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Tsunami: Schweiz zieht weitere Zwischenbilanz

Patong Beach in Phuket, im Februar 2005. Noch über 3000 Opfer sind vermisst. Keystone

Die Schweiz zählt zehn Wochen nach der Flutkatastrophe in Südasien 39 Todesopfer und 87 Vermisste.

Der Bund prüft ausserdem eine Beschleunigung in der juristischen Behandlung von Angehörigen von Vermissten, was Finanzhilfen betrifft.

10 der 39 Todesopfer seien schon sehr früh, ohne Hilfe und auf private Initiative in die Schweiz zurück gebracht worden, sagte Botschafter Peter Sutter von der Politischen Abteilung VI im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Dienstag vor dem Medien in Bern.

Zwei Personen seien kurz nach dem Tsunami vor Ort bestattet worden. Bei diesen Opfern verfüge der Bund über keine näheren Angaben.

Die restlichen 27 Toten wurden erst später gefunden. Von diesen seien 21 Schweizer und 6 Personen mit Wohnsitz in der Schweiz.

Eine Person habe in Sri Lanka ihr Leben verloren, die restlichen 26 in Thailand, sagte Arnold Bolliger, Vizedirektor des Bundesamt für Polizei (fedpol).

Die 26 Opfer von Thailand hätten dank den Schweizer Experten des Desaster Victim Identification-Teams (DVI) vor Ort identifiziert werden können. Insgesamt habe das DVI-Team mit Hilfe von DNA-Proben die Identität von 721 Leichen aus verschiedenen Staaten nachgewiesen.

Schnellere Finanzhilfeleistung

Von den 87 noch vermissten Personen werde eine in Sri Lanka gesucht, die restlichen in Thailand, sagte Bolliger weiter. “Bis alle gefunden respektive identifiziert werden, vergehen wahrscheinlich noch Wochen oder sogar Monate.”

Juristisch gesehen prüfe der Bund die Vorgaben des Zivilrechts, was die juristische Praxis im Fall von Vermissten betrifft. Im April werde eine Gesprächsrunde zu diesem Thema stattfinden.

Die Resultate dieser Runde würden es erlauben, so Ruth Reusser, Vizedirektorin des Bundesamtes für Justiz, die gegenwärtig als zu strikt erachtete Praxis der kantonalen Gerichte anzugehen.

Heute können eine Witwe oder ein Witwer, oder Waisen von Vermissten, die noch nicht als Todesopfer gelten, erst nach einer Wartezeit von zwei Jahren auf eine finanzielle Staatshilfe hoffen.

Reise nach Thailand

Das EDA frage bei den Angehörigen der Opfer auch nach, ob sie an einer Reise nach Thailand interessiert wären, sagte Bolliger. “Manchen hilft es, den Verlust einer Person zu verarbeiten, wenn sie den Ort des Unglücks besuchen können.”

Falls das Interesse da sei, werde das EDA eine solche Reise – wie das etwa auch Österreich oder Grossbritannien gemacht haben – organisieren. Um sich gegenseitig auszutauschen, hätten die Angehörigen sich bereits zu einer Selbsthilfegruppe zusammengetan.

Noch 23 Experten im Einsatz

In Indonesien, Thailand und Sri Lanka stehen zur Zeit 23 Schweizer Experten der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH) im Einsatz.

In Indonesien etwa würden Trinkwasserexperten Brunnen reinigen, führte SKH-Leiter Toni Frisch aus.

Er ist überzeugt, dass die Schweizer Helfer in Indonesien ihre Arbeit auch nach der seitens der Regierung vorgegebenen Deadline vom 26. April fortführen können.

“Wir haben eine gute Beziehung zu den Behörden vor Ort”, sagte Frisch. Die indonesische Regierung hatte angekündigt, dass die Hilfsorganisationen drei Monate nach den Tsunami das Land verlassen müssen.

Der Bund hatte insgesamt 28,5 Mio. Franken für Nothilfe und erste Wiederaufbaumassnahmen gesprochen. Er arbeitet in den Katastrophengebieten eng mit der Glückskette und dem Schweizerischen Roten Kreuz zusammen.

In den elf betroffenen Ländern geht man heute von gegen 300’000 Toten aus. Allein in Indonesien sind über 127’000 Personen ums Leben gekommen. Zudem wird mit über 500’000 Verletzten und zwei Millionen Obdachlosen gerechnet.

swissinfo und Agenturen

Die humanitäre Hilfe vor Ort wird von 23 DEZA-Experten fortgesetzt. 12 sind in Sri Lanka engagiert, 8 in Indonesien und 3 in Thailand.

In Sri Lanka ist auch vorgesehen, ein “Cash for Shelter”-Programm aufzustellen. Dabei würde Familien an Ort etwas dafür bezahlt, wenn sie obdachlos gewordene Personen bei sich aufnehmen.

Rund 7500 Familien könnten auf diese Weise bis 50’000 Obdachlose beherbergen.

Eine endgültige Bilanz der Opfer des Tsunami in Südostasien wird es nie geben.
Die UNO spricht von 300’000 Toten.
Allein Indonesien rechnet mit 127’000 Opfern.
Zwei Millionen sind obdachlos.
Die Schweiz zählt laut jüngster Bilanz 39 Opfer und 87 Vermisste.
27 Tote wurden an Ort von Schweizer Experten identifiziert.

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