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Sinnlose Gewalt hart bestraft

Gerichtssaal Bern: Der Gerichtspräsident (links) und die vier jungen Täter. Keystone

Im Mai 2003 fielen in Bern vier Jugendliche grundlos einen Mann an. Das Gericht sprach in erster Instanz nun Zuchthaus-Strafen zwischen 6,5 und 11 Jahren aus.

Die sinnlose Gewalttat hatte in der Öffentlichkeit grosses Aufsehen erregt. In der Folge kam es zu Demonstrationen gegen die Gewalt.

Drei Zuchthausstrafen zwischen 6,5 und 11 Jahren sowie einmal Arbeitserziehungs-Anstalt bis maximal 4 Jahre: Diese Urteile hat das Kreisgericht Bern-Laupen am Montag im Berner Postgasse-Prozess gefällt.

Das Berner Urteil folgt auf harte Strafen in Yverdon vom 20. Juni 2005. In diesem Verfahren standen zwei junge Männer vor Gericht, die vor zwei Jahren einen Jugendlichen totgeprügelt hatten.

Vier Täter – dreimal Zuchthaus

Der älteste Angeklagte im Postgasse-Fall, ein heute 23-jähriger Schweizer, wurde vom Kreisgericht Bern-Laupen als Haupttäter erachtet. Er muss für 11 Jahre ins Zuchthaus.

Die zweithöchste Strafe erhielt mit 9 Jahren Zuchthaus ein heute 21-jähriger Schweizer. Für einen 20-jährigen Schweizer verhängte das Gericht eine Strafe von 6,5 Jahren.

Im Falle eines 20-jährigen Spaniers verfügte das Gericht die Einweisung in eine Arbeitserziehungs-Anstalt, die maximal 4 Jahre dauern kann.

Die beiden Haupttäter wurden der versuchten vorsätzlichen Tötung und des qualifizierten Raubes unter Zufügung einer schweren Körperverletzung für schuldig befunden, ebenso der zur Arbeitserziehungs-Anstalt verurteilte 20-jährige Spanier.

Beim dritten Täter, der ins Zuchthaus muss, erkannte das Gericht auf qualifizierten Raub unter Zufügung einer schweren Körperverletzung.

Fall kommt noch vor Obergericht

Das Kreisgericht bewegte sich mit dem oberen Strafmass in der Höhe der vom Staatsanwalt geforderten 9 bis 12 Jahre. Die Verteidiger hatten demgegenüber für alle vier Täter die Einweisung in eine Arbeitserziehungs-Anstalt gefordert.

Der Staatsanwalt will die erstinstanzlichen Urteile nicht annahmen und hat Berufung eingelegt. Zudem wird damit gerechnet, dass mindestens drei der vier Verurteilten voraussichtlich Anschlussappellation einreichen werden.

Mit blutigen Schuhen geprahlt

Der Angriff hatte sich am 11. Mai 2003 ereignet: Sieben damals 18- bis 21-jährige Hip-Hopper hatten um zwei Uhr früh einen zufällig vorbeifahrenden Mann in der Berner Postgasse brutal vom Fahrrad gerissen und mit Fusstritten lebensgefährlich verletzt.

Danach gingen mehrere Mitglieder der Gruppe in eine Bar und prahlten dabei mit ihren blutigen Schuhen und Kleidern.

Das Opfer, ein Berner Historiker, überlebte nur knapp und lag wochenlang im Koma. Er leidet noch heute an den Folgen der Tat. Zuvor hatte die Gang schon in der Münstergasse einen Mann zusammengeschlagen und verletzt.

Drei zur Tatzeit minderjährige Täter waren bereits zu einem früheren Zeitpunkt von einem Jugendgericht verurteilt worden.

swissinfo und Agenturen

Es wird oft behauptet, dass Gewalt von Jugendlichen zunehme, dass Täter und Täterinnen im Vergleich zu früher jünger würden, und dass die Schwelle zur Gewaltanwendung herabgesetzt werde und so die Brutalität zunehme.
Diese Behauptungen können durch Forschungsergebnisse nicht bestätigt werden.
Art und Umfang der registrierten Kriminalität werden vom Anzeigeverhalten der Bevölkerung sowie von der Strafverfolgung durch die Polizei bestimmt.
(Aus dem Wörterbuch der Sozialpolitik)

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