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Presseschau vom 03.03.2004

Die Anschläge gegen Schiiten zum Aschura-Fest in Irak und Pakistan beschäftigt die Presse am Mittwoch.

Im Inlandbereich dominieren die Sessionsgeschäfte des Parlaments: Cannabis und RTVG. Zudem wird der diesjährige Genfer Autosalon eingeläutet.

“Der Glaube ist bereit zu leiden”, kommentiert die NEUE LUZERNER ZEITUNG die schrecklichen Massaker während des Aschura-Fests, an dem die Schiiten das Martyrium ihres Imam Hussein feiern. “Die Umstände lassen vermuten, dass es in beiden Ländern – Irak und Pakistan – darum geht, die Lage entlang konfessioneller Grenzen ins Chaos kippen zu lassen.”

Pakistan, wo ein Fünftel der Bevölkerung schiitisch ist, kenne seit Jahren blutige Kämpfe unter Extremisten beider Glaubenseinrichtungen. “Die Taliban und El-Kaida-Leute sind ausgesprochene Schiitenfresser.”

Immer tiefer im Chaos

“Der Feind im Irak heisst Al Qaida”, kommentiert die BASLER ZEITUNG. Letztlich müssten jetzt die seit Jahrzehnten gebeutelten Iraker für eine grobe Fehlkalkulation die Rechnung bezahlen. Die USA hätten einen Vorposten gegen Al Kaida im Irak errichten wollen. “Eher erscheint, wie wir jetzt wissen, das Gegenteil richtig.”

“Immer tiefer ins Chaos”, meint DER BUND. “Die Schiiten Iraks, in einen Machtkampf zwischen Laizisten und strengen Fundamentalisten verwickelt – wie übrigens auch die Sunniten – werden, wie einst unter Saddam Hussein, zu Freiwild”.

Mit dem jüngsten Massaker seien, so DER BUND weiter, die Besetzungsmächte einen weiteren unheilvollen Schritt ins irakische Chaos gezogen worden.

Cannabis-Konsum: Festhalten an Entkriminalisierung

Zu Sessionsbeginn habe die Kleine Kammer grundsätzlich an Revision des Betäubungsmittel-Gesetzes respektive der Entkriminalisierung des Cannabiskonsums festgehalten, schreibt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. “Nachdem sich der Nationalrat im Vorfeld der Wahlen geweigert hatte, auf den Revisionsentwurf einzutreten, und lieber nichts tat, um ja nichts Falsches zu tun, musste der Ständerat nochmals über die Bücher.”

Der Ständerat hatte als Erstrat bereits im Dezember 2001 die Revision des Betäubungsmittel-Gesetzes durchberaten.

Die Diskussion seither habe zu chaotischen Verhältnissen geführt. Die grosse Kammer habe das Thema jahrelang wie eine heisse Kartoffel vor sich hergeschoben und schliesslich fallengelassen, schreibt die BERNER ZEITUNG.

“Rauchende Köpfe”

Selbst der Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz habe jüngst eine allgemeine Verunsicherung festgestellt, so die NZZ. Er habe geklagt, dass “schon lange so getan wird, als wäre Cannabis legal”. Das hinterlasse Ratlosigkeit.

“Ob der Nationalrat im zweiten Anlauf auf die Ständeratslinie einschwenkt, ist aber höchst ungewiss”, schreibt die BZ. “Unweigerlich wird die Entkriminalisierung des Cannabiskonsums im Nationalrat für rauchende Köpfe sorgen.”

Der Entscheid des Ständerats zwinge den Nationalrat, sich nochmals mit dem Thema zu befassen.

Der TAGES ANZEIGER bemerkt, dass bei der ständerätlichen Debatte “die Differenzen mitten durch die Parteien gingen”. Bundesrat Pascal Couchepin habe nach einem Besuch in einem Hanfladen kürzlich gesagt, dies sei eben die Realität, und diese zeige Probleme auf, denen das geltende Betäubungsmittel-Gesetz nicht mehr beikomme.

Mit seinem Eintreten auf das Betäubungsmittel-Ggesetz hat der Ständerat laut TAGI “verhindert, dass das Gesetz nach mehr als zehnjähriger Arbeit bachab geht”.

Neues Radio-/TV-Gesetz

Mit dem Zitat eines CVP-Parlamentariers “Ce projet est bien trop compliqué, mais le renvoyer aurait été encore pire – dieses Gesetzesprojekt ist zu kompliziert, doch eine Rückweisung wäre noch schlimmer” umschreibt die Westschweizer LE TEMPS, weshalb der Nationalrat auf die Revision des Radio-/TV-Gesetzes eingegangen ist.

“Gesetzesabsturz verhindert”, schreibt DER BUND dazu, und bemerkt zwei nahezu geschlossene politische Gruppierungen. FDP/SVP, die die Rückweisung an den Bundesrat verlangte, gegen alle anderen, die die Revision als ausgewogen verteidigten.

Die NLZ sieht einen positiven Nebeneffekt: “CVP überrascht mit Disziplin: Auffällig war insbesondere die Fraktionsdisziplin der Christdemokraten, von denen einige dem Gesetz ausgesprochen kritisch gegenüberstehen”.

Genfer Autosalon: Frauenauto

Weit entfernt von diesem Mainstream füllt die Boulevardzeitung BLICK ihre Front mit anderen Themen: Bob Lutz, Vizechef von General Motors und gebürtiger Schweizer, hält für den diesjährigen Autosalon in Genf den Daumen hoch.

Die BZ erwähnt eine der Auto-Premieren in Genf ganz besonders: Volvo habe ein Auto speziell für Frauen lanciert – von einem Frauenteam entwickelt. Die Frage sei erlaubt: Ist es angesichts der in der Schweiz noch vorherrschenden Lohndifferenz zwischen Mann und Frau auch 30% günstiger zu kaufen?

swissinfo, Alexander Künzle

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