Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Systemwechsel im Mietrecht geplant

Mieten sollen mit dem neuen Mietrecht an die Teuerung angepasst werden. Keystone

Die Mieten in der Schweiz sollen nicht mehr an den Hypothekarzins, sondern an die Teuerung angepasst werden.

Dies wollen Regierung und Parlamentsmehrheit mit der Revision des Mietrechts erreichen. Weil dagegen ein Referendum zu Stande gekommen ist, kommt die Vorlage nun vors Volk.

Das heutige Mietrecht ist seit 1990 in Kraft. Alle mietrechtlichen Bestimmungen sind seither im Obligationenrecht (OR) zusammengefasst. Doch sowohl von Mieter- als auch von Vermieterseite sind immer wieder Rufe nach Änderungen laut geworden.

Mit der Volksinitiative “Ja zu fairen Mieten” wollte der Schweizerische Mieter- und Mieterinnenverband (MV) erreichen, dass nicht nur Erhöhungen der Hypothekarzinssätze sondern auch Senkungen an die Mieter weitergegeben werden.

Im Mai 2003 lehnte das Stimmvolk die Initiative mit 67,3% Nein ab. Auch der Bundesrat und die bürgerliche Parlamentsmehrheit hatten die Initiative zur Ablehnung empfohlen.

Der Teuerung folgen

Als indirekten Gegenvorschlag hat das Parlament in langem, zähem Ringen das Mietrecht im Obligationenrecht teilweise revidiert.

Kernpunkt der Revision ist die Abkoppelung der Mietzinse vom Hypothekarzins und ihre 100-prozentige Anbindung an den Landesindex, die Teuerung. Bei Handänderungen soll der Vermieter den Mietzins im Rahmen einer so genannten Vergleichsmiete pro Jahr um höchstens 10 Prozent heraufsetzen dürfen.

Diese Vergleichsmiete soll auch zum Feststellen von missbräuchlichen Mietzinsen herangezogen werden. Diese sollen künftig dann als missbräuchlich gelten, wenn sie mehr als 15 Prozent über den Vergleichswerten liegen.

Der Schweizerische Mieter- und Mieterinnenverband war jedoch mit diesen Beschlüssen nicht einverstanden. Er ergriff erfolgreich das Referendum gegen die Gesetzes-Revision. Daher stimmen die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger am 8. Februar 2004 nun über die Vorlage ab.

Zinsspirale befürchtet

Der MV befürchtet konkret, dass es mit dem neuen Mietrecht nie mehr zu Mietzinssenkungen kommen wird. Eine Einschätzung, die auch Rolf Hegetschweiler vom Schweizerischen Hauseigentümer-Verband (HEV) teilt. “Aber die Mieten werden nur im Verhältnis der Lebenskosten-Steigerung ansteigen”, relativiert der FDP-Nationalrat.

Ein Haushaltsbudget werde damit nicht stärker belastet: “Das läuft ja mehr oder weniger parallel zur Lohn-Entwicklung und zu anderen Kosten.”

Ganz anders sieht es Anita Thanei, SP-Nationalrätin und Vizepräsidentin des MV. “Wir wollen nicht, dass ein grosser Teil der Bevölkerung durch ständig steigende Mieten in Schwierigkeiten gerät.”

Thanei betont, dass die Miete rund 25% der Haushaltskosten ausmache. “In Anbetracht dieser Tatsache handelt es sich hier um eine sehr wichtige Frage.”

Umstrittene Vergleichsmiete

Weiter kritisiert Thanei das Modell der so genannten Vergleichsmiete. Denn diese soll der Bestimmung von missbräuchlichen Zinsen dienen – jedoch geheim bleiben.

Dies sieht Hegetschweiler eher als einen Schutz der Mieter. “Wir sind überzeugt, dass eine Öffentlichmachung dieser Vergleichsmiete eher zu Steigerungen der Mieten führen könnte.”

Weil Mieterinnen und Mieter, die herausfinden wollen, ob ihr Mietzins missbräuchlich ist oder nicht, ein Verfahren anstrengen müssen, befürchtet Thanei eine “neue Prozess-Lawine, die beiden Seiten nichts bringen wird”.

Die gesamte Vorlage sei “noch schlechter” als das heutige Mietrecht, schliesst Thanei. Für Hegetschweiler ist sie jedoch “sicherer für beide Seiten”.

Da es sich bei der Vorlage um eine Gesetzesrevision, respektive ein Referendum dagegen handelt, ist am 8. Februar das Volksmehr ausschlaggebend.

swissinfo, Christian Raaflaub

Die Revision des Mietrechts weist folgende Schwerpunkte auf:

Die Anbindung der Mietzinse an den Hypothekarzins fällt weg, sie sollen sich nach dem Landesindex der Konsumentenpreise richten.

Ob Mietzinse missbräuchlich sind, wird nach neuen Kriterien beurteilt: Massgebend sollen in Zukunft bei Wohnungen die statistischen Vergleichsmieten und bei Geschäftsräumen die Mietzinse dreier vergleichbarer Objekte sein. Mietzinse sollen künftig dann als missbräuchlich gelten, wenn sie mehr als 15% über diesen Vergleichswerten liegen.

Grössere Mietzinserhöhungen wegen Mehrleistungen der Vermieter oder nach Handänderungen müssen neu zeitlich gestaffelt werden.

Die Gegner der Mietrechtsrevision befürchten ständig steigende Mieten und mehr Streitfälle durch das Modell der Vergleichsmiete.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft