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Stéphane Lambiel kehrt zu olympischer Form zurück

Keystone

Ein Jahr nach seinem Rücktritt ist der Schweizer Eiskunstläufer Stéphane Lambiel wieder auf Olympiakurs. Am vergangenen Wochenende hat er sich für die olympischen Spiele in Vancouver qualifiziert. Interview.

Mit seinem souveränen Sieg am Olympia-Qualifikationswettkampf im deutschen Oberstdorf sicherte sich Lambiel einen der sechs noch freien Quotenplätze. Lambiel lief in einer eigenen Kategorie: Mit 232,36 Punkten distanzierte er den zweitplatzierten Russen Iwan Tretjakow um mehr als 26 Punkte.

swissinfo.ch: Wie beurteilen Sie selbst Ihre Leistung?

Stéphane Lambiel: Ich bin zufrieden mit dem Verlauf des Wochenendendes. Die drei Wochen vor dem Wettkampf waren für mich eine ruhige und ausgeglichene Zeit. Ich fühle mich in Form. Die Schmerzen sind praktisch verschwunden.

Im Vergleich zu den Vorjahren bin ich weiter in den Vorbereitungen, weil ich für Oberstdorf sehr intensiv trainiert habe. Ich habe also einen gewissen Spielraum, den ich im Hinblick auf Vancouver sicher gebrauchen kann.

swissinfo.ch: Was hat Sie dazu gebracht, schon nach einem knappen Jahr nach Ihrem Rücktritt wieder Wettkämpfe zu bestreiten?

S.L.: Auslöser war mein Gesundheitszustand. Ich hatte immer Lust zu kämpfen, aber ich brauchte die Kraft dazu. Als ich wieder zu meiner Form zurück gefunden hatte, gab es keinen Zweifel mehr in meinem Kopf.

swissinfo.ch: Haben Sie ihr physisches Tief nun vollständig überwunden?

S.L.: Die Muskelverletzung, die mich seit mehr als einem Jahr behinderte, ist unter Kontrolle. Die zwei Monate Ruhepause habe sich ausbezahlt. Danach habe ich nach und nach wieder mit Eislaufen begonnen.

Ich hatte das Glück, dass ich eine kanadische Physiotherapeutin kennengelernt hatte, die mir viel geholfen hat. Wie alle Körper von Spitzensportlern, ist auch meiner ständig grossen Spannungen ausgesetzt. Aber mittlerweile habe ich gelernt, mit den Schmerzen umzugehen.

swissinfo.ch: Sie haben gesagt: “Ich kehre zu meinem eigenen Vergnügen zum Wettkampf-Sport zurück.” Ist Ihnen egal, was das Publikum denkt?

S.L.: Ob in einer Gala oder in einem Wettkampf: Ich laufe immer für das Publikum und für die Richter. Aber in erster Linie ist es jedes Mal eine persönliche Herausforderung. Wenn die Leute meine Arbeit schätzen, bin ich selbstverständlich zufrieden.

swissinfo: Sie kehren zurück mit dem Ziel, an den olympischen Spielen in Vancouver zu brillieren. Denken Sie manchmal beim Rasieren am Morgen an eine Goldmedaille?

S.L.: Ich denke jeden Tag ans Trainieren, und ich will permanent Neues dazu lernen. Natürlich ist der olympische Traum in meinem Kopf. Zusammen mit meiner Entourage mache ich alles, um dieses Ziel zu erreichen. Aber es ist keine Zwangsvorstellung.

swissinfo.ch: Wie Roger Federer sind auch Sie ein Botschafter des Schweizer Sports in der Welt. Welches Bild von der Schweiz wollen Sie im Ausland vermitteln?

S.L.: Ich versuche ganz einfach, die Schweiz und mein zweites Heimatland Portugal so gut möglich zu vertreten. Aber ich nehme nicht in jedes Land ein Fondue und ein Caquelon mit.

Ich habe das Glück, dass ich trotz meiner jungen Jahre bereits so viele Länder bereisen konnte und andere Kulturen entdecken und gleichzeitig meiner Leidenschaft nachgehen durfte.

swissinfo.ch: Haben Sie schon als Kind von einer solchen Karriere geträumt?

S.L.: Im Alter von sieben Jahren, als ich mit Eislaufen begann, hatte ich Lust, der Beste zu sein und einmal ein grosser Meister zu werden, der viel in der Welt herumreist.

Heute habe ich dieses Ideal erreicht. Wenn ich noch einmal siebenjährig wäre, würde ich wieder dasselbe machen. Ich bereue nichts. Meine Eltern haben mich immer unterstützt, und ich habe eine Entourage gefunden, der ich vertrauen kann. Dank all diesen Menschen ging mein Kindheitstraum in Erfüllung.

Samuel Jaberg, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Französischen. Andreas Keiser)

Stéphane Lambiel wurde am 2. April 1985 in Martigny (Wallis) geboren. Sein Vater ist Schweizer, seine Mutter stammt aus Portugal.

Lambiel lebt seit einigen Jahren in Lausanne.

1997 hatte er seinen ersten Auftritt im Showprogramm der Weltmeisterschaften in Lausanne.

Wichtigste Erfolge: Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2006 in Moskau. Weltmeister 2005 und 2006. Europameister 2006 und 2008. Achtfacher Schweizer Meister.

Im Oktober 2008 gab Lambiel wegen einer Verletzung der Adduktoren seinen Rücktritt vom aktiven Spitzensport bekannt.

Im Juli 2009 kam er auf diesen Entscheid zurück.

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