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Lawinen-Katastrophe 1999: Walliser schuldig

Nach dem Lawinenniedergang von Evolène im Jahr 1999. Keystone

Im Fall der Lawinen-Katastrophe von 1999 in Evolène hat ein Walliser Gericht zwei Verantwortliche der Gemeinde zu bedingten Gefängnisstrafen verurteilt.

Der Gemeindepräsident und der Ex-Sicherheitschef hätten zu wenig für den Schutz der Bevölkerung unternommen, so das Gericht.

Sechs Jahre nach dem verheerenden Lawinenniedergang von Evolène im Kanton Wallis hat das Bezirksgericht Hérens-Conthey den ehemaligen Gemeindepräsidenten und den damaligen Sicherheitschef wegen fahrlässiger Tötung zu bedingten Gefängnisstrafen verurteilt.

Der Ex-Gemeindepräsident erhielt drei Monate, der für die Sicherheit verantwortliche Bergführer, ein bekannter Extrem-Bergsteiger, zwei Monate Gefängnis aufgebrummt. Das Gericht blieb damit unter der Forderung des Staatsanwaltes, der für beide Angeklagten sechs Monate bedingt gefordert hatte.

Happige Bussen

Von den Gerichtskosten muss der damals Zuständige für den Lawinendienst 30’000 Franken und der frühere Gemeindepräsident 20’000 Franken übernehmen, wie die Gerichtspräsidentin am Mittwoch in Sitten mitteilte.

Die Verteidigung hatte für die Beiden Freisprüche verlangt. Am Mittwoch wurde nur das Strafmass mitgeteilt. Die Urteilsbegründung erfolgt später.

12 Tote

Beim Lawinenunglück vom 21. Februar 1999 waren 12 Menschen ums Leben gekommen. Die Anklage warf den beiden Verurteilten vor, angesicht der grossen Lawinengefahr, die damals herrschte, zu wenig für den Schutz der Bevölkerung unternommen zu haben.

Für die Verteidigung war das Ausmass der Lawine nicht vorhersehbar gewesen. Der Sicherheitsverantwortliche habe zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen können, dass die Lawine so weit ins Tal niedergehen werde.

“Jahrhundert-Winter”

Im Februar 1999 herrschte im ganzen Alpenbogen aufgrund der enormen Neuschneemenge Lawinengefahr der höchsten Stufe.

Aus Sicht der Verteidigung hatten die Behörden die nötigen Massnahmen getroffen, indem Strassen geschlossen und ein unbewohntes Chalet in der gefährdeten “roten” Zone überprüft wurden.

Für die Anklage wäre aber auch eine Evakuierung der weniger exponierten “blauen” Zone möglich gewesen.

Langes Verfahren

Die Lawine riss 12 Menschen in den Tod, zerstörte rund 10 Häuser und gegen 25 Hektar Wald. Die Justiz sah anfänglich keine strafrechtliche Verantwortung, da das Ausmass der Lawinen nicht voraussehbar gewesen sei. Auf Antrag der Familien der Opfer ordnete das Kantonsgericht jedoch zusätzliche Untersuchungen an.

Daraus resultierte im September 2002 eine Anklage gegen die Beiden. Im Anschluss forderten die Angeklagten ein zusätzliches Gutachten. Diese Forderung scheiterte im September in letzter Instanz vor Bundesgericht, was den Weg für den Prozess definitiv frei machte.

swissinfo und Agenturen

1999: Die Lawine von Evolène fordert 12 Menschenleben.
Sie zerstörte 10 Häuser und rund 25 Hektar Wald.
Die Justiz sah anfänglich keine strafrechtliche Verantwortung, da das Ausmass der Lawinen nicht voraussehbar gewesen sei.
Auf Antrag der Familien der Opfer ordnete das Kantonsgericht jedoch zusätzliche Untersuchungen an.
Diese führten nun zu Schuldsprüchen.
1999 herrschte aufgrund enormer Schneefälle in den Alpen eine extreme Lawinensituation.

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