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UNO prüft Schweizer Haftbedingungen

Die UNO zeigt sich besorgt über eine Reihe von Fragen in Zusammenhang mit den Haftbedingungen. Keystone

Das UNO-Komitee gegen Folter äussert Bedenken wegen möglicher Risiken bei Praktiken der Schweiz in der Haft- und Asylpolitik.

Das Komitee ist besorgt über einen Gesetzesentwurf, der den Gebrauch von Elektroschock-Waffen bei der Zwangsausschaffung regelt.

Am Montag hat eine Schweizer Delegation in Genf eine zweitägige Präsentation vor dem zehnköpfigen UNO-Komitee für die Schweiz gegen Folter abgeschlossen. Es geht um den vierten periodischen Bericht der Schweiz zur Einhaltung des Verbots von Folter und erniedrigender Behandlung (UNO-Konvention gegen Folter).

Der Bericht umfasst einen Themenkreis, der von Asyl und Zwangsausschaffung bis zu den Rechten reicht, auf die sich Personen unter Polizeiaufsicht berufen können. Ebenso geht es um Strafgefangene, die in der Schweiz transportiert werden.

Geleitet wurde die Schweizer Delegation von Bernardo Stadelmann, Vize-Direktor des Bundesamtes für Justiz. Gegenüber swissinfo bezeichnete er das Treffen mit den Experten als konstruktiv.

Die Schweizer Delegation sei auf die meisten vom UNO-Komitee eingebrachten Punkte eingegangen. “Das Komitee strich das gute Beispiel der Schweiz innerhalb der Ländergemeinschaft heraus, was den Respekt vor der UNO-Konvention gegen Folter betrifft.”

Frage nach den genauen Richtlinien beim Einsatz

Beim geplanten Einsatz von Elektroschock-Geräten geht es um Elektro-Pistolen, die lähmend wirken. Deren Einsatz ist im Entwurf des Schweizerischen Zwangsanwendungs-Gesetzes (ZAG) vorgesehen, wenn illegal Eingewanderte sich ihrer Ausschaffung widersetzen.

Sayed El Masry, Ko-Berichterstatter des UNO-Komitees, fragte, ob die Anwendung solcher Geräte genauen Richtlinien unterstellt werde, falls diese zum Einsatz kämen. “Zahlreiche Länder halten solche Geräte für Folterinstrumente”, sagte er.

Laut Stadelmann ist der vorgeschlagene Einsatz von Elektroschock-Geräten auch im Laufe des Vernehmlassungs-Verfahrens des ZAG auf Kritik gestossen.

Bundesrat entscheidet über Verwendung

Das Verfahren werde nun ausgewertet, und der Bundesrat müsse, so Stadelmann, entscheiden, ob die Verwendung solcher Waffen im Gesetzesentwurf enthalten bleibe.

Gemäss El Masry soll die Schweizer Delegation präzisieren, ob der Gesetzgeber einige der Mittel zu verbieten gedenke, die bei Zwangsausschaffungen zum Einsatz kommen und die Atmung der betroffenen Personen beeinträchtigen könnten.

1999 und 2001 waren zwei abgewiesene Asylsuchende während der Zwangsausschaffung erstickt.

Klagen nehmen zu, gewalttätige Demonstrationen auch

Claudio Grossmann, der Berichterstatter des betreffenden UNO-Komitees für die Schweiz, wollte zudem wissen, weshalb in der Schweiz die Zahl der Klagen wegen Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung zugenommen hat.

Urs Rechsteiner, Chef der Genfer Polizei, brachte die Zunahme der Klagen in Zusammenhang mit den gewalttätigen Demonstrationen, wie zum Beispiel während des G8-Treffens in Evian.

Der ZAG-Entwurf sieht gewisse Typen von Fesseln, Handschellen, Elektroschock-Waffen und Gummiknüppeln vor. Sie sollen zum Einsatz kommen, wenn andere Mittel nichts mehr nützen.

Amnesty International

Die Schweizer Delegation wies zudem Vorwürfe von Amnesty International in zurück. Dabei geht um Vorfälle in der Empfangsstelle Kreuzlingen TG.

Drei Asylsuchende reichten Klage ein. Im Februar hatte ein Asylsuchender in Kreuzlingen bei einer Auseinandersetzung mit Securitas-Mitarbeitern einen vierfachen Armbruch erlitten.

Bereits im vergangenen Sommer hatte Amnesty das “restriktive Klima” in dieser Empfangsstelle kritisiert. Damals waren Asylsuchende zur Strafe in ein Glashaus gesetzt worden.

Das Bundesamt für Migration (BFM) habe Amnesty zu einem Gespräch über die monierten Misshandlungen eingeladen, sagte ein Delegations-Vertreter.

swissinfo und Agenturen

1999 erstickte ein Palästinenser während seiner Ausschaffung in Zürich-Kloten, weil ihn Polizisten geknebelt hatten, um ihn am Schreien zu hindern.

2001 verstarb ein Nigerianer während seiner Ausschaffung im Wallis, weil ein Polizist seine Atmung blockierte.

Für die Ausschaffung abgewiesener Asylbewerber ist in der Schweiz die Kantonspolizei zuständig.

1986: Die Schweiz ratifiziert die UNO-Konvention gegen Folter.
1997: Die Schweiz legt dem UNO-Komitee ihren letzten Bericht vor.
Laut ZAG-Gesetzesentwurf sind Handschellen, Fussfesseln und Fesselungsbänder bei Ausschaffungen erlaubt.
Notfalls auch Elektroschock-Geräte und Schlagstöcke.
Nicht mehr erlaubt sein sollen Integralhelme, Knebel und Knebelungen.
Auch gewisse Festhalte-Techniken und Medikamente zur Ruhigstellung sollen verboten werden.

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