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Schweizer fördert lokale Milchproduktion in Mali

Die beiden Gründer von Djom Kossam: Stephan Wullschleger und Aguibou Sall. Djom Kossam

Ein junger Zürcher Lebensmittelingenieur mischt im westafrikanischen Land Mali die Milchwirtschaft auf. Der 29-jährige Stephan Wullschleger hat mit einem kleinen Kiosk angefangen. Heute beliefert seine Firma bereits Supermärkte in Bamako mit Qualitätsmilch.

“Es war eigentlich ein Riesen-Zufall”, sagt Stephan Wullschleger gegenüber swissinfo.ch.

Er war 2005 für seine Doktorarbeit nach Mali gereist, um für das Labor für Lebensmitteltechnologie der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich eine Bakterienkultur für die lokale Sauermilch Fènè herzustellen.

Auf der Suche nach einem Übersetzer lernte er einen einheimischen Agronomen kennen, Aguibou Sall.

“Er war sehr interessiert an der Entwicklung des lokalen Milchmarktes”, erzählt Wullschleger. Zwar leben rund um Bamako viele Bauern mit Kühen, doch “die grossen Molkereien in der Hauptstadt importieren zu 90 Prozent Milchpulver. Das schien uns irgendwie nicht logisch”.

Die Idee

So entstand die Idee, die Milch selber in die Hauptstadt zu bringen. “Ich überwies ihm 4000 Franken, damit er mitten in der Hauptstadt einen Kiosk eröffnen konnte.” Die Marke “Djom Kossam” war geboren, was in der lokalen Sprache Peul so viel heisst wie “Frau, die Milch verkauft”.

“Die Milch wird auf dem Land gesammelt, pasteurisiert und dann direkt nach Bamako gefahren”, erklärt der Jungunternehmer. “Und im Kiosk von Djom Kossam haben wir genügend Kühlschränke, um die Milch zu kühlen und zu lagern.”

Doch die beiden dachten schon weiter und verkauften die Milch nicht nur im Kiosk selber. Kunden können sie auch per Fahrradkurier gekühlt nach Hause liefern lassen.

Auch wenn das Unternehmen heute schon viel grösser ist; der Kiosk existiert immer noch: “Das ist, wenn man so sagen will, unser Hauptsitz”, sagt Wullschleger, der in der Schweiz arbeitet und das Projekt von hier aus managt – immer noch zusammen mit Aguibou Sall, der sich vor Ort “zu 150% dem Unternehmen widmet und somit den Lohn für seine Familie verdient”.

Dank Internet-Telefonie funktioniere der Kontakt sehr gut: “Aguibou und ich haben zweimal in der Woche eine bis drei Stunden Kontakt. Und ich versuche zweimal im Jahr mindestens eine Woche in Mali zu sein, um die Sache vor Ort zu sehen.”

Der grosse Schritt

2008 wurde zum grossen Jahr der beiden Firmengründer. Mit einem professionell aufgezogenen Businessplan nahmen sie am Jungunternehmer-Wettbewerb Venture von der ETH Zürich und McKinsey teil – und gewannen den Jury-Spezialpreis.

“Das gab uns die Chance, uns an verschiedenen Investoren-Präsentationen vorzustellen”, so Wullschleger. “Dabei machte sich ein Investor mit uns auf den Weg. So konnten wir diesen ersten Schritt machen.”

Mit den investierten 25’000 Franken und einigem aus der eigenen Tasche machten sich die beiden daran, eine eigene Molkerei zu bauen, um mit einer eigenen Produktionskette weniger abhängig vom schwankenden Angebot zu sein.

“Vor gut einem Jahr haben wir diese kleine Molkerei eröffnet und arbeiten in einem grösseren Massstab.” Nun beliefern die beiden auch Supermärkte mit ihrer Milch (250 bis 400 Liter pro Tag) und beschäftigen insgesamt zehn Personen.

Zwang zum Wachsen

Diese Zusammenarbeit ist aber nicht immer einfach, denn es existieren keine Verträge mit den Supermärkten. Sie bestellen nur, wenn sie Milch brauchen. “Das grosse Problem ist, dass in der Regenzeit eine grosse Produktion an Milch vorhanden ist, aber eine kleine Nachfrage”, sagt Wullschleger.

“Da müssen wir uns sehr schnell anpassen, dass wir nicht eine Überproduktion haben. Aber das liegt auch daran, dass wir momentan noch zu klein sind. Wir können noch nicht andere Milchprodukte wie Käse oder Joghurt herstellen und so die Überproduktion abfangen.” In Zukunft sei denn auch geplant, mit Joghurt-Produkten solche Zeiten zu überbrücken.

Vom Ingenieur zum Unternehmer

Für Wullschleger ist die Wandlung vom Ingenieur zum Unternehmer sehr interessant, “denn man fokussiert sich nicht nur auf das Produkt, das man entwickelt oder erforscht, sondern auch auf die vollständige Herstellungskette vom Bauern bis zum Kunden”.

Als Entwicklungshelfer sieht er sich eher nicht: “Unsere Idee ist, dass man Geld verdient – und zwar jeder in der Kette, vom Bauern bis zu jenem, der die Milch im Supermarkt verkauft.”

Um diese Kette nachhaltig zu entwickeln, haben er und Sall vor einem Jahr den Verein Pro Milch Mali gegründet. Schweizer Sponsoren können so malische Kühe finanzieren und damit einem Bauern zu einem Auskommen verhelfen.

Dazu gehören auch Ausbildungsprojekte, um den Bauern den richtigen Umgang mit ihren neuen Kühen beizubringen, wie etwa das korrekte Lagern von Futter für die Trockenzeit. “Mit einer ersten grösseren Spende konnten wir ein solches Ausbildungsprojekt ins Leben rufen, das gegenwärtig durchgeführt wird.”

Christian Raaflaub, swissinfo.ch

Parallel zum Aufbau der neuen Molkerei haben Wullschleger und Sall das Projekt “Pro Milch Mali” ins Leben gerufen.

Schweizer Spenderinnen und Spender können eine Kuh (Zebu-Rind) kaufen und einem malischen Bauern anvertrauen.

Damit soll jungen und motivierten Maliern ermöglicht werden, ihr eigenes Geld zu verdienen.

Die Sponsoren der Kühe können dem Tier einen Namen geben, wissen, bei welchem Bauern es unterkommt und werden regelmässig über dessen Milchleistung informiert.

In Mali sind verschiedene Schweizer Organisationen engagiert, so etwa die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza).

Die Organisation Tierärzte ohne Grenzen unterstützt seit 2005 in einem Projekt Kleinproduzenten im Milchsektor.

Die ETH versucht mit einem Projekt die Qualität der traditionellen malischen Sauermilch zu verbessern.

Zusammen mit dem Schweizerischen Tropeninstitut und afrikanischen Organisationen führt die ETH auch ein Projekt durch mit dem Ziel, gesunde Milch für die Sahelzone zu garantieren.

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