Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Terrorismus: Kooperation Schweiz – Spanien

Bundesanwalt Valentin Roschacher will die Koordination mit den spanischen Behörden verbessern. Keystone Archive

Der Schweizer Bundesanwalt weilt zu einem Arbeitsbesuch in Madrid. Er diskutiert mit den spanischen Behörden den Fall eines in der Schweiz inhaftierten mutmasslichen Terroristen.

Valentin Roschacher führt die Untersuchung über die Zerschlagung eines terroristischen Netzes vor rund zehn Tagen.

Im Zentrum des bis Donnerstag dauernden Besuches stehen laut Bundesanwaltschafts-Sprecher Hansjürg Mark Wiedmer Gespräche um die Zusammenarbeit der Behörden beider Länder.

Gesprochen wird über die in Spanien und der Schweiz geführten Strafverfahren im Zusammenhang mit der mutmasslichen Terrorzelle, die von der Schweiz aus einen Anschlag auf das Oberste Gericht in Madrid geplant haben soll.

Auf dem Programm stehen verschiedene Arbeitstreffen mit Vertretern der spanischen Strafverfolgungs-Behörden. Roschacher trifft sich auch mit dem federführenden spanischen Ermittler Baltasar Garzon.

Verdacht

Garzon verdächtigt den in der Schweiz inhaftierten 31-Jährigen Islamisten, Mohammed Achraf, Anführer der Terrorzelle gewesen zu sein. Er hat unterdessen seine Auslieferung beantragt.

Die Terrorzelle, die von dem in der Schweiz inhaftierten Islamisten aufgebaut worden sein soll, plante laut Garzon über den Anschlag auf das Gerichtsgebäude im Zentrum Madrids hinaus weitere Attentate. Und zwar sei eine zweite Gruppe organisiert worden für den Fall, dass die erste Einheit beim Anschlag auf das Gericht ums Leben gekommen oder verhaftet worden wäre.

Die Pläne wurden gemäss Garzon in der Zelle eines Algeriers gefunden, der bereits vor den Verhaftungen der mutmasslichen Mitglieder der Terrorzelle in Spanien in Haft war.

In den sichergestellten Dokumenten seien mögliche Ziele für Anschläge in Madrid genannt worden, darunter der bereits am vergangenen 11. März heimgesuchte Bahnhof Atocha, das Fussballstadion Santiago Bernabeu, in dem Real Madrid seine Heimspiele austrägt, und die Zentrale der konservativen Volkspartei Spaniens.

Raubüberfälle in der Schweiz

Die Genfer Tageszeitung “Le Temps” berichtete am Dienstag unter Berufung auf spanische Quellen, der in der Schweiz inhaftierte Islamist habe eine Reihe von Raubüberfällen in der Schweiz geplant, um den Anschlag auf das Nationale Gericht zu finanzieren.

Die Schweizer Bundesanwalt führt ein eigenes Verfahren gegen den Mann durch. Er sitzt in Untersuchungshaft.

Der Verdächtige, möglicherweise ein Algerier, hatte im Frühling 2003 in der Schweiz um Asyl ersucht. Nach dem abschlägigen Bescheid der Behörden tauchte er im Oktober 2003 unter.

Mangels gültiger Aufenthalts-Papiere wurde er am 28. August 2004 im Kanton Zürich festgenommen und in Ausschaffungshaft gesetzt.

Nach eigenen Angaben erfuhren die Schweizer Behörden erst am 19. Oktober durch spanische Medienberichte über den Terrorverdacht gegen den Mann.

Als radikaler Moslem war er aber bereits vorher im Visier des Schweizer Inlandnachrichtendienstes gewesen.

Blocher: Keine Informationspannen

Fragen rund um den Informationsfluss zwischen Spanien und der Schweiz, aber auch zwischen dem Nachrichtendienst und den Schweizer Strafverfolgungsbehörden, sind inzwischen Gegenstand von parlamentarischen Untersuchungen und von politischen Vorstössen.

Laut Bundesrat Christoph Blocher gab es in der Schweiz keine Informationspanne. Vor den Bundeshausmedien bezeichnete Blocher hingegen die späte Information der Schweiz durch Spanien als Panne.

Es sei “nicht gut”, dass Spanien die Schweiz erst nach der spanischen Presse informiert habe, sagte Blocher. Dies müsse besprochen werden. Er wolle Spanien aber nicht anklagen, denn möglicherweise gebe es Gründe für dieses Vorgehen.

Dass es Informationspannen zwischen den verschiedenen Stellen in der Schweiz gab, stritt Blocher ab. Vor dem 19. Oktober habe es keine Hinweise darauf gegeben, dass es sich bei der fraglichen Person um einen mutmasslichen Terroristen handle.

swissinfo und Agenturen

Der mutmassliche Terrorist Mohammed Achraf suchte im Frühjahr 2003 in der Schweiz vergeblich um Asyl nach.
Im Oktober 2003 tauchte er unter.
Am 28. August 2004 wurde er wegen fehlender Ausweise verhaftet in Ausschaffungshaft gesetzt.
Am 19. Oktober erfuhren die Schweizer Behörden von den spanischen Vorwürfen gegen Achraf.

Bundesanwalt Valentin Roschacher will in Madrid die Zusammenarbeit zwischen Spanien und der Schweiz bei der Terrorismus-Bekämpfung verbessern.

Es geht um Mohammed Achraf, der in Schweizer Untersuchungs-Haft sitzt und sich weigert, an Spanien ausgeliefert zu werden.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft