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Street Parade: Zürich wird wieder Raver-Mekka

Abtanzen bis zum Umfallen: Zürcher Street Parade 2003. Keystone

Die 13. Street Parade wird am Samstag wiederum Hunderttausende Techno-Fans aus der ganzen Schweiz und dem Ausland nach Zürich locken.

Nach dem Ausfall der Love Parade in Berlin rechnen die Zürcher Organisatoren nicht mit einem grösseren Ansturm.

Alle Sommer wieder: Am Samstag strömen Hunderttausende Raverinnen und Raver an die Street Parade, um Zürich für einen Nachmittag und eine Nacht mit Technomusik zu erobern.

Das dezibelstarke Soundgewitter der 13. Ausgabe kommt von 33 Sattelschleppern. Die so genannten Lovemobiles pflügen sich ab Nachmittag im Schneckentempo ums Seebecken, inmitten einer riesigen Menge schrill oder knapp gekleideter Techno-Freaks aus dem In- und Ausland.

Nach der Parade verteilt sich die Menge auf zahlreiche Clubs und Partys, wo bis weit in den Sonntag hinein weiter getanzt wird.

Die Zürcher Street Parade ist nicht nur zum grössten Anlass der Schweiz – mit entsprechendem Gewicht als Wirtschaftsfaktor – geworden, sondern konnte sich in den letzten Jahren weltweit als grösster Techno-Umzug etablieren.

Grösserer Ansturm nach Berlin-Aus?

Seit In- und Outsider in schöner Regelmässigkeit das nahe Ende der Techno- und Raverszene verkünden, könnte der Trend diesen Sommer an der Limmat sogar in die andere Richtung gehen. Denn erstmals findet die Love Parade in Berlin, jahrelang die Nummer eins der Techno-Parties, nicht mehr statt.

Das Aus für die Berliner “Konkurrenz” bereitet den Zürcher Organisatoren aber kein Kopfzerbrechen, was das mögliche Erreichen von Kapazitätsgrenzen betrifft. “Ich gehe davon aus, dass das keine grossen Auswirkungen haben wird”, sagt Street Parade-Sprecher Stefan Epli gegenüber swissinfo.

“Zum einen gab es schon immer viele Leute, die an beiden Paraden waren. Zum andern ist es für viele Leute aus Deutschland, aber auch beispielsweise aus Polen, gar nicht möglich, nach Zürich zu kommen.”

Epli rechnet mit gleich vielen Teilnehmenden wie im Vorjahr, also zwischen 600’000 und 900’000.

Immer noch genügend Nachwuchs

Obwohl der Monsteranlass an der Limmat in der schnell-lebigen Technokultur bereits seine 13. Ausgabe erlebt, beobachtet Epli beim Publikum keine Altersmüdigkeit. “Ich stelle keine Überalterung fest, denn ich sehe alles, ganz Junge und ganz Alte.”

Die Street Parade habe kein konkretes Zielpublikum, so Epli. “Ich schätze aber, dass die meisten Teilnehmer zwischen 18 und 35 Jahren alt sind, also ungefähr dem Kinopublikum entsprechen.”

Gegen eine Überalterung spricht seiner Meinung nach auch das Zürcher Techno-Angebot mit verschiedenen Stilrichtungen, welches Leute unterschiedlicher Altersgruppen anspreche.

Politisches Mäntelchen

An der diesjährigen Street Parade soll laut dem Willen der Organisatoren für eine Zusammengehörigkeit der verschiedenen Kulturen demonstriert werden. Das Motto heisst “elements of culture”.

Damit wird auf einer politischen Ebene zu einem toleranten Umgang mit fremden Kulturen animiert und auf einer konkreten Ebene den seit Jahren in der Szene aktiven Künstlern die Ehre erwiesen. “Die elektronische Musik und die digitale Kunst sind heute etabliertes Kulturgut”, sagt Stefan Epli.

Stichwort Drogen

Ein Thema, das zur Street Parade gehört wie die Limmat zu Zürich, sind die Drogen. Der Konsum der so genannten Partydrogen, das sind psychoaktive Substanzen wie Ecstasy, LSD, Speed, GHB und eine Reihe weiterer Stoffe, gehört für viele Tanzwütige fix zum Programm des Wochenendes.

Dazu kommen die “üblichen Verdächtigen” Cannabis und Alkohol, aber auch Kokain. Besonders gefährlich wird’s beim Mischkonsum, wenn beispielsweise Cannabis, Ecstasy und Alkohol gleichzeitig konsumiert werden. Laut neuen Studien soll gerade der häufige Mischkonsum von Ecstasy und Cannabis zu schweren Hirnschäden führen.

Forschungen nötig

Sorgen bereitet dieses Konsumverhalten Franz Vollenweider von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, der auf dem Gebiet der Forschung mit psychotropen Substanzen dringenden Handlungsbedarf sieht. Er bereitet deshalb eine Studie vor, die weiteren Aufschluss geben soll über das Zusammenwirken von MDMA, der psychoaktiven Substanz des Ecstasy, und Cannabis.

Die Organisatoren warnen jeweils vor dem Konsum illegaler Drogen und raten dazu, genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Doch damit ist es nicht getan. Umso weniger, als die Veranstalter erstmals selber Bier ausschenken.

Die Schweizerische Fachstelle für Alkohol und andere Drogenprobleme (SFA) reagierte darauf mit harscher Kritik. Denn Alkohol sei nach wie vor die am weitesten verbreitete Partydroge.

Wieder Gratis-Pillentest

Präsent an der Parade ist wiederum das Projekt SaferParty. Ziel der Fachleute vom Zürcher Sozialdepartement ist es, die Partygängerinnen und –gänger auf die Risiken des Drogenkonsums aufmerksam zu machen.

Als weitere Dienstleistung testen die Mitarbeiter von SaferParty gratis Pillen. So können sich Raver ein genaueres Bild über Zusammensetzung und Wirkung der Substanzen verschaffen. Die politische Rechte kritisierte diese Tests durch die Stadtbehörde scharf. Damit würden die Bemühungen der Prävention zunichte gemacht.

swissinfo und Agenturen

Die Organisatoren der Zürcher Street Parade rechnen mit 600’000 bis 900’000 Teilnehmern.
33 Lovemobiles beschallen die Umzugs-Teilnehmer mit Techno-Musik.
Neben den Schweizer Trucks und sieben deutschen Wagen sind auch Teams aus Portugal, Belgien, Holland, Italien und sogar Russland dabei.
Die Street Parade wurde für den Raum Zürich zum bedeutenden Wirtschaftsfaktor mit einem geschätzten Umsatz von mehr als 150 Mio Franken.

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