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Menschenrechte: Fortschritte und Reformbedarf

Laut Menschenrechtsorganisationen ist die Glaubwürdigkeit der UNO-Menschenrechtskommission zerstört. Keystone

Bei Antiterror-Massnahmen soll künftig ein Berichterstatter die Menschenrechte schützen. Das hat die Menschenrechts-Kommission der UNO entschieden.

An der in Genf zu Ende gegangenen Jahressitzung der Menschenrechts-Kommission konnte sich die Schweiz als starke Akteurin profilieren.

Mit diesem Entscheid kam das UNO-Gremium einer langjährigen Forderung von unabhängigen Menschenrechts-Organisationen nach. Die Resolution wurde durch Konsens verabschiedet. Demnach akzeptiert die internationale Staatengemeinschaft, dass die Menschenrechte allgemeine Gültigkeit haben.

Der Entscheid zu Gunsten eines für drei Jahre eingesetzen Berichterstatters zum Schutz der Menschenrechte bei Antiterror-Massnahmen zeigt, dass die MRK funktionsfähig ist.

Vorsichtiges Fazit

Damit dürfte auch Versuchen einzelner Staaten – darunter den USA – ein Ende gesetzt werden, etwa Folter neu zu definieren und Misshandlungen für zulässig zu erklären.

“Es war zwar ein gutes Jahr für die Kommission, aber das reicht noch nicht”, bilanzierte Jean-Daniel Vigny, Minister für Menschenrechte bei der Schweizer UNO-Mission in Genf. “Obwohl wir besser dastehen als vorletztes und letztes Jahr, sind wir noch weit von einem Erfolg entfernt.”

Neuer Akteur

Die Schweiz, die für die MRK-Mitgliedschaft 2007 bis 2009 kandidiert, erwies sich als einer der neuen Akteure. So reichte sie eine Resolution zu Nepal ein, die durch Konsens verabschiedet wurde.

Zuvor hatte Nepal unter Vermittlung der Schweiz ein Abkommen mit dem UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte unterzeichnet und damit Menschenrechts-Beobachter der UNO akzeptiert.

Probleme ausgeklammert

Ob die MRK reformiert oder durch einen permanent tagenden Menschenrechtsrat ersetzt wird, ist vorerst offen. Jedes UNO-Gremium kann letztlich nur beschliessen, was die einzelnen Mitgliedstaaten der UNO wollen. Dabei ist diese dem Problem politischer Händel ausgesetzt.

Unter dem Eindruck der Reformdiskussion habe es in der MRK eine gewisse Zurückhaltung gegeben, wie der Schweizer UNO-Botschafter Blaise Godet sagte. Heikle Punkte seien ausgespart worden, darunter China, Tschetschenien, Turkmenistan und Simbabwe.

Nur vier Länder wurden verurteilt: Kuba, Birma, Nordkorea und Weissrussland. Israel wurde aufgefordert, den Bau der völkerrechtswidrigen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten zu stoppen.

Bevölkerung nicht geholfen

Die Verurteilung eines Landes durch die MRK schafft laut Diplomaten für die betroffenen Menschen keine direkte Verbesserung. Besser sei es, eine Regierung in einen ständigen Dialog einzubeziehen, in dem sie auch Rechenschaft abgeben müsse. Aus diesem Grund wurde die Kompromiss-Resolution der EU und der Afrikanischen Union (AU) zu Sudan begrüsst.

Die MRK ist auch ein wichtiges Forum für NGO, die dieses Jahr mit 3000 Delegierten vertreten waren. Die Teilnahme der NGO und die Tätigkeit der Sonderberichterstatter soll auch nach einer Reform erhalten bleiben.

Stirn bieten

Die sechswöchige Jahressitzung der MRK habe gezeigt, dass das Gremium etwas erreichen könne, wenn die 53 Mitgliedstaaten den politischen Willen dazu hätten, erklärte die Internationale Juristenkommission (ICJ).

Als positive Beispiele nannten Menschenrechts-Organisationen neben der Antiterror-Resolution jene zu Nepal und zum Stopp der Straffreiheit für Täter. Die MRK habe aber den mächtigsten Staaten – den fünf ständigen Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrates – nicht die Stirn bieten können.

Alle für Reform, aber…

Am Abschlusstag kündigte die Schweiz an, dass sie Anfang Mai 60 Staaten nach Lausanne einlade, um die Reformpläne zu diskutieren.

“Ich gehe davon aus, dass die nächste Kommission hinsichtlich Format, Zusammensetzung und Struktur nicht mehr mit dem aktuellen Gremium übereinstimmt”, sagte Louise Arbour, die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte.

Über eine Notwendigkeit einer MRK-Reform herrscht Einigkeit. Nach Meinung der NGO muss die Grundlage dafür der politische Wille sein, die Menschenrechte weltweit zu schützen.

Graben Nord-Süd

Auch westliche Diplomaten halten die MRK für reformierbar. Es bestehe ein Kluft zwischen Ländern des Nordens und des Südens, hiess es.

Diese könne durch eine Aufwertung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte verringert werden. Die Meinungsfreiheit sei tatsächlich erst relevant, wenn man genug zu essen habe, meinte ein Diplomat.

swissinfo, Annegret Mathari, sda in Genf

Die Gastgeberin Schweiz hat sich an der 61. MRK-Jahresversammlung in Genf für mehrere Resolutionen eingesetzt.
So unter anderem für einen Beobachter-Einsatz in Nepal und für die Ernennung eines Berichterstatters zum Schutz der Menschenrechte bei Antiterror-Massnahmen.
Die Schweiz hat auf Anfang Mai 60 Staaten nach Lausanne eingeladen, um die Reform der MRK voran zu treiben.

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