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Papstbesuch von Erfolg gekrönt

Eine junge Katholikin erhält vom Papst während der Gross-Messe die Kommunion. Keystone

Rund 70'000 Personen haben am Sonntag der Messe von Papst Johannes Paul II. in Bern beigewohnt. Dabei rief er die Katholiken zum Handeln und zur Ökumene auf.

Der Papst kehrte am Sonntagabend nach Rom zurück. Trotz angeschlagener Gesundheit will er weitere Reisen unternehmen.

Papst Johannes Paul II. hat am Wochenende in Bern die 103. Auslandsreise seiner bald 26-jährigen Amtszeit mit einer gewissen Mühe hinter sich gebracht. Das 84-jährige Oberhaupt von weltweit mehr als einer Milliarde Katholiken wirkte als Folge seiner Parkinson-Krankheit zeitweise noch gebrechlicher als sonst.

Bei einem Treffen mit rund 13’000 Jugendlichen in der Eishalle von Bern schien ihm am Samstagabend anfangs die Stimme zu versagen, doch er hielt eisern durch und verlas seine gesamte Rede selbst – nur wenige Jugendliche gaben danach aber an, seine auch gegen die Konsumgesellschaft und sexuelle Freizügigkeit gerichteten Worte verstanden zu haben.

Kein Rücktritt

Doch Johannes Paul II. machte erneut klar, dass er nicht ans Aufgeben denkt. “Es ist schön, sich bis zum Schluss für das Reich Gottes aufzuzehren”, sagte der Pole auf dem Stuhl Petri.

Damit wischte er zugleich Rücktrittsforderungen vom Tisch, die Schweizer Katholiken unmittelbar vor seinem Besuch erhoben hatten.

An der Papstmesse massregelte er dann vor rund 70’000 Gläubigen in Bern innerkirchliche Abweichler, indem er die Schweizer Kirche aufforderte, “sich beständig von den Rauschgiften des Egoismus zu befreien”.

Später traf der Papst mit den Schweizer Bischöfen und Ex-Schweizer-Gardisten zusammen.

Papst Johannes Paul II. hat am Sonntagabend seinen knapp 32-stündigen Besuch in der Schweiz beendet und ist vom Militärflugplatz Payerne aus nach Rom abgeflogen.

Vor dem Start der Sondermaschine der Alitalia um 19.03 Uhr wurde das
Staatsoberhaupt des Vatikans von Bundespräsident Joseph Deiss verabschiedet.

Begeisterte Reaktionen

Die Organisatoren des Katholischen Jugendtreffens haben sich rundum zufrieden gezeigt. Der Papstbesuch sei ein historisches Ereignis für die katholische Kirche der Schweiz und werde noch lange nachwirken. Die Messebesucher hätten sich vorbildlich verhalten, und das befürchtete Verkehrschaos sei ausgeblieben.

“Unsere Erwartungen wurden bei weitem übertroffen”, sagte der Programmverantwortliche Pierre-Yves Maillard.

Die 17-jährige Ana Montoro kam in erster Linie nach Bern, um den Papst zu sehen. Dass sie seine Begrüssungsworte nicht verstanden hat, störte sie nicht.

“Wichtiger war für mich, dass ich den Papst durch meine Anwesenheit unterstützen konnte.” Ana ist mit allem “und wirklich mit allem” einverstanden, was der Papst vertritt.

Auch die 16-jährige Catherin Röder war fasziniert vom Papst. “Er hat eine unglaubliche Ausstrahlung.” Das Treffen hat ihr sehr gut gefallen: “Ich traf viele andere Jugendliche.” Deshalb sei sie schliesslich hergekommen. Religös sei sie nicht und deshalb auch froh, dass sie im Firmunterricht nicht die Bibel lesen würden.

Dina (27) aus dem Kanton Thurgau erlebte den Besuch des Papstes mit gemischten Gefühlen: “Es berührt mich schon, wie krank er ist, er sollte gehen können”, meint Dina.

Auch kritische Stimmen

Anderer Meinung waren die Kritiker, die den Papst im Vorfeld seines Besuches zum Rücktritt aufgefordert hatten. Die Ansprachen des Papstes seien allgemein gehalten und schlecht verständlich gewesen, stellte der Initiant und Sprecher der kritischen Katholiken, Xaver Pfister, in einer persönlichen Stellungnahme fest.

Die Begegnung der Jugendlichen mit dem Papst auf der Ebene der Worte sei keine Begegnung gewesen, sondern ein Verlesen wohlgedrechselter Texte. “Da fand kein Dialog statt. Anderes zu behaupten, wäre Etikettenschwindel”, sagte Pfister.

Ins selbe Horn stiess auch der kirchenkritische Schweizer Theologe Hans Küng. Er sprach von “triumphalistischem Personenkult”. Der Papst sei einmal mehr Antworten auf die dringendsten Fragen kirchlicher Innenpolitik schuldig geblieben.

“Das war kein repräsentatives Treffen der katholischen Schweizer Jugend, wie ich sie kenne”, sagte Küng. Vielmehr habe es sich um einen geschickt inszenierten Kirchen-Event gehandelt.

Er erinnerte an den letzten Papstbesuch vor 20 Jahren, als die Jugendlichen noch kritische Fragen zum Zölibat, zu den Frauen in der Kirche und zur Ökumene hätten stellen dürfen. Jetzt hätten sie nur zujubeln, Grussbotschaften verlesen und devot die Hände küssen dürfen.

Kaum nennenswerte Zwischenfälle

Die Berner Polizei, die für den Papstbesuch ein riesiges Sicherheitsdispositiv aufgezogen hatte, verzeichnete kaum nennenswerte Zwischenfälle, nahm aber im und um das Festgelände, etwa bei einer unbewilligten Anti-Papst-Demonstration vom Samstag, 23 Personen vorübergehend fest.

Da mehrheitlich der öffentliche Verkehr benützt wurde, entstand kein Verkehrschaos.

swissinfo und Agenturen

Der Papst weilt am ersten Juni-Wochenende zu seinem dritten offiziellen Besuch in der Schweiz.

Der Pavillon für den Papst auf der Berner Allmend bietet eine 800 Quadratmeter grosse Fläche für die religiöse Zeremonie.

Zur Messe haben sich rund 70’000 Personen eingefunden.

Am katholischen Jugendtreffen vom Samstag haben mehr als 12’000 junge Menschen teilgenommen.

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