüfung der Beschwerde sieht die Regierung von Obwalden mit Zuversicht entgegen, wie sie mitteilte. Das vom Volk angenommene Steuergesetz bleibe in Kraft. Der Beschwerde komme keine aufschiebende Wirkung zu, hält die Regierung fest.

swissinfo und Agenturen

Der grösste Teil der Steuern in der Schweiz geht an die Kantone und Gemeinden.

Die Bundessteuer dagegen ist eher klein, denn der grösste Teil der Bundes- einnahmen stammt aus indirekten Steuern wie Mehrwertsteuer, Benzin- und Einfuhrzöllen.

Kantone und Gemeinden sind in ihrer Steuerpolitik autonom. Das führt zu einem landesinternen Steuerwettbewerb, denn tiefe Steuern locken reiche Privatpersonen und Firmen an.

Etliche Schweizer Kantone haben sehr tiefe Steuersätze für Unternehmen.

Die Europäische Union (EU) ist der Meinung, dass diese Steuergesetze (Zug, Schwyz, Ob- und Nidwalden) das Freihandels-Abkommen von 1972 verletzten.

Das neue Steuergesetz wurde in Obwalden mit 8623 Ja gegen 1368 Nein angenommen.

Das Gesetz trat am 1. Januar in Kraft, bis 31. Januar lief die Einsprachefrist.

Nach dem Prinzip Degression statt Progression sinkt der Steuersatz ab 300’000 Franken und 5 Mio. Franken Vermögen.

Kernpunkt ist der für alle Gemeinden gültige Gewinnsteuersatz von 6,6% (bisher 16 bis 20%) für juristische Personen.

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