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Rey-Bellet in Silberlaune

Corinne Rey-Bellet auf dem Weg zu ihrer Abfahrts-Medaille. Keystone

Corinne Rey-Bellet gewann die Silbermedaille für die Schweiz zeitgleich mit Alexandra Meissnitzer, Österreich. Gold holte Melanie Turgeon, Kanada.

Bronze am Samstag, Silber am Sonntag: Das Abfahrtswochenende war für Swiss-Ski und auch die Organisatoren Gold wert.

Als die Anzeigetafel im Ziel bei der letzen Zwischenzeit von Corinne Rey-Bellet Gleichstand mit der zu dieser Zeit führenden Österreicherin Brigitte Obermoser anzeigte, ging ein Aufschrei durch die vielen Zuschauer, die im Ziel in der herrlichen Engadiner Sonne das Rennen genossen.

Einige Sekunden später war es kein Aufschrei mehr: Ein grenzenloser Jubel fegte über die Tribüne. Bestzeit für Corinne Rey-Bellet! Das Zuschauerrund wurde in rote Schweizer Fahnen getaucht.

Nur Turgeon war schneller

Allzu viel jubeln, sich auf Gold festlegen, wollten die Kommentatorinnen und Kommentatoren aber noch nicht. “Es stehen noch starke Fahrerinnen oben”, sagte die ehemalige liechtensteinische Spitzenfahrerin Hanni Wenzel diplomatisch.

Doch nur noch eine Fahrerin sollte um 11 Hundertstel-Sekunden schneller sein als Corinne Rey-Bellet: die Kanadierin Melanie Turgeon.

Sie ist eine Überraschungs-Siegerin: Schaut man sich ihre Platzierungen in diesem Winter an, findet man sie auf dem 13. Platz im Abfahrts-Weltcup. Ein sechster Platz auf der Lenzerheide war bislang das beste Ergebnis der neuen Weltmeisterin.

Froh über Podestplatz

Silbermedaillen-Gewinnerin Corinne Rey-Bellet brachte als bestes Resultat einen zweiten Platz in Lake Louise mit. Im aktuellen Weltcup liegt sie auf Platz fünf.

30 Jahre alt ist die Walliserin mittlerweile, sie packte wohl eine ihrer letzen Chancen, sich ins Rampenlicht zu fahren. Denn obowohl schon lange im Geschäft, gelang Rey-Bellet der grosse Wurf noch nie.

Nach einer langwierigen Knieverletzung zu Beginn der Saison schien der WM-Start in Frage gestellt. Eine Medaille sowieso. Doch – ähnlich wie Bruno Kernen bei den Männern – hat sich auch Corinne Rey-Bellet zurückgekämpft.

Auf einem grossen Teil der Strecke war Rey-Bellet die Schnellste. Am Schluss reichte es aber noch nicht ganz. Auf die Frage, ob sie enttäuscht sei, sagte sie: “Zu Beginn schon ein wenig, doch an einer WM auf dem Podest zu stehen, ist ein besonderes Erlebnis.”

Piste schneller

Dem Druck nicht standhalten konnte die Schweizerin Monika Dumermuth. Sie war im Training einmal die Schnellste und einmal die Zweitschnellste gewesen. Doch im Rennen erreichte sie dann “nur” den 10. Rang. “Am Renntag waren die Routiniers gefragt”, sagte ein Verantwortlicher von Swiss-Ski.

Die Strecke sei schneller gewesen als im Training und plötzlich waren die Sprünge länger. “Da waren die Newcomerinnen überfordert, landeten zehn Meter weiter unten und verloren die Linie”, meinte man bei Swiss-Ski.

Die veränderte Situation war sicher ein Vorteil für Corinne Rey-Bellet, die schon einige Jahre im Skizirkus dabei ist.

Gold für die Organisatoren

In der ersten WM-Woche hatten viele ausländische Medien von Weltmeisterschaften ohne Stimmung gesprochen. Ein Stadionsprecher versuchte nun dieses Wochenende das Publikum anzuheizen.

Doch die Motivation der Zuschauerinnen und Zuschauer ist abhängig von den Schweizer Leistungen. Fahren die Schweizer Skirennläuferinnen und – rennläufer vorne mit, dann muss keine Stimmung erzeugt werden, das Zielrund tobt sowieso.

Obwohl die Anreise von Italien und Österreich nicht lang wäre, kommen zwei Drittel der Zuschauer aus der Schweiz.

Die Leistungen der Schweizer – bereits im Training – sind deshalb wichtig, um viele Besucher nach St. Moritz zu locken.

Die Verantwortlichen sprachen im Vorfeld der WM von erhofften 100’000 Zuschauern. Diese Zahl dürfte ohne Probleme erreicht, ja übertroffen werden. 18’000 waren am Eröffnungsrennen, dem Herren-Super-G, mit dabei, 10’000 beim Damen-Super-G.

Am jetztigen zweiten WM-Wochenende war der Andrang noch grösser: 38’000 Leute kamen an die Herren-Abfahrt und 17’000 zur Damen-Abfahrt.

Jetzt 160’000 Zuschauer

Nicht bloss die Leistungen der Fahrerinnen und Fahrer: Auch das tolle Wetter und die guten Bedingungen auf den Pisten tragen zum Erfolg der WM in St. Moritz bei.

So ist denn die Zielgrösse von 100’000 Zuschauern für Andrea Gilli, Verantwortlicher im Pressezentrum, Schnee von gestern. “Heute rechnen wir mit 150’000 bis 200’000 Leuten.”

Gilli verweist auf die riesige Nachfrage für den Herren-Riesenslalom vom kommenden Mittwoch. Der Vorverkauf laufe eher besser als derjenige für die Herren-Abfahrt. “Wegen Michael von Grünigen kommt wohl das halbe Berner Oberland nach St. Moritz”, sagte Gilli.

swissinfo, Urs Maurer, St. Moritz

1. Melanie Turgeon, CAN 1.34.30
2. Corinne Rey-Bellet, SUI 1.34.41
3. Alexandra Meissnitzer, AUT 1.34.41
10. Monika Dumermuth, SUI
11. Sylviane Berthod, SUI
22. Catherine Borghi, SUI

Die Piste der Damenabfahrt heisst “Engadina”. Der Start liegt auf 2’745 m.ü.M, die Höhendifferenz beträgt 705 Meter.

Die Schlüsselstellen der Damenabfahrt:

Muot Alpina: Die Anhöhe erhielt ihren Namen vom St. Moritzer Skiclub, der 1903 gegründet wurde.

Foppa (Mulde): Der Name sagt alles.

Gianda (Geröllhalde): Wäre kein Schnee, wären da viele Steine.

Grosses Loch: Die Piste überquert eine Senke.

Weisses Band: Der Name kommt vom legendären Skirennen “Weisses Band”, das erstmals 1936 stattfand.

Rainalter: Edy Rainalter war 1948 in St. Moritz Olympiasieger.

Engnis: Eine schmale Passage.

Lärchenweg: Die berühmte Lärche, die über der Waldgrenze den Naturgesetzen trotzt.

Salastrains: Das Ziel für sämtliche Rennen.

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